Seit drei Tagen ist ein kleines Fischerdorf im Südosten Chinas heftiger Zusammenstöße zwischen der Polizei und Dorfbewohnern. Die Bewohner von Wukan protestieren gegen die Verhaftung des Bürgermeisters, dem die Behörden Korruption vorwarfen, der aber vor Jahren eine seltene freie Wahl gewonnen hatte.
Alle Informationen über die heftigen Zusammenstöße zwischen Polizei und Dorfbewohnern kommen aus dem nahe gelegenen Hongkong.
Die Tageszeitung South China Morning Post hat ein ausführliches Video ins Netz gestellt, in dem schwerbewaffnete Polizisten zu sehen sind, die von all Seiten mit Steinen beworfen werden, wie sie versuchen auf den Hauptplatz zu kommen. Es gibt Tränengas.
Das Dorf Wukan mit seinen 12 000 Einwohnern gleicht einer Kriegszone, schreibt die angesehene Zeitung.
Auch eine Festnahme in einem Wohnhaus von Wukan ist in allen Details auf dem Video der South China Morning Post zu sehen. Mindestens 13 Dorfbewohner wurden nach offiziellen Angaben verhaftet.
Der Ursprung der Proteste liegt fünf Jahre zurück, als die Dorfbewohner sich gegen ihrer Meinung nach ungerechtfertigte Enteignungen zur Wehr setzten. Die Provinzverwaltung hat damals ungewöhnlich reagiert und eine freie Wahl des Bürgermeisters zugelassen. Ein führender Aktivist der Protestbewegung, Lin Zuluan gewann die Wahl, wurde aber in diesem Jahr nach neuerlichen Auseinandersetzungen verhaftet.
Das Fernsehen zeigte ein Geständnis des Mannes vor laufender Kamera und letzte Woche wurde Bürgermeister Lin Zuluan wegen Korruption zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Aber im Dorf selbst heißt es, das war ein erzwungenes Geständnis. Die Proteste weiteten sich aus und mehrere Tage kam es zu Zusammenstößen mit der Polizei .
Auseinandersetzungen um Grund und Boden, der von den Behörden gegen den Willen der Bewohner an Immobilienfirmen verkauft wird, sind nicht selten in China. Zumeist kommt es durch finanzielle Entschädigungen einen Kompromiss. Untypisch ist im Fall Wukan, dass sich der Konflikt derart in die Länge zieht. Mit dem massiven Polizeieinsatz ist jetzt auch auch ein kleines demokratisches Experiment in China begraben wird.
Wenn man in den Suchmaschinen des Internets den Name des Dorfes Wukan eingibt, dann kommt der Hinweis, dass die Internetpolizei bereits gegen Personen vorgeht, die falsche Gerüchte verbreiten.
Nach den Angaben der Hongkonger South China Morning Post war Wukan nach den gestrigen Zusammenstößen heute Vormittag nach wie vor von bewaffneter Polizei eingekreist. Weil die Lebensmittelgeschäfte keinen Nachschub bekommen, gehen die Bewohner über den Berg zu den Nachbardörfern, um sich zu versorgen. Für die Verhaftung von fünf sogenannten Rädelsführern verspricht die Staatssicherheit eine Belohnung von 100 000 Yuan, umgerechnet 15 000 Euro.