2020 wird für die Weltpolitik kein einfaches Jahr, Notizen ORF

Die Politik ist unberechenbar, das hat die Entwicklung in Österreich im letzten Jahr genauso gezeigt, wie die internationale Situation, 2020 gibt es trotzdem in der Weltpolitik fixe Termine und Trends, auf die wir aufpassen sollten. Einige wollen wir besprechen.
Der Brexit ist fixiert, nur das Europaparlament muss noch zustimmen. Ab 31.Jänner ist das Vereinigte Königreich nicht mehr Mitglied der Europäischen Union. Aber zu Ende ist das Tauziehen zwischen den EU-27 und London damit noch nicht. Was ist denn jetzt noch offen?
Offen ist, wie die Beziehungen zwischen Großbritannien und dem Kontinent in Zukunft aussehen werden. Der 31.Jänner ist als Austrittsdatum fix, klar. Aber passieren wird einmal gar nichts. Denn es gibt eine Übergangszeit von 11 Monaten, in denen alles beim Alten bleibt. Das steht im Brexit Deal.
Geklärt werden muss, was passiert nach diesen 10 Monaten, also ab 2021? Ist Großbritannien dann einfach EU-Ausland, wie Russland, China oder die USA? Das wäre schwierig, weil der Handel so intensiv ist über den Kanal. Zollkontrollen wären eine unglaubliche Belastung. Was es geben sollte ist ein Freihandelsabkommen zwischen dem entfremdeten Nachbarn und der EU. Über ein solches Handelsabkommen wird ab diesem Frühjahr verhandelt werden müssen.
Aber die Zeit ist knapp, denn die Übergangszeit dauert nur bis Ende 2020. Handelsabkommen werden normalerweise über viele Jahre verhandelt. Ich würde vermuten, dass wir spätestens ab kommenden Sommer wieder ein Hin und Her haben werden, ob die Übergangszeit verlängert werden soll oder nicht, ob neuerlich ein Hard Brexit droht, wenn man sich nicht einigt. Wobei man nicht vergessen darf: auch Donald Trump winkt mit einem Handelsabkommen für Großbritannien. Das Thema Brexit und seine Folgen wird uns im Neuen Jahr nicht verlassen.
Ein Fixpunkt des Neuen Jahres ist die amerikanische Präsidentenwahl am 3.November 2020. Donald Trump will eine zweite Amtszeit, das ist klar. Wer Herausforderer bei den Demokraten sein wird steht noch nicht fest. Und vorher muss sich Trump einem Amtsenthebungsverfahren stellen, das Ende letzten Jahres eingeleitet wurde. Ist schon klar, wie das Impeachment ablaufen wird und wann das sein wird?
Das Impeachment läuft bereits. Der Startschuss wurde vom Repräsentantenhaus wenige Tage vor Weihnachten gegeben, durch eine Mehrheitsentscheidung, mit der Anklage gegen den Präsidenten erhoben wurde. Jetzt wird es die zweite Phase geben, wahrscheinlich wenn die Weihnachtsferien vorbei sind, im Jänner, in der sich das Geschehen in den Senat verlegt, das amerikanische Oberhaus, wo jeder amerikanische Bundesstaat zwei Senatoren als Vertreter hat.
Im Senat wird es eine Art Gerichtsverfahren über Trump geben. Mit Staatsanwälten, die die Anklage vertreten, und Verteidigern, den Vorsitz führt der Oberste Richter des Landes Chief Justice John Roberts, die 100 Senatoren sind quasi die Geschworenen.
Wie lange dieses Verfahren im Senat dauern wird ist unklar, das kann sehr schnell gehen, es gibt ja nur zwei Präzedenzfälle in der gesamten 250 jährigen Geschichte der USA. Bei Bill Clinton vor 20 Jahren waren das drei Wochen.
Im Senat haben die Republikaner die Mehrheit und die halten zu Donald Trump. Eine Zweidrittelmehrheit für Amtsenthebung Ende Jänner oder Anfang Februar ist daher unwahrscheinlich. Jetzt gibt es noch ein Tauziehen wie genau das alles ablaufen wird, zum Beispiel, ob neue Zeugen gegen Trump verhört werden sollen, was die Demokraten wollen und was die Republikaner nicht wollen.
Klar ist: der Beginn des amerikanischen Wahljahres ist vom Impeachment überschattet.
Wann werden wir eigentlich wissen, wer der Gegenkandidat der Demokraten für Donald Trump sein wird?
