Die Verhandlungen zwischen Trumps Abgesandten Steve Wittkoff, einem New Yorker Immobilieninvestor, und dem iranischen Außenminister Abbas Araghtschi im Oman sind eine der wenigen positiven Entwicklungen in der Weltpolitik. Donald weiterlesen...

Journalist und Historiker
Alles, was den Mitteleuropäern an Afrika fremd und exotisch ist, findet sich in der Demokratischen Republik Kongo: die riesigen Dimensionen, das lebendige Chaos, die vielen hundert Völker und die großen Mengen an Rohstoffen, deren Spuren bis in unsere Handys reichen. Der britische Schriftsteller Joseph Conrad hat mit seinem Roman „Heart of Darkness“ zu Beginn des 20.Jahrhundert die erbarmungslose Grausamkeit des Kolonialismus entlang des Kongo-Flusses dargelegt. 2025 brennt im Osten des Riesenstaates im Zentrum des Kontinents und von Europa kaum bemerkt ein Krieg, den eine Expertin als den Weltkrieg Afrikas bezeichnet.
Rebellen haben die Millionenstadt Goma in der Provinz Nord Kivu am östlichen Eck des Landes erobert. Eine weitere Provinzhauptstadt scheint gefallen zu sein. Die Milizionäre sagen, sie wollen bis nach Kinshasa marschieren, die 1600 Kilometer entfernte Hauptstadt, in der Präsident Felix Tshisekedi regiert. Militärisch unterstützt wird die unter dem Namen M 23 bekannte Miliz vom Nachbarstaat Ruanda. Ruanda grenzt direkt an die Stadt Goma und lässt tausende Soldaten an der Seite der M23-Rebellen kämpfen. Die mit Ruanda verfeindeten Nachbarn Uganda, Burundi und sogar Südafrika sind involviert. Spektakuläre Bilder zeigten hunderte Söldner aus Rumänien bei der Kapitulation.
Ruanda ist auf der Afrika Karte ein winziger Fleck. Die Republik Kongo ist 90 mal größer. Aber der Kleinstaat verfügt über die schlagkräftigsten Streitkräfte Ostafrikas. Präsident Paul Kagame exportiert militärisches Know How. Er regiert mit eiserner Hand und hat sein Land zu einem Modell wirtschaftlichen Erfolgs gemacht.
Die Eliten Ruandas mit Paul Kagame an der Spitze sind die Nachkommen der Überlebenden eines verheerenden Völkermords. 1994 sind 800 000 Menschen innerhalb weniger Wochen grausam getötet worden. Zumeist waren die Opfer Angehörige der Volksgruppe der Tutsis, die heute Ruanda regieren. Die Täter waren Extremisten aus dem Mehrheitsvolk der Hutus.
Kagames Tutsi-Soldaten hatten das Regime der Völkermörder vor 30 Jahren besiegt. Überreste der rassistischen Hutu-Organisationen zogen sich über die Grenze in den Kongo zurück und sannen auf Rache. Es gab wiederholt Militäraktionen der ruandesischen Streitkräfte gegen Hutu-Milizen auf kongolesischem Staatsgebiet. Was jetzt passiert geht weit über die Scharmützel vergangener Jahre heraus, sagen die Vereinten Nationen.
Die UNO ist mit Blauhelmen in Goma vertreten. Die Führung Ruandas versucht mit Hilfe der M23-Rebellen dauerhaft die Kontrolle über mehrere östliche Provinzen der Demokratischen Republik zu erlangen. Die in Kigali, der Hauptstadt Ruandas, vorgetragene Behauptung, dass es um Selbstschutz gegen extremistische Hutu-Revanchisten gehe, sei falsch, heißt es aus den Nachbarstaaten. Die Retter vor dem Völkermord 1994 seien zu den Aggressoren von heute geworden.
Das entscheidende Motiv für den Expansionsdrang sind die reichen Rohstoffvorkommen in den benachbarten kongolesischen Provinzen. In den Minen wird Gold geschürft und vor allem Coltan. Coltan ist ein seltenes Metall, das für Batterien in Handys und Elektroautos benötigt wird. International hat man registriert, dass Ruanda seine Rohstoffexporte verdoppelt hat. Der Verdacht liegt nahe, dass die Exportgüter in Wirklichkeit aus dem Nachbarland kommen.
Die Provinzhauptstadt Goma, die jetzt an die M23-Rebellen gefallen ist, war schon vor 10 Jahren in der Hand Ruandas. Sanktionen aus Europa, den USA und Afrika bewegten Paul Kagame zum Rückzug. Die Meinung, dass willkürliche Grenzverschiebungen verhindert werden müssen, damit es keinen Flächenbrand gibt, setzte sich durch. In Goma zogen afrikanische UNO-Blauhelme ein.
Die Prioritäten in der Weltpolitik haben sich seither verschoben. Staatsgrenzen werden von Regierungen, die sich militärisch überlegen fühlen, immer häufiger ignoriert. Der Einsatz des Militärmacht Ruandas zum eigenen wirtschaftlichen Vorteil, wirkt nicht mehr so anstößig wie früher.
Dazu kommt: das kleine Ruanda funktioniert. Europäer und Amerikaner haben das Gefühl, dass die reichlich fließenden Subventionen effizient eingesetzt werden. Dänemark und Großbritannien schlossen mit der Regierung Abkommen, die Asylverfahren in das zentralafrikanische Land verlegt hätten. Die Regierung in Kigali erhielt hunderte Millionen Euro, bis Gerichte die absurden Projekten stoppten.
Während des Völkermords vor 30 Jahren zogen Europäer und Amerikaner die Köpfe ein. Die Befreiungsarmee der Tutsis kämpfte alleine bis zum Sieg. 30 Jahre später scheint der Westen ganz auf Kagames Regime zu setzen. Mit der Gefahr einer großen Destabilisierung, wenn ein Kriegsherr Grenzen ignoriert, muss jetzt vor allem die Afrikanische Union umgehen, die nicht den Ruf einer schlagkräftigen Organisation hat.
ZUSATZINFORMATIONEN
Völkermord in Ruanda 1994
Innerhalb weniger Monate wurden von Nationalgarde, Polizei und Zivilisten 800 000 bis 1 Millionen Menschen ermordet, darunter die Mehrheit der Volksgruppe der Tutsis. Der Spielfilm „Hotel Ruanda“ hat die Tragödie für die Weltöffentlichkeit bekannt gemacht. Die Ruandische Patriotische Front RPF unter Paul Kagame besiegte die Mörderregierung. Seit 2000 ist Kagame Staatspräsident Ruandas.