Die großen Hürden der G 20, 7.7.2017

Die G 20 traten 2008 erstmals zusammen, weil die Finanzkrise ohne die Schwellenländer China, Indien und Brasilien nicht in den Griff zu bekommen war. Vom drohenden Bankenkrach fühlten sich die Industriestaaten überfordert. Gordon Brown, der Laborpremier, hatte durch die Notverstaatlichung der Pleitebank Northern Rock panische Menschenschlangen vor Bankschaltern gerade noch verhindert. Der Brite überzeugte Europäer, Amerikaner und die neuen Player aus der Dritten Welt, dass es katastrophale Folgen hätte, wenn alle versuchen würden von der Bredouille der Konkurrenten zu profitieren. Das Finanzsystem überlebte, in Europa dank des Rettungsschirms für Griechenland, Irland und Portugal.

2016 war das letzte Jahr der alten Welt, in der die Regierungen versuchten an einem labilen Gleichgewicht der Kräfte festzuhalten. Chinas Präsident Xi Jinping war erstmals Gastgeber der G 20. Die Führungsrolle Amerikas war noch intakt. Barack Obama gab den Ton an in der Weltpolitik. Ein Kompromiss zwischen China und Amerika garantierte das Inkrafttreten des Klimaabkommens von Paris. Der Kampf gegen Erderwärmung hatte Symbolcharakter: obwohl die Schwellenländer großen Aufholbedarf haben, war es gelungen die globale Wirtschaft in Richtung Klimaschutz zu lenken.

2017 ist von diesen Bemühungen nur mehr wenig übrig. Vor dem diesjährigen Treffen in Hamburg rüsten die Teilnehmer zu einem offenen Kräftemessen. Mit Donald Trump haben die USA ihre Führungsrolle aufgegeben. Amerika kämpft fortan nur mehr für seine unmittelbaren Interessen und nicht mehr für die Aufrechterhaltung eines Systems von gegenseitigen Rücksichtsnahmen auf die Kerninteressen der Großmächte. Die Aufkündigung des Klimavertrages durch Trump war das Signal für die neue Zeit. Beim Hamburger Treffen werden mehr Gegensätze als Gemeinsamkeiten im Zentrum stehen.

Angela Merkel hat als Vorsitzende vorgebaut. Schon in der Vorbereitung ging sie in die Offensive und versprach eine offene Auseinandersetzung über die Themen Klima und Freihandel. In beiden Punkten ist der amerikanische Präsident der Reibebaum. Die weitverbreitete Hoffnung, dass ein baldiges Impeachment dem Alptraum Trump ein Ende bereiten könnte, ist geschwunden. Der überraschende Wahlsieg einer republikanischen Kandidatin für den Senat im Bundesstaat Georgia hat gezeigt, dass Trumps Wählerbasis hält. Die Republikaner werden ihren Präsidenten nicht so rasch aufgeben, Ein unflätiger Tweet, mit dem Trump die Fernsehjournalistin Mika Brzezinski beschimpft, nährt zwar Zweifel an der psychischen Verfassung des Präsidenten. Politisch sitzt er jedoch fest im Sattel.

Das wichtigste Medienevent in Hamburg wird der Händedruck zwischen Trump und Putin sein. Nach Überzeugung der US-Geheimdienste haben Putins Hacker aktive Wahlhilfe für den Republikaner geleistet. Möglicherweise kann der russische Präsident Trump sogar erpressen, wenn seine Dienste belastendes Material gesammelt haben. Von Prostituiertenbesuchen in der Luxussuite des Ritz-Carlton in Moskau bis zu Krediten an Trumps Firmenimperium ist die Rede. Die dunkle Wolke der Russlandkontakte über der Trump-Administration ist so dicht, dass der Präsident kaum Spielraum hat, den dringend nötigen Dialog mit Putin zu führen.

Gleichzeitig ist der Gesprächsfaden mit Chinas Präsident Xi Jinping, der auf Trumps Golfplatz Mar a Lago in Florida geknüpft wurde, gefährdet. China sieht amerikanische Waffenverkäufe an Taiwan als Affront. Die USA verhängen wegen Nordkoreageschäften Sanktionen gegen eine chinesische Bank. Dabei hat sich Kim Jong Un, wohl auch auf chinesischen Druck, in den letzten Monaten zurückgehalten. Ein vielfach erwarteter sechster Atomtest ist ausgeblieben. Die von den USA verlangte atomare Entwaffnung Nordkoreas wird von Peking als unrealistisch angesehen. Trump ist enttäuscht, weil China mit seiner vorsichtigen Nordkoreapolitik eigene Interessen vertritt. Ein Rückfall in die antichinesische Rhetorik des republikanischen Wahlkampfes droht.

Frankreichs Emmanuel Macron hofft immerhin, dass es in Hamburg eine Chance zur Verständigung mit Putin über Syrien geben wird. Allerdings müssten die Europäer Russland als Schutzmacht Assads akzeptieren und auch Trump müsste mit an Bord sein. Schwer, aber nicht völlig ausgeschlossen.  Großbritannien, das bei der Gründung der G 20 federführend war, wird bei den europäischen Bemühungen keine Rolle mehr spielen. Mit Brexit sind die Briten unter Theresa May selbst ein Unsicherheitsfaktor geworden. Angela Merkel wird sich schwer tun, an der Normalität früherer Gipfel anzuknüpfen.

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