Spätestens beim Wahlparteitag der Demokraten im Juli, in Milwaukee im Bundesstaat Wisconsin wird das sein. Dort fällt die Entscheidung der Delegierten, die jetzt gewählt werden in den Bundesstaaten.
Diese Vorwahlen starten Anfang Februar in den Bundesstaaten Iowa am 1.Februar und New Hampshire am 9.Februar, das sind die ersten. Dann kommt bald darauf South Carolina und Nevada und am 1.März SUpertuesday mit mehreren bevölkerungsreichen Bundesstaaten.
Da wird sich zeigen, was die Parteibasis der Demokraten will: einen eher linken Kandidaten oder eine linke Kandidatin, wie Bernie Sanders oder Elizabeth Warren. Die können die Jungen begeistern, aber verschrecken vielleicht die Mitte. Oder einen konventionellen Politiker wie den ehemaligen Vizepräsidenten Joe Biden, der breiter aufgestellt ist, aber vielleicht die engagierte Jugend enttäuschen würde.
Diese Vorwahlen werden für die Demokraten sicher eine Richtungsentscheidung.
Trump wollte ja eine ganz neue Außenpolitik der USA. Unter der Devise America First und ohne fixe internationale Abkommen. Entspannung gab es überraschenderweise nur in Richtung Nordkorea, durch Gipfeltreffen mit Nordkoreas Diktator Kim Jong Un. Aber jetzt droht Nordkorea wieder mit Raketentests. Ist irgendetwas übrig geblieben von der Entspannung in Ostasien?
Sicher, was auch immer in den nächsten Tagen oder Wochen passiert, es gibt funktionierende Gesprächskanäle zwischen Pjöngjang und Washington, das hat es ja vor dem Treffen von Trump und Kim Jong Un in Singapur nicht gegeben.
Aber in der Sache weitergegangen ist kaum etwas. Nordkorea wollte eine Lockerung der Wirtschaftsblockade erreichen, ohne seine Atomwaffen aufzugeben. Dazu hat sich die amerikanische Administration nicht durchringen können. Jetzt sagt Nordkorea, dass man sich an die Pause bei Atomtests oder Raketentests nicht mehr gebunden fühlt. Irgendetwas ist höchstwahrscheinlich zu erwarten in den nächsten Tagen.
Nordkorea hat deutlich seine Beziehungen zu China verbessert, auch zu Russland. Das gibt Kim Jong Un etwas mehr Spielraum, er ist nicht mehr so total isoliert, wie früher. Die Spannungen generell in der Region sind nicht mehr so extrem gefährlich, wie vor ein paar Jahren.
Aber aus amerikanischer Sicht ist nicht sehr viel herausgekommen bei dieser Trumpschen Öffnung in Richtung Nordkorea.
Noch ein Blick auf einen anderen Krisenherd, den Nahen Osten. Im Irak gehen die Emotionen gegen die USA hoch, weil die amerikanische Luftwaffen proiranische Milizen bombardiert hat. Die amerikanische Botschaft in Bagdad ist von Demonstranten angegriffen worden. US-Präsident Trump macht den Iran verantwortlich. Wie groß ist die Gefahr einer Eskalation?
Das Risiko von neuen Explosionen im Nahen Osten ist groß. Die Angriffe gegen die US-Botschaft in Bagdad, die ja in einem Festungsgelände liegt, es ist die größte US-Botschaft weltweit.
Es überlagern sich im Irak einfach immer mehr Konflikte und Krise, es herrscht Chaos, und dazu kommt der Streit, wer wird neue Ordnungsmacht in der Region? Die USA ziehen sich zurück, sie haben sich in eine fast auswegslose Situation manövriert, aber sie wollen nicht zulassen, dass der Iran diese Rolle übernimmt. Ganz besonders im Irak, den die Amerikaner ja von Saddam Hussein befreit haben, wo sie aber jetzt zur Feindfigur geworden sind.
Im Irak herrscht Chaos, seit Wochen demonstrieren zehntausende junge Leute gegen Korruption, gegen Misswirtschaft, und die Regierung lässt scharf schießen, es gab viele hundert Tote.
Zu diesem Chaos kommt die Rivalittät zwischen den USA und dem Iran, wobei es auch im Iran wie in der ganzen Region riesige Massenproteste mit vielen Toten gibt.
Beruhigung ist in der nahöstlichen Nachbarschaft Europas 2020 leider keine zu erwarten.

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