Trump, Israel und Gaza: zwei Jahre nach dem Hamas Pogrom, Falter Maily #1891, 6.10.2025

Haben Sie die versteinerten Gesichter der obersten Militärs der USA gesehen, als Pentagon-Chef Pete Hegseth Ihnen predigte, dass Antidiskriminierungsregeln wokes Teufelszeug seien und der Präsident sie zum Krieg gegen den Feind von innen aufrief? Trump war über den fehlenden Applaus sichtlich irritiert. Für Amerika ist die demonstrative Zurückhaltung von Generälen und Admirälen beruhigend.Der militärische Führungsstab war am 30. September in den Militärstützpunkt Quantico in Virginia beordert worden, um von den Machthabern auf Linie gebracht zu werden. Das Projekt scheiterte. Der frühere Generalstabschef Mark Miley hatte den Soldaten bei seiner Abschiedsrede ins Gewissen geredet, dass sie einen Eid auf die Verfassung geleistet haben und nicht auf die Person des Präsidenten. Angesichts der wilden Ankündigungen Trumps, die von Demokraten geführten Großstädte Amerikas zu Kriegsschauplätzen zu machen, kann man nur hoffen, dass es bei dieser Haltung der Generalität bleibt.In der Weltpolitik ist die militärische Präsenz das wichtigste Machtinstrument der Supermacht. Der Umstand gilt ganz besonders im Nahen Osten. Nach zwei Jahren des israelischen Krieges in Gaza, mit dem der Jüdische Staat auf das Massaker des 7. Oktober reagiert hat, will Trump einen Waffenstillstand und ein Ende der Kämpfe.Zähneknirschend erklären die Kriegsparteien ihre Zustimmung. Die Hamas hat den Krieg verloren und will nur noch überleben. Netanjahu kann dem Staat, der sein Land finanziert und seine Streitkräfte aufrüstet, nicht offen widersprechen. Die Mitverantwortung Amerikas für den Rachefeldzug der Israelis kann jedoch nicht weggewischt werden, weil Trump jetzt findet genug sei genug.Der Terrorangriff der Hamas auf den Süden Israels 2023 prägt bis heute die israelische Gesellschaft. Die verantwortlichen Anführer wurden seither so gut wie alle getötet. Israelische Militärexperten urteilen, dass die Organisation seit dem Frühjahr 2024 keine ernsthafte militärische Bedrohung mehr darstellt. Bereits damals sind 35.000 Palästinenser in Gaza getötet worden. Der Krieg, der als Selbstverteidigung begonnen hat, verändert seinen Charakter und wurde zu einem Feldzug, um die Lebensgrundlagen der Palästinenser in Gaza zu zerstören. Anders sind die Angriffe auf Spitäler, Schulen, Moscheen, Flüchtlingszelte und die monatelange Hungerblockade nicht zu erklären. Daher auch die Diagnose „Völkermord“ von führenden Experten der Vereinten Nationen.Die USA liefen Israel Munition und Waffen. Joe Biden erinnerte Netanjahu noch an das Völkerrecht, jedoch ohne sichtbare Konsequenten. Donald Trump beteiligte sich bereits munter an den Vertreibungsfantasien der Rechtsextremen, um das Gebiet zu entvölkern und zu einem lukrativen Immobilienprojekt zu machen. Diesen Plänen schiebt der aktuelle 20-Punkte-Plan der USA einen Riegel vor. Niemand soll vertrieben werden und wer Gaza verlässt, soll das Recht haben, zurückzukehren. Anders als bei der sogenannten „Nakba“ von 1948, als Israel Flüchtlingen die Heimkehr verwehrte.Die Zerstörungen mit Zehntausenden von der israelischen Armee getöteten unschuldigen Menschen mit dem Massaker des 7. Oktober zu rechtfertigen, ist absurd. Der Gazakrieg ist zu einem Menschheitsverbrechen des 21. Jahrhunderts geworden, für die USA eine Mitverantwortung tragen.Die Solidarität für Gaza erinnert an die Proteste gegen die seinerzeitige Apartheid in Südafrika und den Vietnamkrieg. Die 250.000, die gestern in Amsterdam für Gaza demonstriert haben, die italienischen und griechischen Hafenarbeiter, die Waffenlieferungen nach Israel blockieren, zeigen, dass sich die Zivilgesellschaft mit der stillschweigenden Akzeptanz der Zerstörungen nicht abfindet.Auch die inzwischen gestoppte Sumud Hilfsflotte gehört dazu. Aber die Aktivistinnen haben es nicht geschafft, darauf zu reagieren, dass seit dem 7. Oktober weltweit jüdische Einrichtungen angegriffen werden, obwohl das dringend geboten wäre. Ich verstehe nicht, warum es so schwer sein sollte, neben „Stop the Genocide“ auch „No to Antisemitism“ auf die Transparente zu schreiben?Ob Donald Trump gegenüber Netanjahu mit der Forderung nach einem Ende des Gazakrieges standfester ist als gegenüber Putin im Ukrainekrieg, wird entscheidend sein. Generäle, die ihren Soldaten die Freude am Töten beibringen, wie das der selbst ernannte Kriegsminister Pete Hegseth bei der Versammlung der Militärführung in Quantico verlangt hat, braucht weder das Land selbst noch der Rest der Welt, meint
Bild von Raimund LöwIhr Raimund Löw
Heute für Sie auf falter.at:Diese drei Texte wurden vergangene Woche auf unserer Website am häufigsten gelesen:Florian Klenk hat einen Blick in die Deutsch-Bücher seines Sohnes geworfen und findet: „Schulbücher trainieren Kindern den Sinn für Sprache, Poesie und Literatur regelrecht ab”. Seinen verärgerten Kommentar dazu finden Sie hier.Die Recherche von Jürgen Klatzer und Matthias Winterer über systematische Misshandlungen in SOS Kinderdörfern zieht immer weitere Kreise. Ende vergangener Woche wurde der Chef der Organisation vom Dienst freigestellt – er hatte offenbar seit Jahren über die Vorwürfe Bescheid gewusst.Anton Pelinka ist tot: Der Doyen der österreichischen Politikwissenschaft starb vergangenen Freitag im Alter von 83 Jahren an den Folgen einer schweren Krankheit. Wenige Wochen zuvor hatte er im Gespräch mit Armin Thurnher und Matthias Winterer Bilanz gezogen – über sein Leben, die Geschichte der Zweiten Republik und die geopolitischen Krisen der Gegenwart.
