AMERIKA NACH DEM WAHLSCHOCK, FALTER MAILY 6.11.2024

  Die amerikanische Wahlnacht zog sich diesmal nicht in die Länge. Im Laufe der Morgenstunden war klar, dass  Donald Trump gewonnen hat. Das Resultat ist für viele Amerikanerinnen und Amerikaner ein  Schock. Ich saß die Nacht  bei Freunden in Washington und wechselte zwischen dem linken Sender MSNBC und den großen TV-Networks ABC und CBS und dem rechtsrechten Sender Fox News. Meine Gastgeber schickten mich in ein Nebenzimmer, damit ich mit Fox News  niemandem auf den Nerven  gehe. Die Stimmung im rechten Fernsehstudio wurde im Laufe der Nacht immer  aufgeräumter, schließlich feierte Donald Trump seinen Triumph.

 Donald Trump ist ein bemerkenswertes Comeback gelungen. Kein Präsident ist in den USA nach zwei Amtshaftungsklagen abgewählt worden, um dann vier Jahre später trotz Gerichtsverfahren und Verurteilungen wiederzukommen. Auch wenn Trump ein ganz normaler Konservativer wäre, ist das eine ziemliche Sensation. Aber der Ex-Präsident hat 2020 versucht durch einen gewaltsamen Putsch seine Abwahl zu verhindern. Den gescheiterten  Sturm auf das Kapitol pries Trump im Wahlkampf  als patriotische Party.

 Der Ex-Präsident hat sich politisch radikalisiert. Seine faschistoiden Ansagen zur geplanten Deportation von Millionen Migranten und der Inhaftierung von Gegnern haben ihm nicht geschadet. Seinen  Wählern sind die aggressiven Ankündigungen egal oder sie unterstützen sie sogar. Die republikanische Partei hat Trump anders als vor acht Jahren vollständig unter Kontrolle. Von Popstars bis zu Generälen und ehemaligen Geheimdienstleute hat sich das liberale amerikanische Establishment  mit aller Kraft gegen Trump gestemmt. Vergeblich. Ein rechtsrechter  Rebell Trump ist auf dem Weg zurück ins Weiße Haus.

Wie Trump II aussehen wird ist die große Frage, die an diesem Tag in den US-Medien diskutiert wird. Der Republikaner wird viel über mehr Macht verfügen  als in seiner ersten Amtszeit. Er hat den Senat auf seiner Seite und er wird von einer ultrakonservativen Mehrheit im Supreme Court geschützt. Möglicherweise bleibt das Repräsentantenhaus republikanisch.   Zu Widerstand gegen fragwürdige zukünftige Entscheidungen der Administration werden die Demokraten nicht die Kraft haben. Es wird davon abhängen ob es ihnen gelingt Bündnispartner unter den Republikanern zu finden, was nicht leicht sein wird.

Im linksliberalen Amerika macht sich depressive Stimmung breit. Die Diskussion setzt ein,  was alles falsch gelaufen ist bei diesem Abwehrkampf.  Kamala Harris hatte durch den viel zu späten Rückzug Bidens von Anfang an ein Handicap. Aber dafür hatte sie um vieles mehr Finanzmittel zur Verfügung als ihr Konkurrent.

Wichtiger ist die Verschiebung nach rechts bei männlichen Wählern, die auch durch den Anstieg der Stimmen für Harris bei weiblichen Wählern nicht wett gemacht werden konnte. Den Trend gibt es nicht nur bei Weißen, sondern auch bei Latinos und in kleinerem Ausmaß bei Afroamerikanern. Gender Gap ist zum Erklärungsmodell für den anschwellenden Trumpismus geworden.

Die Abwehr des rechtsrechten Ansturms weltweit ist schwieriger geworden,

fürchtet aus Washington DC Ihr

Raimund Löw

 Nach dem  Wahltag in Amerika ist vor dem Ergebnis. Donald Trump hat sich zwar bereits zum Sieger erklärt, aber das war vor vier Jahren genauso. Die Zählung ist auch Mittwoch in den Morgenstunden amerikanischer Zeit in mehreren Bundesstaaten Pennsylvania/Georgia noch nicht so weit fortgeschritten, dass die TV-Networks klare Voraussagen treffen können.

