Chinas große Show, Falter 22.9.2025

 Zwischen dem royalen Empfang bei Charles III  in London und seinem Auftritt vor der UNO-Generalversammlung diese Woche  legt  der amerikanische Präsident Donald Trump im Gespräch mit Chinas Xi Jinping den heißen Konflikt um TikTok aufs Eis. Tiktok ist eine App mit Kurzvideos, die bei hunderten Millionen Jugendlichen populär ist. Auf Tiktok wird getanzt, geblödelt und geplaudert. Die harmlose App gilt in den USA jedoch als Gefahr für die nationale Sicherheit, denn sie gehört der riesigen chinesischen Internetfirma ByteDance. Was ByteDance tut hängt letztlich von der Staatsführung in Peking ab, heißt es in den USA.

  Nationalistische Politiker verbreiteten die Behauptung, Tiktok sei eine Operation der Kommunistischen Partei Chinas, um an die Daten von Amerikaner heranzukommen. Ein vom Kongress verabschiedetes Gesetz verhängt die Sperre von TikTok, wenn nicht Amerikaner an die Stelle der chinesischen Eigentümer treten.

 Donald Trump, der früher selbst wilde Zensurdrohungen ausgestoßen hat, ermöglicht jetzt im Rahmen eines großen Deals mit China über Zölle eine Lösung. Die US-Regierung verzichtet auf die Abschaltung der App. TikTok bleibt bestehen, Trump nahe amerikanische Mediengiganten steigen ein, die chinesischen Gründer sollen Minderheitseigentümer werden. Das genaue Prozedere muss noch festgelegt werden.

An der Blockade der amerikanischen Apps Google, Facebook, WhatsApp und Twitter im Reich der Mitte, die China spiegelgleich mit der nationalen Sicherheit begründet, ändert sich nichts. Ein Deal der starken Männer, so lautet die Botschaft, beruht darauf, dass jeder den Claim des anderen anerkennt.

  Europa blickt einmal mehr perplex nach China. Die Volksrepublik hat sich vor Trump nicht in den Staub geworfen sondern beinhart ihre Interessen vertreten. Anders als die unterwürfigen Europäer.

 Vor Staatschefs aus der halben Welt hatte Präsident Xi Jinping Anfang des Monates in der Millionenstadt Tianjin angekündigt, dass man die chaotische Welt in Ordnung bringen werde. Wenig später versammelten sich die engsten Verbündeten zum martialischen Aufmarsch der Volksbefreiungsarmee am Platz des Himmlischen Friedens. Zu den Gästen zählten Russlands Kriegsherr Putin und Nordkoreas Diktator Kim Jongun.

  Den letzten vergleichbaren internationalen Auftrieb rund um Chinas Präsidenten gab es beim G 20-Gipfel in Hangzhou 2016. Emanuel Macron war da und Angela Merkel. Gemeinsam mit Barack Obama drängte Xi Jinping auf effizienten Klimaschutz. Es war eine andere Welt.

 Das Selbstbewusstsein der aufsteigenden Weltmacht war deutlich zu vernehmen. Die Spannungen mit dem Westen unübersehbar. Aber die Hoffnung, dass die Volksrepublik ein kooperativer Partner sein kann, überwog.

 Chinas Unterstützung für Putins Ukrainekrieg hat diesem Optimismus ein Ende bereitet. Der russische Angriff auf das Nachbarland hat die Allianz zwischen Xi und Putin gefestigt. Im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen stimmen Russland und China gemeinsam ab. Unter Donald Trump verstört die amerikanische Supermacht vor allem die eigenen Verbündeten mit wilden Drohungen und exorbitanten Zöllen.

 Das Trump’sche Weltchaos ist ein Geschenk der USA für China. Zur Tagung der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit in Tianjin waren die  Präsidenten des NATO-Landes Türkei, Ägyptens und andere Verbündete des Westens gekommen. Für die chinesische Diplomatie war der wichtigste Coup bei Xi’s großer Party der Besuch des indischen Premiers Narenda Modi. Willkürliche Strafzölle Trumps in der Höhe von 50 Prozent haben den indischen Hindu-Nationalisten ins Lager der Amerikakritiker gedrängt haben. Ein Foto vom lächelnden Trio Xi, Putin und Modi ging den westlichen Diplomaten unter die Haut.

  Dauerhafte Allianzen oder gar eine neue Weltordnung wird Xi Jinping mit so unterschiedlichen Freunden kaum aufbauen. Aber auf der Suche nach Schutz vor dem zerstörerischen Wirken der USA unter Trump ist die Volksrepublik attraktiver geworden.

 Europa hat  bei der Verständigung zwischen Xi Jinping und Donald Trump keine Rolle gespielt. Technologisch sind die Europäer  von den amerikanischen Tech-Riesen abhängig. Sicherheitspolitisch vom Pentagon und den Launen des US-Präsidenten. Ein Schub zur politischen Einheit der Europäischen Union, mit der der alte Kontinent seine Souveränität verteidigen könnte,  ist nicht in Sicht.  EU-Chefdiplomatin Kaja Kallas spricht von einer Allianz der Autokraten rund um China. Es ist ein Bild, das angesichts der faschistoiden Entwicklung in den USA kaum zu halten ist.  Bei den aktuellen Verschiebungen in der Welt spielt China schlicht den stabilen Gegenpart zur Willkür Amerikas  unter Trump.   

ZUSATZINFOS

Tiktok auf rechtem Kurs

In Zukunft sollen Trump-Unterstützer Larry Ellison, Chef des Onlinekonzerns Oracle und der Murdoch Clan des TV-Sender Fox beim Kurzvideodienst, den 170 Millionen Amerikaner benützen, das Sagen haben. TikTok käme so wie Elon Musk’s  X, das frühere Twitter, unter den Einfluss rechtsrechter Finanzgewaltiger