Donald Trump trifft Kim Jong un – eine vorläufige Bilanz, MiÖ, 14.6.2018

Das Gipfeltreffen zwischen US-Präsident Trump und den nordkoreanischen Machthaber Kim Jong Un gibt Rätsel auf. Ob Nordkorea sich zu konkreten Abrüstungsschritten verpflichtet hat, ist nicht bekannt. Trump hat auf jeden Fall verfügt, dass die amerikanischen Streitkräfte in Südkorea ihre jährlichen Manöver vorläufig einstellen. Wie wird der Gipfel dieser Woche  in Südkorea selbst aufgenommen?
Für Südkorea ist das Tauwetter mit dem Norden eine riesige Erleichterung. An die dauernden Kriegsdrohungen aus dem Norden hat man sich zwar irgendwie gewöhnt. Aber jetzt gibt es die echte Chance auf ein Tauwetter zwischen den USA und Nordkorea.
Das kann dazu führen, dass Familien wieder zusammengeführt werden können, die durch den Koreakrieg vor 65 Jahren getrennt wurden. Und die waffenstarrede Grenze am 38.Breitengrad, die ja vor Waffen starrt auf beiden Seiten, wird etwas weniger bedrohlich werden.
Es hat ja Südkoreas Präsident Moon eine ganz zentrale Rolle bei der Vorbereitung getroffen. Die Südkoreaner waren in Singapur zwar nicht dabei, aber Moon hat den Gipfel ja gerettet. Wie Trump alles abgesagt hat, man vergisst das heute, zehn Tage vor dem Termin, da hat Moon sich mit Kim Jongun kurzfristig getroffen und die Gipfelvorbereitungen auf Schiene gebracht.
Südkorea ist ja eine lebendige Demokratie. Präsident Moon kommt aus dem linksliberalen Lager, die Konservativen sind in der Opposition. Das sind Hardliner, die davor warnen auf Tricks des Nordens hineinzufallen. Die darf man nie unterschätzen. Aber es überwiegt jetzt ganz klar die Zuversicht, dass es zu einer dauerhaften Entspannung mit dem Norden kommen kann.
Nicht dabei war in Singapur der große Nachbar Nordkoreas, China. Kim Jong un ist mit einer Boeing 474 von China Air nach Singapore geflogen, nicht mit einer nordkoreanischen Regierungsmaschine. Gibt es in Peking eigentlich die Sorge, dass sich Kim Jong un mit Donald Trump hinter dem Rücken Chinas arrangiert und China bei einer Wiedervereinigung der Koreas einen proamerikanischen Verbündeten als direkten Nachbar zu haben?
Manchmal hört man das, vor allem bei Experten. Aber eine Vereinigung der beiden Koreas ist ja sehr weit weg, niemand kann sagen, ob es je dazu kommen wird.
Das war schon bemerkenswert, nach Singapur ist Kim Jong un in einer Boeing 747 der Air China. Nicht in der nordkoreanischen Präsidentenmaschine, obwohl es so etwas auch gibt. Aber das ist eine alte sowjetische Iljuschin, die war für den langen Flug vielleicht doch nicht ganz so sicher. Aber natürlich war das chinesische Flugzeug auch ein politisches Signal: Nordkorea hat bei diesen Verhandlungen mit den USA China auf seiner Seite.
China wollte immer, dass es zu einer Entspannung kommt in Ostasien. Und zwar ziemlich genauso, wie das jetzt passiert. Nordkorea friert seine Nuklearrüstung ein und das ist die Grundlage von Verhandlungen. Trump folgt hier eigentlich einem chinesischen Drehbuch, auch wenn er das sicher nicht so sieht.
Eine konkrete Konzession durch Trump in Richtung Nordkorea war, dass er Militärmanöver abgesagt hat, die jedes Jahr in Südkorea durchgeführt werden. Das entspricht ebenfalls den chinesischen Vorstellungen. China möchte amerikanische Militärs weghaben aus Ostasien, das ist das langfristige geopolitische Ziel für China.
Jeder Schritt Trumps der in die Richtung eines geringeren militärischen Engagements in der Region geht, passt ins chinesische Konzept.

Bei den nordkoreanischen Raketentests im letzten Jahr sind einige Raketen auch über japanisches Territorium geflogen. Japan ist der engsten Verbündete der USA in der Region. Wie misstrauisch ist man in Tokio angesichts der neuen Männerfreundschaft zwischen Trump und Kim?
Die Japaner halten sich offiziell zurück, aber es überwiegt die Skepsis. Nordkorea hat ja Japan oft bedroht. Und die Raketen und Atomwaffen sind ja nach wie vor vorhanden. Wie rasch sie abgebaut werden, ob überhaupt, das ist ja nach wie vor unklar.
Es gibt viele offene historische Rechnungen zwischen Japan und den Koreas. Korea war eine japanische Kolonie, bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges und ist furchtbar ausgebeutet worden. Im Krieg sind koreanische Frauen entführt worden, als Zwangsprostituierte für die japanischen Streitkräfte. Nordkorea hat seinerseits Japaner entführt nach Nordkorea. Eine wirkliche Versöhnung hat es nicht einmal mit Südkorea gegeben, geschweige denn mit Nordkorea.

Die Japaner sind in der umgekehrten Position als China. Japan steht unter dem militärischen Schutz der USA und will haben, dass Amerika präsent bleibt in der Region.

In den USA und Europa überwiegen die skeptischen Stimmen was den Gipfel Trump-Kim betrifft. Außer einer allgemeinen Absichtserklärung ist ja nichts unterschrieben worden, zumindest ist nichts bekannt. Lässt sich die Frage beantworten, ob das Treffen ein Flop oder ein Durchbruch war?

Ein Durchbruch war der Gipfel atmosphärisch. So freundlich hat noch nie ein amerikanischer Präsident über Kim Jong un gesprochen, wie jetzt Trump. Sogar auf die Frage nach der katastrophalen Menschenrechtsituation in Nordkorea sagt Trump jetzt, klar, dort passieren üble Dinge, so wie in anderen Ländern auch. Das ist doch eine ziemliche Verharmlosung des nordkoreanischen Regimes.
Ob es außer dieser atmosphärischen Verbesserung auch noch Absprachen gibt, was unter Denuklearisierung zu verstehen ist und wie es dazu kommen soll, das wissen wir nicht. Die amerikanische Regierung sagt in 2-3 Jahren soll es zu dem Abbau der nordkoreanischen Atomwaffen kommen.
Einen Vertrag dazu gibt es noch nicht, der muss noch verhandelt werden. Nicht einmal die Eckpunkte sind klar, das stimmt schon. Aber die politischen Hürden für den erforderlichen längeren Verhandlungsprozess sind beseitigt. Das ist ein Erfolg für den Frieden und kein Flop.

 

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