Für die ÖVP geht dieser Tage einiges schief. Den FALTER.morgen, den ich in der Früh gelesen habe, erinnert die Vorwärtsverteidigung von Finanzminister Blümel treffsicher an die legendären „Lump-Hump-Dump“– Aussagen eines FPÖ-Mannes früherer Zeiten. Dann lieferte Presse-Chefredakteur Rainer Nowak einen Hinweis auf Größeres, mit der Information, dass „offenbar auch eine Hausdurchsuchung bei Kanzler Sebastian Kurz“ im Raum gestanden sei. Im Standard fragte Hans Rauscher, wann der Skandal-Cluster um Kurz die kritische Größe erreicht, die zum Kollaps führt.
Diese Überlegungen sind alle berechtigt. Türkis hat eine Personalisierung um die Führungsfigur des Kanzlers geschaffen, durch die Fehlentwicklungen rasch bis an die oberste Spitze durchschlagen. Krisen zeigen Stärken und Schwächen eines politischen Projekts.
Sebastian Kurz hat aus der biederen Bürgerpartei ÖVP eine populistische Konkurrenz zur FPÖ gemacht. Mit Anti-Ausländer-Parolen und Härte gegenüber Flüchtlingsfamilien. Das funktionierte, solange der Rechtspopulismus generell im Aufwind war. Jetzt neigt sich die Zeit der rechtsrechten Triumphe dem Ende zu. Die Pandemie treiben Extremisten ins Lager der Corona-Leugner und damit ins Out.
Beispiel Italien: Das Kabinett Draghi, eine technokratisch aufgeputzte Allparteienregierung, signalisiert ein Comeback der Eliten. Nur der extremste Flügel der Rechtsextremen bleibt draußen. Draghi soll Italien retten, so wie er einst den Euro gerettet hat. Als EZB-Chef brachte er 2012 die widerspenstige Deutsche Bundesbank dazu, bei der Eurorettung mitzumachen. 2021 zieht er in Rom Salvinis rechte Lega und Beppe Grillos linksalternative Fünf Sterne an Bord eines proeuropäischen Kabinetts. Mit der Stabilisierung Italiens stabilisiert sich auch Europa.
Beispiel USA: Donald Trump, noch vor wenigen Wochen der mächtigste rechtsextreme Populist der Welt, ist am Ende. Dass im Senat die für eine Verurteilung nötige qualifizierte Mehrheit nicht erreicht wurde, darf den Blick für das Wesentliche nicht verstellen. Die „Stop the Steal“-Parolen des Ex-Präsidenten sind vom republikanischen Minderheitsführer McConnell, der zu feig war, für das Impeachment zu stimmen, selbst demoliert worden. Die Republikaner werden sich von Trump befreien müssen, egal was der Ex-Präsident vom Exil in Florida aus noch versucht. Oder sie riskieren die Spaltung.
Die Beweisführung der Demokraten, dass Trump systematisch auf die faschistoide Revolte des 6. Jänner hingearbeitet hat, war brillant. Die Videos der Ankläger verschlagen einem den Atem. Das zweite Impeachment zieht einen vorläufigen Schlussstrich unter die populistische Destabilisierung der amerikanischen Demokratie.
Ob die Schrecken der drohenden populistischen Machtübernahmen das Establishment gescheiter machen? Übertriebener Optimismus ist nicht angebracht. Aber nach dem Ende des Trumpismus im Weißen Haus, der Läuterung der italienischen Populisten und der Befreiung Österreichs von Strache, besteht Spielraum für neue Anläufe. In der heimischen Innenpolitik wäre die ÖVP gut beraten, die Grünen als innovative Kraft nicht leichtfertig aus der Regierung zu drängen. Wenn eine Regierungspartei, die sich allmächtig glaubt, Federn lassen muss, dann steigen die Chancen zur Selbstkorrektur, hofft ihr
Ihr Raimund Löw
Gute Nachricht aus den USA: Die Biden-Administration wird Zehntausende in Mexiko gestrandete Flüchtlinge ins Land lassen und ihnen ein faires Asylverfahren ermöglichen. Europa sollte sich den Kurswechsel zu Herzen nehmen und die auf dem Balkan oder auf den griechischen Inseln gestrandete Menschen aufnehmen.
Schlechte Nachricht aus den USA: Das US-Justizministerium beharrt auf der Auslieferung Julian Assanges und geht gegen den ablehnenden Bescheid einer britischen Richterin in die Berufung. Menschenrechtsorganisationen hatten gemeinsam an Joe Biden appelliert, auf die Auslieferung zu verzichten. Die amerikanische Justiz behauptet, dass Assange Methoden des investigativen Journalismus Spionage gleichkomme. Die US-Regierung gefährdet mit dieser Argumentation die Pressefreiheit.
Macht euch die Erde untertan? Der Historiker Philipp Blom zeigt, wie die Klimakrise und Corona eine alte Idee zu Fall bringen. Der Mensch ist von nun an gezwungen, sich als Teil der Natur, nicht als Krone der Schöpfung zu verstehen. Dieses spannende Gespräch mit der Journalistin Sonja Kato wurde im Rahmen einer Wiener Vorlesung aufgezeichnet, hören Sie rein!
Am Anfang war ein Mädchen, am Ende eine große politische Revolution. Die ‚Fridays for Future‘-Proteste haben die drohende Klimakatastrophe auf der politischen Agenda weit nach oben gepusht. Mit Corona ist es wieder ruhig um sie geworden. Wird die junge Klimabewegung überleben? FALTER-Redakteur Benedikt Narodoslawsky ist ein Kenner der Bewegung und hat im Vorjahr mit „Inside Fridays for Future“ ein exzellentes Buch über die weltweiten Demonstrationen und den Klimawandel geschrieben. Heute um 19:30 spricht Narodoslawsky mit Klaus Buttinger im virtuellen Kepler-Salon über die Zukunft der Bewegung. Lassen Sie sich das nicht entgehen, hier gehts zum Live-Stream!
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