Rafreider Roman (ORF)
<Unverständlich> Raimund Löw in Kathmandu angekommen, am einzigen Flughafen
den es dort gibt. Dort wo Tausende verzweifelt versuchen weg zu kommen, aus
Angst vor neuen Beben. Raimund Löw, können Sie uns schildern, wie die
Situation am Flughafen ist?
Löw Raimund (ORF)
Man sieht am Flughafen ganz deutlich, wie massiv jetzt die internationale
Hilfe im Anlaufen ist. Wir sind mit einer Maschine aus China gekommen, aus
Kanton / Guangzhou. Da war ein Erdbeben-Team aus Taiwan mit dabei. Am
Flughafen selbst überall aus den verschiedenen Ländern die Teams mit Hunden
aus Kanada, aus Israel. Die Israelis sind hier sehr stark vertreten und das
ist doch ein Zeichen dafür, dass hier international wahrgenommen wird, wie
schlimm die Situation hier ist und wie groß die Schwierigkeiten des Landes
sind, damit umzugehen.
Rafreider Roman (ORF)
Sie sind vor zirka vier Stunden, knapp vier Stunden, angekommen – konnten
sich auch schon ein bisschen ein Bild machen, in der völlig zerstörten
Stadt. Was haben Sie da gesehen, erlebt?
Löw Raimund (ORF)
Kathmandu ist nicht total zerstört. Was zerstört sind, das sind viele alte
Gebäude die große Symbolkraft haben. Man muss sich das vorstellen: Das ist
so, als wenn in Österreich der Stephansturm zusammengebrochen wäre. So
fühlen das die Menschen hier und es ist eine unglaubliche Verzweiflung in
den Gesichtern. Aber die Stadt selbst ist nicht eine zerstörte Stadt. Es
ist heute wieder Strom gekommen, es sind auch Geschäfte teilweise wieder
offen. Und der Premierminister appelliert im Fernsehen: Bitte, versuchen
wir doch ein normales Leben wieder langsam einzuführen. Aber es gibt
riesige Probleme: Es gibt keine Müllentsorgung, man fürchtet, dass die
Wasserversorgung bald zu Ende sein wird und die Suche nach Verschütteten
geht natürlich nach wie vor weiter.
Rafreider Roman (ORF)
Das heißt, die 72 Stunden, die Berühmten – heißt es immer nach den
Katastrophen. Dieses Zeitfenster in denen man noch große Hoffnung hat
Überlebende zu finden, die ist ja abgelaufen schon länger, aber es wird
noch weiter gesucht?
Löw Raimund (ORF)
Uns hat ein kanadischer Erdbebenexperte – die Kanadier sind mit uns de facto
gleichzeitig angekommen, gesagt: Man kann schon noch hoffen, dass es bis zu
zehn Tage dazu kommt, dass man Überlebende findet. Vor allem dort, wo
bisher schweres Gerät nicht hingekommen ist. Wenn man es schafft, dort mit
Gerät hinzukommen, mit Hunden hinzukommen, dann ist die Chance noch da.
Aber natürlich, sie wird mit jedem Tag geringer. Das Problem ist, dass in
Kathmandu die Gebiete wo die Häuser, die Gebäude die zusammengestürzt sind,
da wird gearbeitet. Aber draußen, außerhalb der Stadt – was dort wirklich
passiert ist, das weiß nicht einmal die Regierung.
Rafreider Roman (ORF)
Noch ganz kurz: Sie haben es gesagt, jetzt kommt ja die internationale Hilfe
an. Mal am Flughafen. Die ist ja auch seit Tagen schon voll angelaufen,
aber kommt die dann auch bei den betroffenen Menschen an? Die meisten
Dörfer, viele Ortschaften sind ja von der Außenwelt abgeschnitten, die
Straßen gibt es gar nicht mehr mit denen man sozusagen zu den Menschen
konnte. Wie läuft das?
Löw Raimund (ORF)
Das ist eines der ärmsten Länder der Welt. Die Menschen gehören zu den
ärmsten und aber auch nettesten, freundlichsten Menschen und wir sind hier
angekommen mit vielen anderen internationalen Crews, auch Fernsehteams und
niemand verliert ein unfreundliches Wort. Alle sind hilfsbereit. Aber das
ist ein Land in dem hat es auch vor dem Erdbeben keine wirklich
funktionierende Infrastruktur gegeben. Es gibt eine Bahnlinie, es gibt eine
einzige Autobahn. Ein großer Teil der Transporte, die gemacht werden in
normalen Zeiten, läuft zu Fuß. Mit Trägern wird alles zu Fuß transportiert.
Das sind natürlich Bedingungen, die es wahnsinnig schwer machen, überhaupt
wo hin zu kommen, mit schwerem Gerät um zusammengestürzte Häuser zu
versuchen dort aufzuräumen. Zu versuchen, jemanden noch zu retten. Diese
Hilfe kommt sicherlich nicht an, wo sie ankommen müsste, weil die Mittel
fehlen, weil der Staat, die Regierung dazu nicht fähig ist und weil
natürlich auch die internationale Hilfe nicht so massiv sein kann, dass was
ein Land in normalen Zeiten nicht schafft, jetzt in einer solchen
Krisenzeit zu schaffen. Alle fürchten sich, wenn man in die Täler kommt,
außerhalb von Kathmandu, dass man dann vielleicht sehen wird ganze Dörfer,
vielleicht ganze Kleinstädte sind viel zerstörter, als das bei Kathmandu
selbst der Fall ist.