Folgen des desaströsen TV-Duells Trump-Biden, Notizen

Der amerikanische Präsidentenwahlkampf wird immer turbulenter. Ein vorläufiger Höhepunkt war das TV-Duell von Donald Trump gegen seinen demokratischen Herausforderer Joe Biden. Es hagelte an Beschimpfungen, Trump hat sein Gegenüber ständig unterbrochen. Zuvor hatte die New York Times enthüllt, dass der Multimillionäre Trump in den letzten Jahren nur 750 Dollar Steuern bezahlt hat.
Wie groß ist die Bedeutung dieses chaotischen Fernsehduells für die Präsidentschaftswahlen in vier Wochen?
Amerika zelebriert diese Fernsehkonfrontationen. Und es schauen immer sehr, sehr viele Menschen zu. Vorgestern waren es mehr als 70 Millionen, die das Duell verfolgt haben. Mehr als alle anderen Wahlkampfevents zuvor.
Wie wahlentscheidend die TV-Konfrontationen wirklich sind, ist nicht ganz klar. Vor vier Jahren hat Hillary Clinton die Debatten mit Trump alle gewonnen, und dann die Wahlen doch verloren. Es heißt oft, dass John F.Kennedy nur Präsident geworden ist, weil Richard Nixon auffällig ins Schwitzen gekommen ist, bei der TV-Diskussion.
Bei der Debatte Trump gegen Biden war es Trump, der sich erhaltensauffällig benommen hat, weil er sich an keine Regeln gehalten hat und Biden dauernd unterbrochen hat. Die amerikanischen Kommentatoren können noch immer nicht fassen, wie chaotisch diese Konfrontation war, vor allem durch das Verhalten Trumps.
In den Meinungsumfragen liegt Joe Biden kontinuierlich vorne. Eine neue Dynamik des Wahlkampfes, die Trump nützt kann man sich nach diesem Auftritt schwer vorstellen.
Harte Bandagen sind in der amerikanischen Innenpolitik nicht ungewöhnlich. Was ist den so außergewöhnlich chaotisch am Trump-Biden-Duell gewesen, wenn man sich die ganzen 90 Minuten ansieht?
Donald Trump hat es offenbar darauf abgesehen gehabt mit seinem aggressiven Auftreten, dass Joe Biden die Nerven verliert. Er hat mit Unterstellungen und Beschimpfungen operiert, die es wirklich in der Form bei einer ähnlichen Diskussion noch nie gegeben hat. Klar, auch Biden hat sich bei den Verbalinjurien nicht lumpen lassen, er hat Trump Clown, Lügner und Rassist genannt. Aber wenn er diese Kanonade der Beschimpfungen von Trump über sich ergehen lassen hätte, hätten wahrscheinlich alle gesagt, er ist ein Schwächling. Auf jeden Fall hat Biden die Nerven bewahrt in diesen 90 Minuten.
In Amerika ist ja Tradition, dass der Präsident betont, dass er für alle da ist, nicht nur seine Anhänger, und auch alle Bürger respektieren die Person an der Spitze, des Amtes wegen. Dieser Mechanismus ist mit Trump nicht mehr da.
Wenige Tage vor der TV-Konfrontation hat die New York Times die Steuerakte von Trump veröffentlicht, die der ja bisher immer unter Verschluss gehalten hat. Danach hat der angebliche Multimillionär in den letzten Jahren nur 750 Dollar Bundessteuer gezahlt. Wie kommt denn das an und wie erklärt Trump seine winzige Steuerzahlung?
Trump erklärt das gar nicht, er behauptet einfach, das ist falsch, das sind Fake News, er zahle Millionen Steuer. Dafür gibt es keine Beweise und allgemein werden diese 750 Dollar Steuer schon als richtige Zahl gehandelt, was ziemlich unglaublich ist, weil die Durchschnittsbürger, die viel weniger Geld verfügen als der Präsident, jedes Jahr zehntausende Dollar Steuern zahlen.
Der Vorwurf ist nicht, dass Trump etwas verbotenes getan hätte, er hat offenbar nur die zahlreichen Steuerschlupflöcher des amerikanischen Gesetze genützt. Und er sagt das auch. Bevor ich Präsident geworden bin, war ich Geschäftsmann, kein Geschäftsmann will Steuern zahlen, da habe ich alle Möglichkeiten ausgenützt meine Steuerlast zu minimieren.
Steuern sind in den USA , noch unpopulärer als bei uns, das hängt mit der ganzen kapitalistischen Wirtschaftsideologie zusammen, in der der Staat primär als Belastung gesehen wird. Es ist durchaus möglich, dass viele Wähler Trump seine Steuervermeidung eher verzeihen als anderes. Umfragen zeigen ja, dass die Wirtschaftspolitik von den Wählern als seine Stärke angesehen wird.
Wie erfolgreich er als Geschäftsmann wirklich war, ist auch nicht klar. Denn der Mann hat hunderte Millionen Schulden, einige werden sehr bald fällig und niemand weiß, wie Trump diese Geschäftsschulden zahlen wird können.
Ein weiteres großes Thema in den USA ist die bevorstehende Neubesetzung des Höchstgerichts. Die liberale Höchstrichterin Ruth Bader Ginsburg ist gestorben, Trump will sie durch eine ultrakonservative Richterin ersetzen. Kann er das noch tun, obwohl ja seine Amtszeit abläuft?
Das kann er und es wird wahrscheinlich auch passieren. Die Entscheidung trifft der Senat, dort haben die Republikaner die Mehrheit. Und wenn es nicht mehr abtrünnige Republikaner gibt, als man bisher annimmt, wird die konservative Richterin in den Supreme Court gewählt werden, egal ob vor oder nach dem 3.November.
Für den Supreme Court ist es eine weitreichende Weichenstellung in die konservative Richtung. Für lange Zeit, denn die obersten Richter sind auf Lebenszeit gewählt. 9 Oberste Richter gibt es, wenn Amy Coney Barrett bestätigt wird, stehen dann 6 konservative 3 linksliberalen Höchstrichtern gegenüber.
Es stehen ganz wichtige Entscheidungen an im Höchstgericht. Trump möchte, dass die Richter die Gesundheitsreform seines Vorgängers Obama außer Kraft setzen. Das könnte sehr rasch passieren.
Immer wieder findet sich das Recht auf Abtreibung auf der Tagesordnung. Viele fundamentalistisch, religiöse Amerikaner hoffen, dass ein konservativer Oberster Gerichtshof das seit 50 Jahren geltende Recht auf Abtreibung aufheben wird.
Und dann ist die Präsidentenwahl selbst, die vor dem Höchstgericht landen kann, wenn es bei der Auszählung gröbere Probleme gibt. Trump spricht offen seine Hoffnung aus, dass der Oberste Gerichtshof zu seinen Gunsten eingreift, wie das ja schon bei der Wahl von George W.Bush vor 20 Jahren der Fall war, wegen der Auszählungsprobleme in Florida.
Aber viele Chancen haben die Demokraten nicht die neue Höchstrichterin zu verhindern, weil sie im gegenwärtigen Senat in der Minderheit sind.

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