Panzer und Flugzeuge für die Ukraine, 1.2.2023

Die Hoffnung auf eine politische Lösung des Kampfes um die Ukraine ist geschwunden. Deutschland und die USA haben beschlossen Kiew mit Kampfpanzern auszurüsten. Das Pentagon überlegt auch Kampfflugzeuge bereit zu stellen. Der Westen stellt sich darauf ein,  dass Russland seinen Feldzug fortsetzen wird. Die Ukraine soll überleben. Vladimir Putin will  das in den demokratischen Revolutionen von 1989 verlorene Imperium zurück erobern.  Die Versuche aus Berlin und Paris dem russischen Präsidenten Verhandlungen über ein Nachkriegseuropa anzubieten, in dem die Russische Föderation und eine freie Ukraine ihren Platz haben, wenn er von seiner Aggression ablässt, sind gescheitert. Der Ukrainekrieg wird wahrscheinlich noch Jahre dauern.

  Hat Scholz Deutschland durch sein grünes Licht für die Lieferung von Leopard Kampfpanzern aus deutscher Produktion zur Kriegspartei gemacht? Völkerrechtlich vielleicht nicht, wie der Kanzler versichert. Militärisch wäre der Verteidigungskampf der Ukraine ohne den Nachschub an Munition und neuen Waffen nicht zu führen. Der deutschen Außenministerin Baerbock ist in einer hitzigen Debatte im Europarat ausgerutscht, dass „wir“ einen Krieg gegen Russland führen. Undiplomatisch, aber nicht falsch.

 Phillip Eder, der oberste Militärstratege des österreichischen Bundesheeres,  sieht in der viel diskutierten Leopard-Entscheidung einen weiteren Puzzle beim Aufbau von Systemen verbundener Waffen, in denen Artillerie, Panzer und Flugabwehr interagieren. Russland führt seine Angriffe mit Raketen und Drohnen von Flugzeugen außerhalb des ukrainischen Luftraums durch.  Dass die ukrainische Führung jetzt auch Kampfflugzeuge fordert, entspricht der militärischen Logik, sagt Eder.

   Geopolitisch hat der Ukrainekrieg ein Comeback der USA in der europäischen Sicherheitspolitik gebracht. Olaf Scholz wollte das grüne Licht für die Lieferung von Kampfpanzern nur geben, wenn auch Joe Biden mitmacht.

 Ohne die USA wäre Europa im letzten Jahr  zerfallen, diagnostiziert der EU-Experte Stefan Lehne. Der  offene Bruch zwischen den vorsichtigen Westeuropäern und den antirussischen Polen oder Balten konnte vermieden werden. Wir erleben die Wiedergeburt Europas als amerikanisches Protektorat, ironisiert Lehne. In der Frontstellung mit einem revanchistischen Russland wäre die Alternative die Kapitulation vor Putin gewesen.

  Der Kreml stellt die russische Gesellschaft auf eine lange kriegerische Auseinandersetzung ein, beobachtet in Moskau der Kreml-kritische Journalist Alexej Kolesnikov. Die Stimmung im Land ist angespannt  düster, sagt Kolesnikov im Falter Podcast. Etwa zwanzig Prozent lehnen den Krieg ab. Hinter Putin steht ein Mehrheit der Bürger, die  reflexartig den Kreml unterstützen, so der russische Journalist. Es gibt aber  auch aggressive Stimmen, die einen noch grausameren Krieg fordern, sozusagen einen totalen Krieg. Das schlimme ist, viele Menschen unterstützen den Krieg als Krieg, ohne Rücksicht auf die Opfer.

  Alexander van der Bellen hat in der Antrittsrede zu seiner zweiten Amtszeit die europäische Solidarität gegen Putins Angriffskrieg eingemahnt. Bei den großen Umwälzungen, die Europa erlebt, können wir mitbestimmen, wenn wir uns rechtzeitig darum kümmern, verlangt der Bundespräsident. Andernfalls würden andere über uns bestimmen.

  In den deutschen Debatten über den Leopard-Panzer in Europa ist unvermutet auch die Alpenrepublik aufgetaucht. Tatsächlich: das Bundesheer betreibt 52 deutsche Kampfpanzer. Sie machen den Kern der Panzer-Streitmacht des Heeres aus. Dass die Republik der Ukraine das Kriegsgerät zur Verfügung stellt, wie das Polen, Finnland und die Niederlande  tun, wird von niemandem verlangt. Aber es gibt andere Möglichkeiten.

 Auf seinen Leopard 2 bildet das Bundesheer seit Jahren Soldaten für die ungarischen Nachbarn aus. Das NATO-Land Ungarn wird die populären Kriegsgeräte demnächst anschaffen.  Ob das Bundesheer nicht auch der Ukraine eine Ausbildung auf heimischem Kriegsgerät ermöglichen sollte, wenn die Sicherheit Europas, auch Österreichs, davon abhängt, dass die russische Aggression gestoppt wird?  Das Know How ist vorhanden, sagt Bundesheer-Stratege  Phillip Eder, das belegt das Trainingsprogramm für die Ungarn. Alles weitere wäre eine politische Entscheidung.

  Unmöglich wegen unserer Neutralität nach Schweizer Vorbild? So sicher ist das nicht. Die Schweiz diskutiert zur Zeit die Lieferung von Munition aus Schweizer Produktion für deutsche Flugabwehrpanzer des Typs Gepard, die in der Ukraine im Einsatz sind. Die zuständige Kommission des Nationalrates in Bern spricht sich dafür aus der Ukraine für ihren Verteidigungskrieg die Schweizer Munition zu liefern. Österreich steht eine Debatte um die Sicherheitspolitik in der neuen Situation noch bevor.

ZUSATZINFORMATIONEN

Schweizer Munition für die Ukraine?

Die Sicherheitspolitische Kommission des Schweizer Parlaments will das  Verbot der Weitergabe von Munition und Waffen an kriegsführende Staaten wie der Ukraine aufheben. Wenn  die Vereinten Nationen mit Zweidrittelmehrheit festgestellt haben, dass die kriegerische Handlung eines Landes das Gewaltverbot verletzt hat, soll die Ausfuhr von Schweizer Rüstungsgütern für die Verteidiger wie die Ukraine erlaubt sein. Der Vorschlag ist umstritten.

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