Chinas Milliardäre im Visier staatlicher Ermittler, MoJ, 17.6.2017

 

In China rollt unvermindert die Antikorruptionskampagne von Staatspräsident Xi Jinping. Nach hohen Parteifunktionären, Militärs und führenden Geheimdienstfunktionären kommt immer mehr die Hochfinanz ins Visier der Ermittler. Diese Woche ist der Chef des größten Versicherungskonzerns Chinas verhaftet worden. Multimillionär mit Verbindungen in die höchsten Regierungskreise sowohl in Peking als auch in Washington.   Wu Xiaoping hat bis Anfang der Woche den chinesischen Versicherungsriesen Anbang geleitet, der auch auf dem internationalen Parkett  markante Spuren hinterlassen hat. Für zwei Milliarden Dollat hat  Anbang vor drei Jahren das berühmteste Hotel Amerikas gekauft, das Waldorf Astoria in Manhattan. Noch vor kurzem verhandelte Wu mit dem Schwiegersohn von Präsident Trump, David Kushner, über den Einstieg in ein Wolkenkratzerprojekt, für das der Immobilienhändler Kushner dringend Investoren sucht.

Aber Anfang der Woche ließ Anbang die Geschäftswelt wissen, dass der Generaldirektor nicht mehr in der Lage ist, seine Funktion auszuüben. Ein Onlinemagazin meldet, der Finanzstar ist festgenommen worden. Immer mehr Banken stellen den Verkauf der bisher so beliebten Lebensversicherungen von Anbang ein.

Was genau dem Versicherungsriesen vorgeworfen wird, ist nicht bekannt. Ein aufmüpfiges Wirtschaftsmagazin wirft Anbang seit langem hochspekulative Geschäfte vor. Die scheinbare Allmacht des Versicherungsriesen sei vor allem  auf die hervorragende politische Beziehungen des obersten Chefs zurückzuführen.

Der jetzt offensichtlich gestürzte Versicherungsmilliardär Wu ist nämlich mit einer Enkelin des großen Reformers Deng Xiaoping verheiratet. Er gehört zu den sogenannten Princelings in Chinas oberster Elite, das sind die Nachfahren von Revolutionären der ersten Stunde. Auch Präsident Xi wird gerne zu diesen Princelings gezählt.

Aber nach dem Börsenkrach vor zwei Jahren, der von der Zentralregierung gerade noch aufgefangen werden konnte, geht die Regierung  immer härter gegen einige Superreiche in China vor. Gegen Chefs und Vizechefs der Bankenaufsicht, der Versicherungsaufsicht und der Börsenaufsicht, insgesamt 40 Personen wird ermittelt. Ein anderer Milliardär ist in einer Nacht und Nebelaktion zu Jahresbeginn aus einem Luxushotel in Hongkong auf das Festland gebracht worden. Der Mann ist nach wie vor verschwunden. Er soll mit seinen Aussagen andere Vertreter der neureichen Finanzoligarchie schwer belasten, wird in der Presse in Hongkong spekuliert. Bestätigen kann diese Angaben niemand, die Ermittlungen verlaufen fern von der Öffentlichkeit.

Immerhin: ins Rollen gebracht hat die Untersuchungen gegen den Versicherungsriesen Anbang  das Wirtschaftsmagazin Caixin, mit seinen Recherchen. Ciaxin gehört zu den wenigen nicht völlig gleichgeschalteten Medien in Peking. Aber Konzerchef Wu muss sich wohl auch mit seinen politischen Unterstützern überworfen haben. Anders ist sein spektakulärer Sturz aus dem chinesischen Finanzhimmel schwer zu erklären.

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