Das einzige was uns stoppen kann, ist Betrug, behauptete Trump auf seinen letzten Wahlveranstaltungen. Er sagt mit so viel Überzeugung einen Erdrutschsieg voraus, dass jedes andere Ergebnis ein Schock für  seine Anhänger wäre. Auch Kamala Harris hat natürlich gesagt, dass sie glaubt zu gewinnen. Aber die Demokraten waren vorsichtig. Die Message vom Kopf an Kopf Rennen sollte die letzten Wähler zu den Urnen treiben. Bei ihren Abschlussveranstaltungen hat Harris nicht mehr wie die Wochen zuvor die Abwehr von Trump ins Zentrum gestellt.  Aber insgesamt wirkte sie in der Defensive mit einem durchschnittlich aufregenden Programm von Reform und Bewahrung.

 Donald Trump hat sich schon zum Sieger erklärt, so wie 2020, als er in Wirklichkeit die Wahl verloren hatte. Damit verlegt sich die Auseinandersetzung  in die Wahlbehörden der Bundesstaaten. 2020 hielt der zuständige Secretary of State des Bundesstaates Georgia dem Drängen Trumps bekanntlich stand, ihm 11780 Stimmen zu finden. Brad Raffensbeger hat als Republikaner seinen republikanischen Präsidenten höflich aber klar zum Teufel geschickt. Druck kann Trump jetzt auf der Straße aufbauen und auf juristischem Weg über Eingaben vor Gericht. Seine Chancen sind jedoch geringer als 2020. Der Auszählungsprozess wird etwas dauern, aber es wird schwer sein,  das Resultat infrage zu stellen.

Geschäftsleute rund um das Weiße Haus haben ihre Auslagen mit Brettern verschlagen. Rund um das Weiße Haus und das Kapitol stehen Zäune des Secret Service. Die Orgie der Gewalt beim Sturm auf das Kapitol vom 6.Jänner 2021, als rechtsextreme Trump Fans das Wahlergebnis umdrehen wollten, ist nicht vergessen. Die Behörden geben sich diesmal besonders vorsichtig. 2021 waren sie überrumpelt.

 Interessant war es in der vergangenen Tagen die verschiedenen amerikanischen TV-Sender zu beobachten. Wenn man  News auf unterschiedlichen Kanälen konsumierte hatte man den Eindruck auf zwei unterschiedlichen Planeten zu sein. MSNBC ist der linke Anti-Trump-Sender.  Stundenlang wurden die Ausfälle Trumps gegen seine republikanische Kritikerin Liz Cheney diskutiert. Liz Cheney ist die Tochter des früheren republikanischen Vizepräsidenten und Architekt des Irakkrieges Dick Cheney. Trump hat sich als Kriegstreiberin beschimpft und ihr gewünscht, dass sie in die Mündungen von Gewehren schauen muss. Ein anderes Mal reibt Trump ein Mikrophon und gibt eigenartige Geräusche von sich, von den Zusehern kommt Gejohle, sie denken an einen Blow Job.  Auf CNN diskutiert eine Runde, in der Republikaner und Demokraten Platz genommen haben. Ob man sich angesichts solcher Szenen nicht fragen sollte,  ob der Mann überhaupt Präsident werden will, ist eine der debattierten Fragen. Dagegen bringt Fox News den feierlichen Aufruf eines rechten Publizisten im Trump-Werbestil, dass endlich Schluss gemacht werden muss mit der Invasion durch illegale Migranten und der Aushöhlung Amerikas. Amerika gehört nur den Amerikaner, hatte ein Redner auf Trumps  Wahlveranstaltung im Madison Square Garden in New York gerufen. Die angebliche Verbrechensorgie von Migranten, die die rechten Medien beherrscht, kommt in den TV-Networks   nicht vor. Auf MSNBC wird sie unter Trumps Lügen eingereiht. Für Fox News sind Trumps Ausfälle Petitessen.