Verfassungsstreit in Thailand, MiJ, 2.3.2016

Bald zwei Jahre regiert in Thailand das Militär. Der Putsch ist  damals von vielen begrüßt worden, haben die Generäle doch die Ruhe wieder hergestellt, nach Wochen der Straßenkämpfe zwischen konservativen Gelbhemden und den eher linken Rothemden. Aber je länger die Militärs an der Macht sind, desto lauter werden die Rufe nach einer Rückkehr zur Demokratie. Ein  Verfassungsentwurf für die nächste zivile Regierung wird von Kritikern als autoritäre Verirrung für Thailand abgelehnt.

Eigentlich haben die Militärs freie Wahlen versprochen, wenn im Land wieder Stabilität eingekehrt ist, nach den blutigen Auseinandersetzungen verfeindeter Gruppen vor zwei Jahren.  Versammlungen von mehr als 5 Personen sind untersagt in Thailand und politische Aktivitäten dürfen die Parteien  keine setzen.

Es ist das erste Mal in  Thailand, dass politische Freiheiten derart massiv eingeschränkt sind, sagt der Politikwissenschaftler Likhit  Dheravegin in Bangkok.  Man darf nicht einmal in einer Gruppe einen Sandwich verzehren, weil das als Protest interpretiert werden könnte.

Allerdings: massenweise Verhaftungen, wie nach der Machtübernahme durch die Militärs in anderen Ländern, hat es in Thailand keine gegeben.

Die letzte demokratisch gewählte Regierungschefin Yinluck Shinawatra steht unter der Beschuldigung der Misswirtschaft vor Gericht.  An ein faires Verfahren glaubt kaum jemand.

Ich werde mein Bestes tun alle Fragen zu beantworten, sagt die gestürzte Premierministerin bei Prozessbeginn,

hoffentlich wird sich das Gericht an die Fakten halten.

Die Behörden werfen der früheren Regierung  die Verschwendung von Steuergeldern für Subventionen an die Reisbauern vor. Ein fünfjähriges Politikverbot haben die Militärs über Frau Yinluck Shinawatra verhängt.

Ein von den Streitkräften eingesetztes Verfassungskomitee hat jetzt den Entwurf für ein neues Grundgesetz vorgelegt. General Prayut, der Premierminister, will im Sommer eine Volksabstimmung über das neuen Grundgesetz  abhalten. 2017 soll in Thailand dann ein neues Parlament gewählt werden. Der Vorsitzende des Verfassungskomitee macht große Versprechungen:

Thailand hat lange unter Korruption und Machtmissbrauch gelitten, und an fehlender Moral und guter Verwaltung. Diese Probleme wird die neue Verfassung beheben, verspricht Verfassungskomitee-Vorsitzender Meechai Ruchupan.

Aber in der Öffentlichkeit hagelt es Kritik. Der Verfassungsentwurf sei undemokratisch und lasse dem Militär viel zu viel Macht, lauten die Einwände. Es ist die erste breitere politische Diskussion seit dem Militärputsch von 2014.

Wahlen auf der Grundlage dieser Verfassung werden bedeutungslos sein, sagt der ehemalige Minister Chaturon Chaisaeng.

Sogar wenn eine Partei einen  Erdrutschsieg einfährt, kann sie nach den geplanten Regeln  in der Minderheit bleiben. Jede  Regierung wird eine sehr schwache Position haben.

Der Puea Thai Partei des Ex-Ministers Chaturon Chaisaeng werden bei freien Wahlen gute Chancen eingeräumt. Ob die Partei überhaupt kandidieren wird, wenn es so weit ist, ist offen.

Wenn diese Verfassung auf dem Weg einer Volksabstimmung Gültigkeit bekommt, so der Oppositionspolitiker,  dann wird Thailand auf noch mehr gesellschaftliche Konflikte und Instabilität zu gehen.

Der Westen hat seine Beziehungen zur Militärjunta reduziert, aus Protest gegen die Einschränkung der Freiheiten im Land.  China ist  zum wichtigsten außenpolitischen Verbündeten der Militärjunta geworden.

Chinesische Dissidenten schicken die Behörden  zurück, auf Zuruf aus Peking.   China hält sich mit Kritik zurück, analysiert der Politikwissenchaftler Likhit Dheravegin,  während Europäer und Amerikaner die   Militärregierung ablehnen, in diesem Sinn nähern wir uns jetzt China an.

Der wachsende chinesische Einfluss ist absolut negativ, urteilt der Sozialkritiker Sulak Sivalaksa. Der Mekong wird mit Dämmen verbaut und unsere Bauern können nicht einmal mehr Zwiebel und Linsen verkaufen, alles kommt aus China. Wir dürfen  nicht einmal den Dalai Lama einladen, obwohl Thailand ein buddhistisches Königreich ist und der Dalai Lama doch nur ein buddhistischer Mönch ist, so der Regimekritiker Sulak Sivalaksa.

Ökonomisch ist Chinas Einfluss ein zweischneidiges Schwert. Die meisten  Touristen in Thailand kommen  aus China, sie sind eine wichtige Einnahmequelle. Aber in China ist der Wirtschaftsboom vorbei. Das langsame Wachstum im Reich der Mitte drückt auch auf die Stimmung in Südostasien. Thailand ist zwar das wirtschaftlich am besten entwickelte Land der Region, kämpft aber jetzt mit einem verlangsamten  Wachstum. Für Thailand ist das schwer zu akzeptieren, sagt die Ökonin Panida Pananond in Bangkok.

Andere Länder in der Region sind wettbewerbsfähiger geworden.

Diese Kombination von Schwierigkeiten der Weltwirtschaft, dem langsameren Wachstum in China und unseren hausgemachten Problemen ist ein perfekter Sturm für Thailand. Wir stehen vor einigen schwierigen Jahren, so die Ökonomin Panida Pananond in Bangkok.

Zu den wirtschaftlichen und politischen Krisen dazu kommt das Ende der Regentschaft König Bhumibols, der in den letzten Jahrzehnten immer ein Faktor der Stabilität war. Der 88jährige Monarch ist schwer krank. Viele Thai fürchten auf Grund von Intrigen  am Hof  eine  schwierige Thronfolge. Im Kommandoton, wie sich die Militärs das vorstellen, wird Thailand die Hürden der nächsten Jahre kaum meistern.