Südkoreas Präsidentin im Wirbelwind eines Skandals, MiJ, 31.10.2016

In Südkorea steckt die Präsidentin in der tiefsten Krise ihrer Amtszeit.  Tausende haben am Wochenende in der Hauptstadt Seoul für ihren Rücktritt demonstriert. Eine undurchsichtige Beziehung zur Tochter eines Sektenführers und Korruptionsvorwürfe haben bereits zum Rücktritt des Stabschefs im Präsidentenamt und mehreren Chefsekretären der Präsidentin geführt. Die Freundin, durch die der Skandal ins Rollen gekommen ist, ist heute aus Deutschland nach Korea zurückgekehrt und wird von der Staatsanwaltschaft verhört.

Südkoreas Präsidenten Park Geun-hye  hat schon viele Skandale durchgestanden.   Sie gilt als abgehoben vom  Volk. Im Stadtzentrum von Seoul gibt es seit Monaten jeden Tag Proteste. Aber die Affaire um eine langjährige Freundin, die ohne offizielle Funktion viel Einfluss auf die Staatsgeschäfte hatte  bedroht ernsthaft ihre Position.  Reden und vertrauliche Dokumente sind im amtsfremden Computer der Freundin gefunden worden.  Die Opposition spricht verbotene Einmischung in die Staatsgeschäfte. Es gab Hausdurchsuchungen im Blauen Haus, dem Präsidentensitz in Seoul.

Seit Wochen trommeln die  südkoreanischen Medien  wilde Gerüchte  über den riesigen Einfluss der geheimnisvollen Choi Soon-sil auf die Präsidentin.  Eine Art weiblicher Rasputin soll sie sein, die angeblich über alles entscheidet in der Führungsspitze  des Landes. Massive Korruption sei im Spiel, weil große Konglomerate  vom Büro der Präsidentin aus gedrängt wurden, Millionenbeträge in die Stiftungen besagter Dame  zu überweisen.  Der geschäftstüchtigen Choi Soon-sil werden Briefkastenfirmen, teure Pferde und  Anwesen in Deutschland  nachgesagt.

Was wirklich stimmt  und ob Gesetze verletzt wurden, ist unklar.

Der Wirbelsturm der Vermutungen hat in der Vergangenheit Südkoreas seine Wurzeln. Die Präsidentin ist die Tochter des früheren südkoreanischen  Diktators Park Chung-hee, der seinerseits einem mysteriösen Sektenführer blind vertraute.

Dieser inzwischen verstorbene Guru, der einmal als Buddhist, dann  als Christ auftrat, ist der Vater der umstrittenen Vertrauten  der Präsidentin. Als Mädchen und junge Frau soll die Präsidentin total unter der Kontrolle des Sektenführers gestanden sein, behaupten die Zeitungen.  Beide Eltern der Präsidentin wurden ermordet. Der Vater vom eigenen Geheimdienstchef.  Die  Tragödie  habe die mentale Abhängigkeit vom Sektgründer und dessen Tochter verstärkt.

Scharfe innere Gegensätze prägen Südkorea, seit sich das Land von einer armen Diktatur zur wohlhabenden Demokratie entwickelt hat.  In Teilen des Volkes brodelt ein tiefer Hass auf die reichen Eliten und  die Korruption der Tschebols, wie die Wirtschaftskonglomerate genannt werden.  Zu dem explosiven Gemisch kommt die permanente Anspannung auf Grund der Konfrontation mit Nordkorea.

Die geheimnisvolle Mentorin der Präsidentin soll es gewesen sein, die  die Regierung dazu gedrängt hat die Beziehungen zum unberechenbaren Kim Jong Un im Norden abzubrechen und eine gemeinsam betriebene Wirtschaftszone zu schließen.

Was stimmt an den Vorwürfen in der aufgeheizten Stimmung  schwer auszumachen. Die Präsidentin hat sich in aller Form entschuldigt, aber der Sturm, den die enge Beziehung zu ihrer  Mentorin ausgelöst hat, hat sich nicht beruhigt.  Einen Rücktritt im letzten Amtsjahr der Präsidenten wäre beispiellos für Südkorea. Wahrscheinlicher ist eine umfassende Regierungsumbildung. Die Freundin  der Präsidentin wird sich wohl vor Gericht zu verantworten haben.