Haben Sie die versteinerten Gesichter der obersten Militärs der USA gesehen, als Pentagon-Chef Pete Hegseth Ihnen predigte, dass Antidiskriminierungsregeln wokes Teufelszeug seien und der Präsident sie zum Krieg gegen den Feind von weiterlesen...
 
					
				Journalist und Historiker
Wie sinnvoll  internationale Megakonferenzen sind, ist umstritten. Tausende Delegierte, die, begleitet von hehren Versprechen der Staatsführer,  um Einzelinteressen streiten, symbolisieren  den traurigen Zustand unseres Planeten.  Bei der Kopenhagener Klimakonferenz 2009 besetzten  Umweltschützer stundenlang das Verhandlungsgebäude. In Paris sind Demonstrationen nach den Mordanschlägen  und den kriegerischen Verwicklungen in Syrien verboten. Das Chaos des internationalen Staatensystems war schon lange nicht so bedrohlich. Trotzdem sind die Chancen gut, dass es diesmal im Kampf gegen den Klimawandel zu einem wichtigen Schritt nach vorne kommt.
  Eine umfassende Vereinbarung, wie einst beim Vertrag von Kyoto, wird es nicht geben. Im Zentrum steht die Idee der Selbstverpflichtung.  Sie ist der einzige Weg  die Treibhausgase zu reduzieren, solange  alles, was nach Weltregierung aussieht, von den entscheidenden Staaten  abgelehnt wird.
  Das Kyoto-Protokoll der ersten Weltklimakonferenz 1997 ist von Al Gore initiiert worden, dem ökologisch engagierten US-Vizepräsidenten.  Die Widerstände im Kongress gegen internationale Vorgaben für die Wirtschaft waren  so stark, dass Bill Clinton gar nicht versuchte,  den Text dem Senat zur Ratifikation zu präsentieren. Die Ablehnung bei den Republikanern hat seither noch zugenommen.
  Trotzdem betreibt Barack Obama aktive Klimapolitik. Viel stärker als seine Vorgänger setzt er die Macht des Präsidentenamtes ein, um Umweltregeln durchzusetzen.  63 Prozent der Amerikaner sind auf seiner Seite, trotz der  Propaganda rechter Medien für die obskuren Thesen jener, die den Klimawandel leugnen. In der Debatte um Umweltschutz in den USA spielen die ökologischen Eigeninteressen die entscheidende Rolle.
  Ganz ähnlich verläuft der Meinungsbildungsprozess in China, das durch den wirtschaftlichen Aufschwung und die  riesige Bevölkerung zum größten Emittenten von Treibhausgas geworden ist. Pro Kopf der Bevölkerung liegt der chinesische Co2-Ausstoß allerdings noch immer weit unter jenem der USA oder der EU. Noch in Kopenhagen hatte sich Peking  gegen internationale Klimaziele ausgesprochen. Die katastrophale Umweltsituation ist seither zur größten Sorge der Mittelschicht geworden, auf deren Unterstützung die KP- Führung  setzt.  Umweltdesaster sind der häufigste Anlass für Proteste.  Als Klimabremser will Peking auch aus innenpolitischen Gründen nicht mehr dastehen.
Ein Deal mit Barack Obama  machte den Kurswechsel möglich: Chinas Präsident Xi Jinping konnte sich in Paris als Vorkämpfer gegen die  Erderwärmung präsentieren. Die chinesischen Ziele sind  vage. Spätestens 2030 soll der CO2-Ausstoß nicht mehr zunehmen. Konkrete  Obergrenze  gibt es keine. Immerhin sollen die Emissionen im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung  um bis zu 65 Prozent sinken.
  Wie dringend China selbst eine ökologisch verträgliche Energiepolitik braucht, unterstrich der  Smogalarm in Peking ausgerechnet am Tag von Xi Jinpings Auftritt in Paris. Die Feinstaubwerte in der  Hauptstadt überstiegen die internationale Obergrenze mehr als 30 Mal. In Europa hat es  so schlechte Luftwerte das letzte Mal 1952 in London gegeben. Die Gründe für den Smog und die Treibhausgase sind ähnlich:  veralteten Kohlekraftwerke produzieren den Löwenanteil der Energie. Inzwischen werden  Milliarden in erneuerbare Energie investiert, zu der China Photovoltaik, Windparks aber auch Atomkraftwerke zählt.
 Die Zeiten sind vorbei, in denen  Klimaziele in Peking als Verschwörung der reichen Länder  gesehen wurden.
  Der Bremser in Paris ist  Indien, das wirtschaftlich nachhinkt.  Narenda Modi, der  nationalistische Regierungschef, wehrt sich  gegen einen Mechanismus, durch den die nationalen Ziele alle fünf Jahre  verglichen werden sollen. Dass die Smogwerte in  New Delhi noch um ein Drittel schlechter sind, als in Peking, ist international kaum eine Schlagzeile wert. Der rechten Regierung Indiens war es ausnahmsweise ganz recht, weniger im Rampenlicht zu stehen, als der Nachbar China.
  Ein Mechanismus der Selbstverpflichtungen hat viele Schwächen. Ein Republikaner als Präsident  in Washington oder ein Vormarsch der Kohlelobby in Peking  bei einem wirtschaftlichen Abschwung könnte alle Zusagen zu Nichte machen. Aber  internationale Zusammenarbeit muss es trotz des weltweiten Trends zur nationalstaatlichen Einigelung geben,  wenn die Erderwärmung unter Kontrolle gebracht werden soll. Der Klimadeal in Paris, wird  nicht perfekt aber trotzdem unverzichtbar sein.