Die Verhandlungen zwischen Trumps Abgesandten Steve Wittkoff, einem New Yorker Immobilieninvestor, und dem iranischen Außenminister Abbas Araghtschi im Oman sind eine der wenigen positiven Entwicklungen in der Weltpolitik. Donald weiterlesen...

Journalist und Historiker
Die Verhaftung des Bürgermeisters von Istanbul Ekrem Imamoglu ist ein Donnerschlag für die Türkei. Imamoglu ist der gefährlichste Gegner des türkischen Präsidenten. Mit seiner Festnahme setzt Recep Erdogan einen Schritt in Richtung Diktatur. Die nächsten Präsidentschaftswahlen stehen erst 2028 bevor. Noch gibt es in der Türkei Wahlen, an denen oppositionelle Parteien teilnehmen können. Mit der Kriminalisierung des zur sozialdemokratisch-kemalistische Oppositionspartei CHP gehörenden populären Bürgermeisters soll nach zwanzig Jahren Erdogan ein Machtwechsel unmöglich werden.
Unter Erdogan wurde die Türkei durch das Vorgehen von Militär und Geheimdiensten zum Profiteur der Umstürze im Nahen Osten. Die von Ankara abhängige Islamistenmiliz Syrian National Army führt im Nachbarland Krieg gegen die freie Kurdenregion. Sie erhält seit Jahren Instruktionen und Waffen aus der Türkei. Die neuen islamistischen Herren in Damaskus hören auf Erdogan.
Den gefährlichen Trend erleben wir überall in der Welt: autoritäre Herrscher radikalisieren sich nach innen und sind zunehmend nach außen zur Gewaltanwendung bereit. Ob sie erfolgreich sind hängt vom Gewicht der Zivilgesellschaft ab. Vladimir Putin hat es vorgemacht. Die Aggressionen gegen Georgien im Kaukasus 2008 und gegen die Ukraine seit 2014 verliefen parallel zur Zerstörung der nach dem Ende der Sowjetunion erkämpften Freiheiten. Die Kriege nach außen wurden zum Hebel für den Ausnahmezustand nach Innen.
Einen vergleichbaren Mechanismus erlebt Israel. Benjamin Netanjahu hat den Waffenstillstand in Gaza aufgekündigt. Die Pause hätte in einer zweiten Phase zu einem dauerhaften Frieden führen sollen. Die israelische Bombenwelle kam unvermutet in der Nacht, als die palästinensischen Familien zum traditionellen Fastenbrechen des Ramadan zusammen gekommen waren. Mehrere hundert Menschen wurden in einem Schlag getötet. Verteidigungsminister Israel Katz sagt, die Bewohner sollen die Hamas vertreiben, die Geiseln befreien und dann in andere Länder auswandern. Die Alternative sei völlige Verwüstung. Israel liefert den internationalen Richtern in Den Haag ungeniert Argumente für das laufende Völkermordverfahren.
Netanjahu will die Rechte der Justiz massiv beschneiden, damit er autoritär regieren kann. Die Beendigung des Waffenstillstandes könnte ein Todesurteil für die verbliebenen 24 Geiseln sein, die noch am Leben sind. Daher sammeln sich von Neuem Tausende zu Demonstrationen gegen die rechtsextreme Regierung. Wie das Kräftemessen ausgeht hängt auch von den internationalen Reaktionen ab.
Die Europäer kritisieren deutlicher als sonst die Aufkündigung des Waffenstillstandes. Aber gegen gegen die vor aller Augen ablaufende Zerstörung der Lebensgrundlagen der Palästinenser in Gaza protestieren vor allem Minderheitsgruppen. In Syrien und dem Libanon agiert das israelische Militär, als ob es kein Völkerrecht gäbe. Je länger die Regierungen des demokratischen Westens zögern, desto stärker wird ihre Mitverantwortung für die verheerende Entwicklung.
Netanjahu hat sich die Unterstützung der Trump Administration gesichert. Trump selbst befahl dem Pentagon einen vergessen geglaubten Krieg neu zu beginnen. Amerikanische Kampfflugzeuge attackieren Einrichtungen der Huthi-Miliz im Jemen. Seit dem Waffenstillstand Israels mit der Hamas hatten die Huthis ihre Angriffe auf Containerschiffe im Roten Meer eingestellt. Trumps Sicherheitsberater Mike Waltz rechtfertigt diese Angriffe als Botschaft an den wegen seines Atomprogramms von Trump, Netanjahu und anderen bedrohten Iran. Das iranische Regime und die Huthis sind politisch und militärisch verbündet, aber Marionetten Teherans sind die jemenitischen Kämpfer keine.
Der Luftkrieg gegen den Jemen ist der erste kriegerische Akt der Trump-Administration. Im Wirbelwind der ersten Tage der US-Administration stand außenpolitisch Ergebenheit gegenüber Putin im Zentrum. Eine Erklärung lautet, dass Russland China und dem Iran als Verbündeter abgeworben werden soll, damit die USA freie Hand gegen die beiden deklarierten Feinde, den Iran und China haben.
Donald Trump pflegt eine kriegerische Rhetorik, die er gegen innenpolitische Konkurrenten, unabhängige Richter und die freie Presse richtet. Militärische Konflikte hat er bisher vermieden. Trumps dunkle Drohungen gegen Panama, Kanada, Grönland und die Palästinenser sowie aggressive Handelskriege lassen befürchten, dass die Umwandlung der USA zu einem autoritären Staat nicht nur ein Projekt nach Innen bleibt. In seinen Wahlkämpfen forderte er, mit Amerikas Endloskriegen aufzuhören. Jetzt steht zu befürchten, dass er die Welt genau dorthin führt.
ZUSATZINFORMATIONEN
Demokratien auf dem Rückzug
Der jüngste Democracy Report des V-Dem Instituts der Universität Göteburg zeigt, dass 45 Länder in der Welt 2024 autoritärer wurden. Die Zunahme der Autokratien ist unübersehbar. Die Meinungsfreiheit geht zurück. In Europa verschlechtern sich die Slowakei, Zypern und Slowenien. Positiv erwähnt werden Polen und Brasilien. Die USA entfernen sich unter Präsident Trump von der Demokratie, urteilen die Wissenschaftler. Die Auswirkungen werden für die ganze Welt enorm sein.