Prozess gegen Abu Graib Folterer Graner, AJ, 12.1.2005

Es war das erste Mal, dass auch misshandelte Gefangene bei einem der Prozesse rund um die Vorfaelle von Abu Graib zu Wort kamen. Dem texanischen Militaergericht wurden stundenlang Videos vorgespielt, auf denen zwei Gefangene schwere Vorwuerfe gegen den Gefreiten Charles Graner erhoben.
Der Syrer Amin al Scheik beschreibt den Angeklagten als den Oberfolterer von Abu Graib. Die Quaelerein habe Graner sichtlich genossen, er hat gelacht, gepfiffen und gesungen. Graner persoenlich sei in sadistischer Weise auf seinem verletzten Bein herumgesprungen, erzaehlt der Mann, der von sich sagt, dass er aus Syrien in den Irak gekommen ist, um gegen die Amerikaner zu kaempfen. Einen Gefangenen aus Jemen in der Nachbarzelle habe Graner gezwungen aus der Toilette zu essen. Er sei auch dabei gewesen, als amerikanische Soldaten auf ihn uriniert haetten, erzaehlt der syrische Zeuge.
Die Gefangenen berichten aber auch, dass ihnen beim Verhoer immer wieder mit den brutalen Methoden Graners gedroht worden sei. Das unterstuetzt die Version der Verteidiger, der Angeklagte habe nur Befehle von oben ausgefuehrt.
Waehrend die Staatsanwaltschaft den Mann, der auf vielen der beschaemenden Fotos zu sehen ist, beschuldigt, als Anfuehrer der ausser Rand und Bande gerateten Nachtschicht von Abu Graib agiert zu haben, erklart sich Graner selbst fuer unschuldig.
Er war im zivilen Leben Gefaengniswaerter und von Unrechtsbewusstsein ist bei ihm nichts zu merken. Vor Prozessbeginn witzelt er zu den Journalisten, jetzt werde allen wieder vorgefuehrt werden, was fuer ein Monster er sei. Ueber den Gefangenen Amin al Scheik, der ihn so schwer beschuldigt, sagt er, das letzte Mal, als ich ihn gesehen habe, wollte er mich unterbringen.
Und Verteidiger Guy Womack wiederholt seinen geschmacklosen Vergleich, den zur Pyramide aufgeschichteten Gefangenen von Abu Graib sei doch nichts passiert, schliesslich bilden doch auch die Cheerlaeder, die gymnastischen Taenzerinnen beim Football menschliche Pyramiden.
Selbst an der Leine, an der Soldatin Lynddie England auf einem bekannten Foto einen nackten Gefangenen am Boden schleift, findet der Verteidiger nichts Boeses: schliesslich gaebe es doch auch im Supermarkt Eltern, die ihre Kinder an der Leine fuehren.
Wie derartige patzige Aussagen bei den Geschworenen des Militaergerichts ankommen, wird sich weisen. Graner ist wegen Koerperverletzung, unzuechtiger Handlungen und Pflichtverletzung angeklagt. Bei einem Schuldspruch droht ihm eine Strafe von bis zu 17 Jahren und sechs Monaten.