Die dilettantische Supermacht USA, Falter 18.8.2025

 Der amerikanisch-russische Gipfel in Alaska hat  Europa aufgeweckt.  Der  alte Kontinent mobilisieren all seine Kräfte um zu verhindern, dass  die Supermacht Amerika die um ihre Freiheit ringende Ukraine aufgibt. Einen vergleichbaren Schritt, wie die kollektive Begleitung des ukrainischen Präsidenten zum Gegengipfel bei Donald Trump ins Weiße Haus durch die Regierungschefs Deutschland, Frankreichs, Italiens, Großbritanniens und Finnlands hat es noch nie gegeben.  Es ist eine riskante Initiative angesichts einer amerikanischen Führung, die sich dem Revanchisten Putin näher fühlt, als den eigenen Verbündeten.

  Trump nennt  den russischen Präsidenten „Vladimir“. In die USA abgeflogen war der russische Präsident von der sibirischen Region Kolyma, wo er ein Denkmal für die Rote Armee besuchte. In Kolyma lag einst ein gefürchtetes Lager des Archipel Gulag unter Stalin, der von Putin  rehabilitiert wurde. Weder die Zerschlagung der russischen Zivilgesellschaft noch die  Kriegsverbrechen in der Ukraine  kamen in Alaska zur Sprache. Es blieb der TV-Reporterin Rachel V.Scott von ABC-News vorbehalten, die bittere Wirklichkeit anzusprechen:  beim chaotischen Verhandlungsbeginn warf sie Putin die Frage hin, wann er aufhören werde  ukrainische Zivilisten umzubringen.

Auf Putins „next time in Moscow“ fiel Trump keine gute Replik ein. Dass ein amerikanischer Präsident in die Hauptstadt eines Landes fahren könnte, das gerade einen  Aggressionskrieg gegen einen Verbündeten führt,  zeigt, wie Trump die Weltpolitik auf den Kopf stellt. Trump erwies sich in Alaska als lächerliche Figur. Putin agierte als der eigentliche Gastgeber des Treffens in Alaska.

Der auf drei Stunden verkürzte Gipfel war von amerikanischer Seite denkbar schlecht vorbereitet. Steve Witkoff, der als Sondergesandter für Trump in Moskau vorgefühlt hat, hatte geglaubt, dass Russland zu einem Waffenstillstand bereit ist. Der New Yorker Immobilienmogul Witkoff hat null Erfahrung in der internationalen Politik. Gegenüber den Europäer, die wissen wollten, was er ein Moskau eigentlich gehört hat, musste sich Witkoff mehrmals korrigieren. Es ist der Preis einer Weltpolitik, in der die starken Männer glauben auf das Know How ihrer diplomatischen Apparate verzichten zu können.

 Aber Trump ist in der Weltpolitik kein starker Mann.  Mit der Hardware des mächtigsten Staates der Welt gibt er gerne an. Auf dem Militärstützpunkt in Anchorage ließ er Kampflugzeuge aufsteigen. Die Software der Supermacht  ist unter seiner Führung jedoch abhanden gekommen.   Auf die neue Situation muss sich die Welt einstellen.   Unter Trump moderieren die  USA, besonders, wenn sich daraus eine Show machen lässt. Der mühsame Weg zu Konfliktlösungen  ist Amerika nicht wichtig.

  Als Trump in seiner ersten Amtszeit Nordkoreas Diktator Kim Jong-un traf, da war das Ereignis  ein Zeichen der Entspannung. Die Vernichtungsfantasien, dass die USA das Land in ein großes Hiroshima verwandeln würden, wenn Nordkorea nicht auf seine Atomraketen verzichtet, blieben von nun an aus. Obwohl die nordkoreanischen Atomwaffen nicht verschwunden sind.  Auf  Verhandlungen für eine friedliche Zukunft der koreanischen Halbinsel hat sich Trump nicht eingelassen. Immerhin, ein Element der Hochspannung in der internationalen Politik war beseitigt.

Schlecht ging Trumps Umgang mit Afghanistan aus. Monatelang wurden mit den Vertretern der Islamisten   Geheimverhandlungen geführt. Joe Biden hielt an der  verheerenden Kapitulation fest und führte die USA dank Trumps in ein außenpolitisches Desaster. Seit vier Jahren regieren in Kabul wieder die Taliban. Das Gespenst eines afghanischen Zusammenbruchs, weil die USA ihre Unterstützung zurückziehen, schwebt unausgesprochen auch über der Ukraine.

  Wolodymyr Selenskyj, der unermüdliche ukrainische Präsident, versucht das Beste aus der verzweifelten Situation seines Landes zu machen.  Entscheidend sind westliche Sicherheitsgarantien für den Fall eines Waffenstillstands. Mehrere europäische Staaten sind bereit an einer zukünftigen Demarkationslinie Friedenstruppen zu stationieren. Putin war bisher strikt dagegen. Sollte Amerika zu ernsthaften Sicherheitsgarantien bereit sein,  wäre das eine positive Wendung in einer schlimmen Situation.

  Trumps großspuriger Dilettantismus in der Weltpolitik verstört Verbündete und erfreut Konkurrenten. Den Europäern sollte klarer denn je sein, dass es zur sicherheitspolitischen Autonomie keine sinnvollen Alternativen gibt. Ob es gelingt, der Ukraine in ihrem Überlebenskampf bei zu stehen,  wird zeigen, wie sich der alte Kontinent in der neuen Weltlage zurechtfindet.

ZUSATZINFOS

Gipfelgeschichten

1961 trafen sich Nikita Chruschtschow und John F.Kennedy in Wien. Ergebnis gab es keines. Kennedy glaubte vom sowjetischen Parteichef überrollt worden zu sein, der ein Jahr später die Kubakrise anzettelte. 1986 beendeten US-Präsident Ronald Reagan und Michael Gorbatschow in Reykjavik den Kalten Krieg. Reagan war durch die vielen  Spickzettel verwirrt. Seither verlieren russisch-amerikanische Treffen an Bedeutung.