Die chinesischen Regierungsstellen haben bisher zurückhaltend auf die Äußerung des designierten neuen US-Außenministers reagiert. Da Außenministerium in Peking ließ nur verlauten, man verbiete sich jede Einmischung in Fragen, die die staatliche Souveränität des Landes betreffen. Um vieles heftiger reagieren heute die Zeitungen im Reich der Mitte.
Die Pekinger Global Times schreibt von einer verbalen Bombe, die der designierte Außenminister gegen China gezündet hat. Wenn die USA China tatsächlich den Zugang zu seinen Inseln im Südchinesischen Meer verwehren wollen, dann heißt das Krieg, so die einflussreiche chinesische Zeitung wörtlich. Tillerson wird seine Atomwaffen scharf machen müssen, wenn er eine Nuklearmacht wie China dazu zwingen will, sich von ihrem eigenen Territorium zurückzuziehen, so die Global Times, die als Sprachrohr nationalistischer Hardliner gilt. Über die ganze erste Seite erstreckt sich der Brandartikel gegen die USA und ihre neue Führung.
Das Südchinesische Meer gehört nach Pekinger Lesart seit jeher zu China. Auch Vietnam, die Philippinen und andere Staaten beanspruchen Souveränitätsrechte in dem strategisch wichtigen Meeresgebiet. China baut künstliche Inseln, um seine Ansprüche zu untermauern, genauso wie andere Anrainerstaaten auch. Die USA haben sich bisher darauf beschränkt auf freie Schifffahrt in den ihrer Meinung nach internationalen Gewässern zu pochen. Immer wieder patrouillieren amerikanische Kriegsschiffe. Dass die chinesische Marine in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft blockiert werden könnte, wie das Tillerson ankündigt, war aus Washington noch nie zu hören.
Die offiziöse Tageszeitung China Daily will die Bemerkung des designierten US-Außenministers nicht ernst nehmen. Ein derartiger Mischmasch von Naivität, Vorurteilen und Kurzsichtigkeit beweise nur, dass der Mann mit dem ABC der Diplomatie nicht vertraut sei. Würden solche politischen Phantasien Taten folgen, dann wären die Folgen allerdings verheerend, schreibt China Daily. Es käme unweigerlich zu einer verheerenden Konfrontation zwischen China und den USA.
Auch Tillersons Behauptung, dass China die UNO-Sanktion gegen Nordkorea unterläuft, erregt die Gemüter. Amerikanische Boykottmaßnahmen gegen chinesische Firmen, denen verbotene Geschäfte mit Nordkorea vorgeworfen werden, wären für Peking inakzeptabel, liesst man in der South China Morning Post. China wäre zu Gegenmaßnahmen gezwungen.
In den sozialen Medien Chinas sind die harte Töne Tillersons ebenfalls ein großes Thema. Der Mann ist noch schlimmer als Trump, schreibt ein Blogger auf dem populären Internetmedium Weibo. Wenn die USA gegen uns Krieg führen wollen, dann sollen sie das doch versuchen, schreibt ein anderer Blogger, wir haben keine Angst.
Chinesische Außenpolitikexperten sind um vieles vorsichtiger. Kaum jemand glaubt, dass den Drohungen Tillersons auch Taten folgen werden. Vielleicht will der Öl-Manager mit seinen Verbalattacken gegen China nur davon ablenken, dass er als Freund Russlands gilt, spekuliert ein Amerikakenner in der South China Morning Post. Und dass der Senat der Nominierung Tillersons zum Außenminister zustimmt, sei keineswegs sicher.
Donald Trump hat schon in seinem Wahlkampf wilde Angriffe gegen China geritten. Einen harten antichinesischen Kurs bestätigt jetzt auch sein designierter Außenminister. Vom Krieg der Worte zu einem tatsächlichen militärischen Konflikt ist ein weiter Weg. Aber die Rivalität zwischen der etablierten Supermacht Amerika und der aufsteigenden Weltmacht China könnte sich in einer Ära Trump gefährlich verschärfen.