Haben Sie die versteinerten Gesichter der obersten Militärs der USA gesehen, als Pentagon-Chef Pete Hegseth Ihnen predigte, dass Antidiskriminierungsregeln wokes Teufelszeug seien und der Präsident sie zum Krieg gegen den Feind von weiterlesen...

Journalist und Historiker
Die USA verschärfen Drohgebärden in Richtung Lateinamerika. In der Karibik zieht das Pentagon Kriegsschiffe zusammen. Man lässt die Region wissen, dass auch ein Atom-U-Boot Teil des Aufmarsches ist. 4500 Seeleute und Soldaten sind mobilisiert. Angeblich geht es darum Drogenschmugglern die Transportwege zu sperren. Aber es wird auch geschossen. In internationalen Gewässern wurden auf Geheiß von US-Präsident Donald Trumps zwei Transportschiffe bombardiert, die Drogen an Bord gehabt haben sollen. Überprüfen kann man das nicht mehr. Die Schiffe wurden versenkt, elf Seeleute wurden getötet, berichtete stolz der Präsident. Als die amerikanischen Kriegsschiffe aufgetaucht sind, waren die Schiffe dabei umzudrehen, war später zu erfahren.
Bisher war es üblich, dass verdächtige Frachter in einen US-Hafen eskortiert werden. Die Mannschaft konnte vor Gericht gestellt werden. Die Bombardierung von zivilen Frachtschiffen, egal welche Ladung man vermutet, widerspricht den Regeln des internationalen Seerechts. Kolumbiens Präsident Gustavo Petro verlangte vor der UNO-Vollversammlung rechtliche Konsequenzen.
Juristische Vorarbeit hat das State Department durch die Bezeichnung von Drogenkartellen als „ausländische Terrororganisationen“ geleistet. Gegen Terroristen erlaubt das Rechtssystem militärische Gewalt, die sonst schwieriger zu begründen ist. Zu den Narkoterroristen wird ein sogenanntes Cartel de Los Soles gezählt, das nach amerikanischer Darstellung zu den Streitkräften Venezuelas gehört. Chef des Kartells soll laut US-Außenministerium niemand anderer als Staatschef Nicolas Maduro sein. Maduro hält sich im Amt, indem er im großen Stil Wahlen fälscht. Die USA erklären ihn jetzt zum Drogenzar. Sie setzen ein Kopfgeld von 50 Millionen Dollar auf den autoritären Linkspopulisten. In Caracas herrscht laut USA eine terroristische Organisation.
Federführend für diesen Kurs ist in den USA Außenminister Marco Rubio, ein Sohn von Exilkubanern in Florida. Die Regierungen in Nikaragua, Kuba und Venezuela hält er für illegitim. Kein Wunder, dass die nervöse Führung in Caracas vor einer amerikanischen Invasion warnt. Für einen Einmarsch reichen die US-Kriegsschiffe in der Karibik nicht aus. Marco Rubio würde wohl einen proamerikanischen Coup bevorzugen.
In Brasilien ist am 8.1.2023 ein Umsturzversuch Rechtsradikaler gescheitert. Luiz Inacio Lula da Silva, der linke Wahlsieger, sollte ermordet werden. Wie beim Sturm auf das Kapitol in Washington DC 2021 sollte ein demokratischer Machtwechsel gewaltsam verhindert werden. Das Militär spielte nicht mit und Lula blieb Präsident. In einem spektakulären Prozess hat das Höchstgericht in Brasilia Bolsonaro wegen seiner Beteiligung an dem Aufstandsversuch zu 27 Jahre Gefängnis verurteilt.
Bis 1985 war Brasilien eine Militärdiktatur. Es ist das erste Mal, dass mit Bolsonaro ein Ex-Präsident und Putschist ins Gefängnis muss. Ein historisches Ereignis und ein Triumph der demokratischen Institutionen, auch wenn die brasilianische Justiz sonst so manches zu wünschen übrig lässt. Auf der Seite derer, die auf ein Comeback der Rechtsextremisten hoffen, stehen nicht nur evangelikale Bolsonaro-Fans, sondern auch die Machthaber in Washington DC. Zur Strafe für den Prozess gegen Bolsonaro hat Donald Trump Brasilien Zölle in der Höhe von 50 Prozent auferlegt. Der oberste Staatsanwalt Brasiliens wird von den USA mit Sanktionen belegt, allfällige Bankkonten beschlagnahmt. Es ist bisher das einzige Mal, dass die USA Zölle direkt als Druckmittel zur Einmischung in die Innenpolitik eines anderen Staates einsetzen.
Die Rechtspopulisten in Brasilien sind mächtig. Bolsonaro versucht aus dem Gefängnis die Fäden zu ziehen. Aber die Hilfe aus Washington DC erweist sich als konterproduktiv. Zum Entsetzen der Rechten steigt die Zustimmung für Lula, seit sich der linke Präsident mit großen Selbstbewusstsein gegen die Einmischung aus dem Norden wehren muss. 2026 stehen brasilianische Präsidentschaftswahlen an. Lula, dann 80, ist als Straßenkind aufgewachsen und wurde Gewerkschaftsführer in der Zeit der Diktatur. Der lateinamerikanische Reflex sich gegen den präpotenten Norden zur Wehr zu setzen, verschafft ihm die Chance auf eine beispiellose vierte Amtszeit.
Vor der UNO-Generalsversammlung hat Lula da Silva die Werte der Solidarität in der Weltpolitik und die Souveränität der Staaten des globale Südens verteidigt. Danach gab es ein Treffen Lula-Trump samt Umarmung. Vielleicht ist es den Mitarbeitern des US-Präsidenten gedämmert, dass man sich mit dem Brasilianer besser nicht direkt anlegt? 39 Sekunden lang hat die Chemie zwischen uns gestimmt, wusste Trump zu berichten.
ZUSATZINFORMATIONEN
US-Interventionen in Lateinamerika
1954 Guatemala – die linke Regierung Arbenz wird mit CIA Unterstützung gestürzt. 1961 Kuba – CIA-Invasion in der Schweinebucht gegen Castros revolutionäres Regime scheitert. 1973 Chile – Militärputsch stürzt den demokratisch gewählten Sozialdemokraten Allende. 1979 Nikaragua – gegen die siegreichen Sandinisten bleiben die proamerikanischen Contras erfolglos. 1989 stürzten die USA durch eine Invasion den damaligen Machthaber Panamas Manuel Noriega