Freund Eugen (ORF)
Führen wir da eine Pseudo-Debatte, oder will uns Brüssel tatsächlich das
Wasser abgraben, oder – genauer – privatisieren? Raimund Löw in Brüssel,
was ist denn da dran?
Löw Raimund (ORF)
Der Ausgangspunkt ist ganz klar nicht die Wasserversorgung. Der
Ausgangspunkt ist ein Vorschlag der Europäischen Kommission, der hat 98
Seiten über die Konzessionsvergabe durch Städten, Städte und Gemeinden,
wenn also Städte und Gemeinden bestimmte Tätigkeiten auslagern für eine
bestimmte Zeit. Was auch etwas anderes ist als Privatisierung. Wenn ein
Betrieb privatisiert wird, ist er weg, Konzessionen können nach ein paar
Jahren erneuert werden oder nicht erneuert werden. In der Wasserversorgung
gibt es in Europa eine riesige Vielfalt. Die Hälfte der 500 Millionen
EU-Bürger bekommen ihr Wasser, wenn sie den Wasserhahn aufdrehen, genauso
wie in Österreich, von den städtischen Wasserwerten, Werken, oder den
Wasserwerken der Kommune. Die andere Hälfte bezieht ihre Wasserversorgung
durch private oder halbprivate Unternehmen. Das ist eine Vielfalt, an der
soll grundsätzlich nichts geändert werden. Die Trends sind unterschiedlich,
die Erfahrungen sind unterschiedlich, die Begeisterung für die
Privatisierung, die es zum Beispiel in Großbritannien in den 80er Jahren
gegeben hat, die ist sicherlich verflogen. Das Ziel der Kommission ist,
gemeinsame Regeln für alle aufzustellen, aber nicht eine gemeinsame
Wasserversorgung für ganz Europa festzulegen.
Freund Eugen (ORF)
Und wenn jetzt Österreich das Wasser durch ein Verfassungsgesetz schützen
will, geht das überhaupt gegenüber Brüssel?
Löw Raimund (ORF)
Wenn die Diskussion so läuft, dann besteht immer die Gefahr, dass es ein
bisschen irrational wird. Es gibt in Brüssel keine Verschwörung gegen das
österreichische Wasser, es wird auch gegen Verfassungsänderungen in
demokratischen Verfassungen niemand etwas einwenden. Wir haben es gehört,
ein solches Gesetz, das Privatisierung von Wasser ausschließt, gibt es
längst in den Niederlanden, das beunruhigt in Brüssel niemand, und die
ganze Diskussion läuft in den Niederlanden auch viel sachlicher als in
Österreich.