Rüstungsindustrie: Österreichische Motoren in Kampfdrohnen über Gaza, Falter Maily 21.8.2025

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von Raimund Löw

21.08.2025

Militärdrohne Hermes 900: Unterwegs mit österreichischer Technik?© Wikipedia/Ronite unter Creative Commons Attribution-Share Alike 4.0 International

Das Drama des Gaza-Krieges nimmt kein Ende. Israel beginnt eine Offensive gegen Gaza Stadt und lässt durchsickern, dass man die Palästinenser gerne nach Somalia und in den Südsudan vertreiben würde. Die humanitäre Katastrophe verdrängt die militärische Seite des Krieges, bei der erstaunlicherweise auch eine angesehene oberösterreichische Firma eine Rolle spielt. 

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Zu den Waffensystemen, die Israels Armee, die IDF, in Gaza einsetzt, gehören Drohnen. Eine beträchtliche Anzahl von selbstfliegenden militärischen Fluggeräten wird höchstwahrscheinlich von Motoren der heimischen Firma Rotax angetrieben, die in Gunskirchen unweit von Wels ihre Betriebsstätte hat. 

Der Forscher Dr. Shir Hever, der über den militärisch-industriellen Komplex in Israel publiziert, verweist auf die Fachzeitschrift Airforce Technology, in der die Kampfdrohne Hermes 900, im Militärjargon auch Kochev genannt, beschrieben wird. Es handelt sich um ein hochmodernes, beeindruckendes Kriegsgerät, acht Meter lang und mit einer Spannweite von 15 Metern, das vom israelischen Rüstungskonzern Elbit Systems hergestellt wird. Details sind Militärgeheimnis. Shir Hever zieht aus verschiedenen Fachpublikationen den Schluss, dass die Motoren der Hermes 900 von Rotax stammen: „The evidence is strong“, sagt der Experte. Seiner Schätzung nach sind mehrere hundert Fluggeräte dieses Typs im Einsatz.

Shir Hever ist Mitglied bei der Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost. Er findet, dass Unternehmen dafür verantwortlich gemacht werden sollten, wem sie ihre Produkte verkaufen und was damit geschieht.

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Falter-Anfrage bei den Motorherstellern in Gunskirchen: Stimmt es, dass israelische Drohnen mit Motoren von Rotax fliegen? Die Konzernzentrale von BRP-Rotax in Kanada teilt uns mit, dass die Firma die Lieferung von Motoren an Elbit 2024 eingestellt hat. Man verweist auf die „Military Sales Policy“ des Konzerns „for the sale of BRD Products for military purposes, in particular in countries in conflict. In this context, upon our request, our distributor has stopped the supply of Rotax engines to Elbit“. Aufgrund der eigenen Regeln für den Verkauf von Militärgütern – insbesondere für Staaten, die sich in Konflikten befinden – gelten, habe man also den Nachschub an Motoren für Elbit eingestellt.

Das klingt nach einer Notbremsung der Motorenhersteller. Die Stellungnahme von BRP-Rotax ist aufschlussreich. Im Umkehrschluss bedeutet die Einstellung der Lieferungen an den Rüstungskonzern Elbit Systems, dass es diese sehr wohl gegeben hat. Militärfachzeitschriften nennen 2009 als Jahr des Jungfernfluges von Hermes 900. Das Fluggerät wurde über viele Jahre produziert, da hat Rotax wohl geliefert. Interessant ist auch, dass Rotax die Motoren de facto als militärisches Gerät bezeichnet.

Für die Ausfuhr der Rotax-Motoren nach Israel ist nach der österreichischen Gesetzeslage keine Genehmigung erforderlich, heißt es auf unsere Anfrage aus dem Wirtschaftsministerium, das in Österreich federführend für den Export von Rüstungsgütern zuständig ist. Der Grund: diese Motoren sind nicht extra für Drohnen konstruiert, die Flughöhen von über 50.000 Fuß (15 240 Metern) erreichen. „Da die Motoren der BRP Rotax GmbH. diese Parameter des Anhangs I der Verordnung (EU) 2021/821 nicht erfüllen, besteht keine Genehmigungspflicht für deren Ausfuhr nach Israel“, schreibt uns das Ministerium. Der Maßstab scheint eine extrem große Flughöhe zu sein. Normale Passagierflugzeuge fliegen meistens auf bis zu 12 000 Metern. Alles darunter soll laut EU-Verordnung o.k. sein? Die israelischen Militärdrohnen in Gaza können die Menschen am Boden hören und sehen. Dass österreichische Motoren im aktuellen Kriegsgeschehen eingesetzt werden, ist dem Ministerium nicht bekannt, aber man werde prüfen, heißt es.

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Auf der Internetseite der Firma BRP-Rotax sind Snowboards, Motorräder und Kleinflugzeuge zu sehen, die mit den Motoren aus heimischer Produktion betrieben werden. BRP steht für die kanadische Mutterfirma Bombardier. 

Es ist nicht das erste Mal, dass Produkte des Unternehmens in kriegerischen Konflikten aufgetaucht sind. Rotax-Motoren wurden auch in Kampfdrohnen iranischer, russischer und türkischer Provenienz gefunden. Einer CNN-Reporterin wurde vom ukrainischen Militär eine iranische Drohne mit einem Rotax-Motor gezeigt, die aus dem Schwarzen Meer gefischt worden war. Rotax schreibt, eine interne Untersuchung gemeinsam mit den ukrainischen Behörden habe ergeben, dass die Motoren nicht über das eigene Verteilungsnetzwerk an Russland oder den Iran, der die betroffene Mohajer-6-Drohne herstellt, verkauft oder geliefert wurden. Mehr will man in der Öffentlichkeit nicht sagen.

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Ein 5‑Punkte‑Plan der Arbeiterkammer soll unser solidarisches Gesundheitswesen zukunftssicher machen.

Dass militärische Geräte gekauft werden, damit sie möglichst effizient im Krieg zum Einsatz kommen, sollte für die oberösterreichischen Motorenhersteller keine große Überraschung sein.