Trump spielt John Wayne im Nordkorea-Konflikt

Mit seiner Kriegsrhetorik gegen Nordkorea hat Donald Trump die gefährlichste Krise seiner Amtszeit ausgelöst. Am Anfang stand die Drohung mit Feuer und Wut, wie sie die Welt noch nicht gesehen habe. Es ist die Wortwahl Harry Trumans nach Hiroshima. Die Waffen sind entsichert und geladen, fügt der Präsident wenige Tage später hinzu. Der Lock and Load-Spruch stammt aus einem alten Kriegsfilm mit John Wayne.
Nach entsetzten Reaktionen weltweit bemüht sich der Präsident zu versichern, dass ihm eine friedliche Lösung lieber wäre. Es sind keine Kriegsschiffe in Richtung Korea unterwegs. Der Pentagonchef verbreitet, der Horror eines Krieges sei ihm bewusst.  Das State Department hält über die UNO einen Kommunikationskanal nach Pjöngjang offen.  Aber erstmals ist in einer hochgefährlichen geopolitischen Situation die unverantwortliche Führung Amerikas der größte Unsicherheitsfaktor.
Nordkorea ist ziemlich berechenbar. Staatsführer Kim Jong Un will die Herrschaft seiner Dynastie durch nukleare Rüstung unangreifbar machen.  Atomstaaten werden nicht attackiert, lautet seine Lehre aus dem gewaltsamen Regimewechsel in Libyen und dem Irak.
Die apokalyptischen Phantasien von Atomschlägen gegen Washington DC sind Kalkül, sagt der Nordkoreaexperte Andrei Lankov an der Kookmin Universität in Seoul.  Pjöngjang weiß, dass das Land den USA militärisch  unterlegen ist. Damit die Atomwaffen Abschreckungswirkung haben, setzt Kim Jong Un das Risiko in den Raum, dass er die Vernichtungswaffen einsetzt. Und zwar bevor die Amerikaner versuchen, Abschussrampen und Bunker zu zerstören.
Die nordkoreanische Militärdoktrin beinhaltet einen atomaren Erstschlag, sollten die USA Kim Jong Un durch einen  Enthauptungsangriff  vernichten wollen oder sollte versucht werden, das Raketenpotential zu zerstören. Die nächsten amerikanischen Militärmanöver in Südkorea, in denen solche Kriegshandlungen geübt werden, beginnen Ende August.
In der Kubakrise 1962 hat John F.Kennedy einen nuklearen Weltkrieg verhindert. 13 Tage lang blockierte der Präsident  die Forderung der obersten Militärs, durch Luftangriffe die für Atomwaffen eingerichteten sowjetischen Stellungen auf Kuba auszuschalten. Gleichzeitig machte er Moskau das Angebot, amerikanische Raketen aus der Türkei abzuziehen.  Chruschtschow konnte nachgeben. Die nukleare Aufrüstung Kubas wurde rückgängig gemacht.  Was der amerikanische Generalstab nicht wusste: sowjetische U-Boote um Kuba waren mit atomaren Torpedos ausgerüstet. Nukleare Sprengköpfe für die geplanten Raketen lagerten längst in den Bunkern der Insel.  Der von den US-Militärs geforderte Luftkrieg hätte den Dritten Weltkrieg ausgelöst.
Gegenüber Nordkorea herrscht Einstimmigkeit im UNO-Sicherheitsrat. Auch China, die große Schutzmacht, trägt die  Verschärfung der Sanktionen  mit. Maos Soldaten hatten im Koreakrieg die Kim-Dynastie gerettet. Die siegreichen Amerikaner wurden auf den 38.Breitegrad zurückgeworfen. Aber Kim Jong Uns forcierte Atomrüstung lehnt Peking ab. Die Pekinger Tageszeitung Global Times plädiert sogar dafür, dass sich China heraushält,  wenn Nordkorea Feindseligkeiten gegen die USA beginnt.
Tatsächlich wäre es für China unmöglich im Fall eines neuen Koreakrieges neutral zu bleiben. Nordkorea ist für Peking ein Pufferstaat, der die USA von den eigenen Grenzen fernhält. Eine Verschlechterung des strategischen Kräfteverhältnisses wird Chinas starker Mann, Präsident Xi Jinping, nicht akzeptieren. Das Risiko, dass bei einer Eskalation China, Russland und Japan, hereingezogen werden, gefährdet den Weltfrieden.
Weder in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul noch in den Straßen Pjöngjangs herrscht Kriegsstimmung. Die nordkoreanische Führung hat keine Luftschutzübungen angeordnet. Südkorea organisiert ein Freiluftkonzert an der Demarkationslinie.
Manche Außenpolitikexperten wollen ein Happy End nicht ausschließen. Die New York Times zitiert den Politikwissenschaftler Scott Snyder, der die kriegerischen Töne Trumps als Signal  an die eigene Basis wertet. Wenn Kim Jong Un auf einen Raketenabschuss in Richtung Guam verzichtet, kann Trump das als Sieg verkaufen und Verhandlungen beginnen. Im Wahlkampf hat er verkündet, er sei bereit sich mit dem nordkoreanischen Führer auf einen Hamburger zu treffen. Ein Versöhnungsgipfel sei genauso möglich, wie ein Zweiter Koreakrieg, urteilt der Experte des Council on Foreign Relations.
Sicher ist nur eines: mit Kriegsdrohungen aus dem Mund des US-Präsidenten ist weiter zu rechnen. Zuletzt war Venezuela das Ziel der martialischen Ankündigungen. Die Regierungen Mexikos, Perus und Kolumbiens mussten Washington daran erinnern, dass die UNO-Charta die Androhung von militärischer Gewalt ohne ein Motiv der Selbstverteidigung verbietet.

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