Trump vs Biden verunsichert die Welt

 In den USA verpufft die Dramatik der Primaries, bevor die  Vorwahlen noch richtig begonnen haben. Joe Biden wirkt mit 81 alt. Die Gebrechlichkeit des Präsidenten ist eine Hypothek, ganz unabhängig von seiner Politik. Jugendliche Linke werfen ihm die Unterstützung Israels im Krieg um Gaza vor. Aber bei den Demokraten wagt sich kein Herausforderer aus der Deckung.

 Als  Edward Kennedy 1980 gegen den amtierenden Präsidenten Jimmy Carter antrat, führte der interne Streit den Republikaner Ronald Reagan zum Sieg. Eine Dekade konservativen Regierens begann. Dieses Risiko will kein Spitzenpolitiker der Demokraten eingehen. Joe Biden und Kamala Harris sind für den 5.November gesetzt. Nur die Gesundheit Bidens könnte einen Strich durch die Rechnung machen.

 Die Risiken für Donald Trump kommen  von den Gerichten,  mehr als innerparteilichen Rivalen. Einflussreiche Republikaner aus dem Kongress, die ihn früher kritisiert haben,  haben sich auf seine Seite geschlagen. Zu Redaktionsschluss stehen die Resultate in New Hampshire noch aus. Dämpfer sind nicht ausgeschlossen. Nikki Haley, die ehemalige Gouverneurin von South Carolina, hofft auf ein respektables Ergebnis. Aber spätestens nach  Super Tuesday am 5.März, wenn mehr als ein Dutzend Bundesstaaten ihre Delegierten wählen, wird  die Kontrolle Trumps über die Republikanische Partei fix sein.

Für einen Großteil des konservativen Amerikas stehen einander dann zwei Präsidenten, Biden und Trump, gegenüber, weil man die Niederlage des Republikaners 2020 nicht akzeptiert.

  2016  war Trump ein umstrittener Außenseiter. 2024 zieht er als auf Rache sinnender  Rechtsextremer durch das Land.  Die Leugnung des Wahlergebnisses von 2020, die Verteidigung des Umsturzversuches beim Sturm auf das Kapitol und die Verteufelung der Justiz gehören zur Identität seiner MAGA-Bewegung. MAGA, Make Amerika Great Again, ist eine Strömung innerhalb der Republikanischen Partei. Es ist so, als ob die  AfD die CDU von innen aufrollen würde.  

  Joe Biden führt seinen Abwehrkampf  als Überlebenskampf der amerikanischen Demokratie. Politikwissenschaftler halten das für eine problematische Taktik. Unzufriedene Wähler lassen sich mit Parolen für den Rechtsstaat schwer ansprechen. Aber weder die gute Wirtschaftslage noch die Klimapolitik, auf die die Demokraten stolz sind, dringen beim Wahlvolk durch.

 Bei den Midterm Elections 2022, die für die Partei des Präsidenten 2022 gut gelaufen sind, war das Abtreibungsrecht in den  Bundesstaaten ein wichtiges Thema. Bei Präsidentschaftswahlen ist unklar, wie stark diese Frage mobilisiert.   

Der Rechtsstaat hat nicht ganz verloren. 30 Prozent der Republikaner geben in Iowa an, dass Trump durch eine gerichtliche Verurteilung ihrer Meinung nach für das Präsidentenamt disqualifizieren wäre.

  Hier setzen die  Bundesstaaten Colorado und Main ein, die Trump auf der Grundlage des 14.Verfassungszusatzes streichen wollen. Der Verfassungstext ist eindeutig. Der Paragraf kommt aus der Zeit nach dem Bürgerkrieg. Er schließt Amtsträger aus, die sich eines „Aufstandes oder einer  Rebellion“  schuldig gemacht haben. Der Sturm auf das Kapitol vom 6.Jänner 2021, der die rechtmäßige Wahl Bidens verhindern sollte, sei ein solcher Aufstand gewesen. 

Der amerikanische Supreme Court hat eine rechte Mehrheit. Trump erwartet, dass die von ihm ernannten Richter bei einem unvermeidlichen Verfahren im Höchstgericht zu seinen Gunsten entscheiden. Trotzdem ist es wichtig, dass alle Mittel eingesetzt werden, wenn die Freiheit in Gefahr ist.   Die Widerstandskraft der amerikanischen Demokratie sollte man nicht unterschätzen. Bidens Strategie kann aufgehen. Aber der Ausgang ist ungewiss.

   Harvard-Politikwissenschaftler Graham Allison diagnostiziert tiefgreifende Auswirkungen der Zitterpartie beim US-Präsidentschaftswahlkampfes für die Geopolitik.

 Trump hat die “größte Deportation in der amerikanischen Geschichte” und die Festnahme von Millionen „illegaler Ausländer“ angekündigt. Mexiko fürchtet deshalb eine Katastrophe an der Grenze.

 Putin verschiebt allfällige  Überlegungen den Krieg gegen die Ukraine einzufrieren, auf die Zeit nach den US-Wahlen, meint Graham Allison. Hatte Trump doch angekündigt, er  werde dem Präsidenten Selenskji nach seinem Einzug ins Weiße Haus unverzüglich mitteilen, dass es für die Ukraine  keine Unterstützung  aus Amerika mehr gibt.  In einem  Tag wäre der Krieg beendet. Die Trump’sche Aussage “I don’t give a shit about NATO” von 2019  ist in Moskau schon damals freudig aufgenommen worden.

 In Israel spekulieren die Medien, dass  Benjamin Netanjahu  den Gazakrieg in die Länge  zieht, weil bei einem Trump im Weißen Haus der Druck in Richtung Zweistaatenlösung verschwinden würde. 

Alle Akteure der Weltpolitik überlegen, auf welchen Sieger sie für den 5.November setzen sollen. In einer zunehmend turbulenten Welt werden die Vereinigten Staaten zu einem Faktor der Instabilität.

ZUSATZINFO

Supertuesday in Amerika

Am 5.März finden Primaries in mehr als einem Dutzend US-Bundesstaaten statt, darunter Texas, Florida, Tennessee, Louisiana, Oklahoma, Mississippi, Kentucky, Alabama und Georgia. Gewählt werden die Delegierten zu den Wahlparteitagen im Sommer, auf denen Republikaner und Demokraten formell ihre Präsidentschaftskandidaten bestimmen. Als Swing States zählen Bundesstaaten, in denen keine Partei auf fixe Mehrheiten rechnen kann und deren Elektoren bei einem knappen Ergebnis entscheidend sein können.  Pennsylvania, Ohio, Michigan, Wisconsin, Minnesota, Georgia, North Carolina und Arizona gelten als Swing States.

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