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Einladung: FALTER ArenaDie nächste FALTER Arena widmet sich ebenfalls dem Krieg gegen die Hamas, dem Leid der Bevölkerung und den Folgen des Gaza-Krieges für Israel und die Welt.Mit dabei:Tim Cupal (ORF) berichtet über Journalismus im Krieg und seine Erfahrungen als Korrespondent in Israel.Lisa Macheiner (Ärzte ohne Grenzen) berichtet von ihren persönlichen Erfahrungen als Einsatzleiterin im Gazastreifen.Und Sashi Turkof (ehem. Präsidentin der Jüdischen österreichischen Hochschüler:innen), Muna Duzdar (Nationalratsabgeordnete, SPÖ), und Tim Cupal diskutieren mit Eva Konzett darüber, wie der Nahost-Konflikt auch westliche Gesellschaften verändert.Musikalische Begleitung kommt wieder einmal von der wunderbaren Anna Mabo.Am kommenden Mittwoch, den 08. Oktober 2025, ab 19:30 Uhr im Stadtsaal Wien. Alle Infos und Tickets finden Sie hier.
KEINE ANKLAGEN NACH DEM 7. 10.Hunderte Palästinenser wurde von Israel wegen des Verdachts einer Beteiligung am Massaker vom 7. Oktober festgenommen. Bisher ist es aber zu keiner einzigen Anklage wegen Mordes oder Vergewaltigung gekommen, wundert sich die New York Times. Die Überlastung der Justiz, das Chaos in den Tagen nach der Gewaltorgie und die Praxis Israels, Verdächtige ohne Anklage über lange Zeit gefangen zu halten, mögen eine Rolle spielen.In der Knesseth wird die Errichtung eines Sondertribunals diskutiert, die Bemühungen verzögern sich aus Rücksicht auf mögliche Auswirkungen auf die Geiseln. Eine Oppositionsabgeordnete vermutet, dass bei Prozessen auch Fehler der Regierung zur Sprache kommen würden, weshalb die Behörden kein Tempo machen.
Israelische DrohnenAuf der Grundlage meiner Recherche im FALTER.maily über Motoren aus dem oberösterreichischen Werk der Firma Rotax, die für israelische Kampfdrohnen produziert wurden, stellen die SPÖ-Abgeordneten Muna Duzdar und Paul Stich eine parlamentarische Anfrage an den Wirtschaftsminister.Sie wollen unter anderem wissen, ob Rotax Motoren, die an die israelische Rüstungsfirma Elbit Systems geliefert wurden, unter den Anwendungsbereich der Verordnung ( EU ) 2021/821) über Dual-Use-Güter oder andere europäische oder internationale Abkommen fallen.“Wie stellen Sie sicher, dass österreichische Technologie nicht in bewaffneten Konflikten eingesetzt wird, in denen nach Einschätzung der UN und internationaler Menschenrechtsorganisationen ein hohes Risiko schwerer Völkerrechtsverletzungen besteht? Teilen Sie die Auffassung, dass auch österreichische Unternehmen im Sinne der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte Verantwortung für die Endverwendung ihrer Produkte tragen?“ Das sind einige der Fragen an das Wirtschaftsministerium.
PODCAST EU UND NAHOSTWarum sich Europa mit Palästina und Israel zwei Jahre nach dem Massaker des 7. Oktober 2023 so schwertut, habe ich mit der Nationalratsabgeordneten Meri Disoski (Grüne), Europaabgeordneten Özlem Alev Demirel (Linke), der niederländischen Europapolitikern Sophie Int’feld (Volt) und dem EU-Experten Paul Schmidt (Österreichische Gesellschaft für Europapolitik) im FALTER-Podcast diskutiert.Was bleibt von der Vision einer gemeinsamen Außenpolitik der EU und welche Auswege zeichnen sich ab? Mit Donald Trump als US-Präsident sind die USA kein Garant für die Sicherheit des alten Kontinents mehr. Aber reicht Aufrüstung, wenn die Kleinstaatlerei nicht überwunden wird?
B’TSELEMUngeschminkte Nachrichten aus Gaza und den besetzten Palästinensergebieten bietet die israelische Menschenrechtsorganisation B’Tselem. Das Töten gehe unvermindert weiter, lese ich in einem Posting von B’Tselem auf X. Am 4. Oktober hat das israelische Militär in Gaza 70 Personen getötet. Vier warteten in einer Warteschlange für humanitäre Hilfe.
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