Die Trump-Razzia, die Akten und die Demokratie

 US-Justizminister Merrick Garland  mischt Amerikas Politik auf. Auf Antrag des obersten Staatsanwaltes der USA hat das Bundeskriminalamt FBI das Luxusanwesen von Donald Trump in Palm Beach in Florida  gefilzt. 28 Kartons und Datensätze mit geheimen, sehr geheimen und supergeheimen Unterlagen wurden im privaten Golfclub Mar-a-Lago beschlagnahmt. Auch Informationen über Atomwaffen sollen dabei gewesen sein. Der zuständige Bundesrichter, der die Razzia angeordnet hat, hegt den Verdacht, dass  die Akten illegal aus dem Weißen Haus entfernt wurden. Sie gehören dem amerikanischen Staatsarchiv. Der ehemalige Präsident könnte gegen das Spionagegesetz, gegen Geheimhaltungsregeln und gegen das Verbot zur Manipulation amtlicher Dokumente verstoßen haben.

  Trump hat mehrere für ihn gefährliche Verfahren am Hals. 400 Mal (!) verweigerte er bei einer Anhörung vor der obersten New Yorker Staatsanwältin die Aussage. Es geht um die möglicherweise betrügerischen Finanzgebarung seines Firmengeflechts. Die Hausdurchsuchung des FBI in Florida war die größte politische Bombe. Nie zuvor gab es Vergleichbares gegen einen ehemaligen Präsidenten. Wie der Clash Trumps mit der Justiz ausgeht kann über das Überleben der amerikanischen Demokratie entscheiden.   

Die Razzia von Mar-a-Lago treibt die Polarisierung in den USA in ungeahnte Höhen. Trump tobt, wenig überraschend. Laut  seinem Social Media Kanal Truth Social ist Amerika zur Diktatur geworden. Bekannte Republikaner stimmen in die absurde Hysterie ein.  Senator Rick Scott aus Florida vergleicht das FBI mit der Gestapo. Newt Gingrich, ein ehemaliger Parlamentspräsident, spricht von amerikanischer Stasi. Für Stephan Bannon, einem Berater Trumps, ist das Justizministerium zu einer verbrecherischen Organisation geworden.  Die einstigen republikanischen Law-and-Order Fanatiker tönen wie die Black Panther in den 1970er-Jahren.  Nur zaghaft distanzieren sich besonnene Konservative von der Maßlosigkeit.

 Mit der Radikalisierung kommt politische Gewalt. Der Putschversuch des 6.Jänner 2021, mit dem Anhänger Trumps den Amtsantritt des Wahlsiegers Biden verhindern wollten, wird glorifiziert. In Cincinnati attackiert ein Trump-Fan das  FBI-Gebäude und wird erschossen. Bruce Reinhart, der Richter, der den Hausdurchsuchungsbefehl für das Trump-Anwesen unterschrieben hat, bekam so viele Morddrohungen, dass die Synagoge, die er am Samstag besucht, aus Sicherheitsgründen ihre Tore schließt. Die Politikwissenschaftlerin Barbara F.Walter zeichnet die Gefahr eines Bürgerkrieges.

 Auf den ersten Blick wirkt der Verdacht der illegalen Aktenlagerung  harmlos. Man erinnert sich an Mafioso Al Capone, der wegen läppischer Steuerhinterziehungen hinter Gitter kam, weil ihm das FBI Gewaltverbrechen nicht nachweisen konnte.  Aber warum hat  Trump all dieses Aktenmaterial aus dem Weißen Haus entfernt hat? Wozu braucht der Ex-Präsident Unterlagen über Atomwaffen und Spitzenberichte über den französischen Präsidenten?  Die National Archives haben die Dokumente seit Monaten angefordert, doch Trumps Anwälte leugneten ihre Existenz.

  Details  werden in den nächsten Wochen durchsickern. Der politische Hintergrund ist jedoch klar. Trump agiert so, als sei er noch immer Präsident. Mar-a-Lago ist für ihn das wahre Weiße Haus. Seine privaten Deals verschwimmen mit den Staatsgeschäften.  Der Konflikt um die Akten aus dem Weißen Haus ist die Spitze des Eisbergs im Kampf um die Legitimität  der  demokratischen Wahl  Abwahl Trumps.

 Im Profil argumentiert Außenpolitikchef Robert Treichler, es wäre politisch klüger, Trump die Anklage zu ersparen. Entscheiden muss die Justiz. Aber dass Gerichte den Demagogen nicht stoppen können, sei mehrmals bewiesen.  Tatsächlich schafft es Trump regelmäßig als Märtyrer linker Staatsanwälte und staatlicher Willkür die Republikaner hinter sich sammeln. Der Mechanismus ist auch bei uns bekannt.

  Mit der spektakulären  Hausdurchsuchung in Mar-a-Lago hat sich die Situation jedoch verändert. Das begonnene Verfahren sollte ohne Rücksicht auf mögliche politische Konsequenzen durchgezogen werden. Alles andere wäre eine Kapitulation des Rechtsstaates vor der faschistoiden Volksbewegung. Die Texanerin Reality Winner,  die als Nachrichtenexpertin Zugang zu Geheiminformationen hatte,  wurde zu fünf Jahren Haft verurteilt, weil sie das gleiche Antispionagegesetz verletzt hat, das jetzt für Trump ein Problem ist. Wäre Trump nicht Ex-Präsident, säße er längst im Gefängnis.

  Gerade in  aufgeheizten politischen Stimmungen müssen Gesetze für alle gleich gelten. Sonst rutscht der Rechtsstaat. Ein ehemaliger Präsident  darf nicht immun sein, auch wenn er für seine gewaltbereite Anhängerschaft ein Held ist und obwohl das FBI tatsächlich viel Dreck am Stecken hat.

ZUSATZINFORMATIONEN

Mar-a-Lago

Die Hausdurchsuchung in Trumps Anwesen am 8.8. dauerte 8 Stunden. Das FBI suchte in Trumps Privatgemächern, in  Arbeitsräumen und im Lager nach den verbotenen Akten. Wer das FBI informiert hat ist unbekannt. Der britische Observer verdächtigt Trumps Tochter und den Schwiegersohn. Trump beobachtete die Aktion von New York aus über Überwachungskameras. Er unterstellte, das FBI könnte ihm nukleare Unterlagen unterschoben haben. Der Golfklub verfügt über 58 Schlafzimmer und 33 Bäder.

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