Warum der Trump-Prozess gut für Amerika ist, 4.4.2023

Die Anklage gegen Donald Trump ist das größte mediale und politische Gerichtsspektakel Amerikas seit Jahrzehnten. In den 1990-er Jahren hatte der Mordprozess gegen Footballstar O.J.Simpson die Öffentlichkeit in Atem gehalten. Das ganze Land verfolgte via TV Zeugenaussagen und Verhöre.  Das Strafverfahren gegen den Ex-Präsidenten, der 2023 von Neuem kandidieren will,  wird O.J. in den Schatten stellen. Was im Bezirksgericht von Manhattan passiert oder nicht passiert, hat tiefgreifenden Auswirkungen auf die politische Verfassung der USA.

  Amerikanische Präsidenten sind Könige in republikanischem Gewand. Nie zuvor musste ein ehemaliger Präsident vor Gericht. Alvin Bragg, der District Attorney von Manhattan, hat die ungeschriebene Immunität durchbrochen. Die Grand Jury, das aus Laien bestehende zuständige Gremium, ist ihm gefolgt.

  Bezirksstaatsanwalt Alvin Bragg wirft dem Ex-Präsidenten eine Schweigegeldzahlung an den ehemaligen Pornostar Stormy Daniels zur Vertuschung einer Affäre vor. Die 130 000 Dollar seien verbotenerweise unter Wahlkampfkosten verbucht wurden. Zweck der Zahlung war die Beeinflussung der Präsidentschaftswahl 2016. Hätten sich ein paar tausend religiöse Wähler vom angeblichen Frauenheld Trump abgewandt, wäre vielleicht Hillary Clinton 45.Präsidentin geworden. Jetzt übernimmt Richter Juan Merchan, die mit der Trump Corporation bereits Erfahrungen hat.

  Bei den vielen Ungeheuerlichkeiten, die in Trumps Präsidentschaft passiert sind, wirkt der Vorwurf des Schweigegeldes lächerlich. Es gibt  erhebliche Zweifel, ob das Verfahren sinnvoll ist. Ist ein Bezirksgericht der richtige Rahmen, mit einem ehemaligen Präsidenten abzurechnen?

  Die meisten US-Politologen verteidigen die Scheu vor Gerichtsverfahren gegen Ex-Präsidenten. Machtwechsel an der Staatsspitze sollen ohne Racheaktionen eifriger Staatsanwälte gegen Politpensionisten möglich sein soll, so lautet das Argument. Allerdings steht in Frankreich Nicolas Sarkozy vor Gericht und Israels Ex-Premier Ehud Olmert musste ins Gefängnis. Trump und seine Make America Great Again – Fans bekämpfen die liberale Demokratie. Wenn der Rechtsstaat überleben will, muss er sich mit allen Mitteln zur Wehr setzen.

 Vor dem Bezirksgericht von Manhattan geht es um das zentrale Prinzip, dass niemand über den Gesetz steht.  Es muss gerade auch  für Donald Trump gelten, der es zu seinem politischen Credo macht, dass er sich nicht an Regeln hält.  Fünf Jahre lang wurde in Manhattan gegen Trump ermittelt. Trumps ehemaliger Anwalt Michael Cohen hat im Auftrag des Kandidaten persönlich die Schweigegelder an Pornostar Stormy Daniels  und das Modell Karen McDougal ausgezahlt. Cohen saß im Gefängnis und ist jetzt Kronzeuge gegen seinen früheren Auftraggeber. Bezirksstaatsanwalt Alvin Bragg hat den historischen Schritt zur Anklage zu recht gesetzt.

  Über scheinbare juristische Nebenschauplätze sind in den USA wiederholt große Verbrecher zur Verantwortung gezogen worden. Mafiaboss Al Capone kam in den 1930-erJahren wegen  Steuerhinterziehung hinter Gitter. Gegen Donald Trump werden mehrere Verfahren wegen Verbrechen angestrengt, die schwerer wiegen als die Vertuschung von Sexaffären. In Georgia untersucht die Staatsanwaltschaft, ob es versuchte Wahlfälschung war, dass er als Präsident vom zuständigen Secretary of State verlangte, er soll 11779 Stimmen finden, damit der Bundesstaat auf die republikanische Seite kippt. In Washington DC wird wegen Trumps Beteiligung am Sturm auf das Kapital vom 6.Jänner 2021 ermittelt. Der Prozess in Manhattan beseitigt die Hürden für juristische Abrechnung mit der gesetzwidrigsten Präsidentschaft, die die USA je erlebt haben.

 The People of Manhattan versus Donald J.Trump radikalisiert die Republikaner und polarisiert das Land. Als Kandidat für die Präsidentschaftswahlen 2024 verbreitet Trump  Endzeitstimmung. Eine Wahlveranstaltung hat er bewusst nach Waco in Texas verlegt, wo Sektenführer David Koresh einst mit 80 Anhängern bei einer Konfrontation mit der Bundespolizei verbrannte. Vor einem Aufruf zu „Death&Destruction“ in den Sozialen Medien schreckt er nicht zurück. In New York bereiten sich die Behörden auf Chaos vor.

Auf das Recht Trumps 2024 erneut für das Weiße Haus zu kandidieren hat das Gericht keine Auswirkung. Die laufende Solidarisierung des rechten Lagers  können ihm bei den Vorwahlen helfen, bei denen es primär um die Mobilisierung von  Aktivisten geht. Die Mehrheit der US-Bürger lehnen rechte Umstürzler ab. Bei den Kongresswahlen 2022 profitierten Bidens Demokraten von dem gegen den  Trumpismus gerichteten Reflex. Bringen Gerichte den Beweis, dass Gesetze für alle Bürger gelten, auch für den selbstherrliche Guru der Rechten, dann wird die Widerstandskraft der amerikanischen Demokratie gestärkt.

ZUSATZINFOS

Ermittlungen gegen Trump

Staatsanwältin Fani Willis untersucht in Georgia Trumps Versuch das Wahlergebnis pro Biden umzudrehen.

Im US-Justizministerium ermittelt Sonderstaatsanwalt Jack Smith wie 300 Geheimdokumente in Trumps Privathaus kamen und ob er am 6.1.2021 durch den Sturm auf das Kapitol den friedlichen Machtwechsel verhindern wollte.

Dazu kommen zivilrechtliche Verfahren wegen möglicher Bilanzfälschungen seiner Immobilienfirma. Die Schriftstellerin Jean Carroll beschuldigt ihn der Vergewaltigung.    

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