International macht der neue philippinische Präsident Rodrigo Duterte mit wüsten Beschimpfungen auf sich aufmerksam. Der Papst, US-Präsident Obama und das EU-Parlament waren Ziel der Verbalinjurien. Im Land selbst wird ein erbarmungsloser Antidrogenkrieg geführt, dem seit dem Amtsantritt des populistischen Präsidenten im vergangenen Juli mehr als 3000 Personen zum Opfer gefallen sind. In seiner Heimatstadt Davao eskaliert die Rhetorik in skandalöser Weise: Duterte vergleicht sich mit Hitler und sagt, er will 3 Millionen Dealer umbringen. Gleichzeitig baut er an seinen Kontakten nach China und beginnt einen Dialog mit den inhaftierten Kommunisten. Trotz ausufernder Gewalt ist der Staatschef in der Bevölkerung nach wie vor höchst populär. Die Philippinen sind das Land Asiens, mit den größten sozialen Unterschieden. Einer winzigen märchenhaft reichen Oberschicht steht eine total verarmte Bevölkerung gegenüber. Der radikale Populist Duterte ist die Reaktion auf Gleichgültigkeit und Unfähigkeit der politischen Eliten.
Hat der Präsident der Philippinen Todesschwadrone gegen Drogenhändler befehligt und als Bürgermeister auch persönlich Mordaufträge erteilt?
Ein ehemaliger Killer namens Edgar Matobato hat die Anschuldigung, die das Land erschüttert, bei einem öffentlichen Senatshearing in Manila vorgebracht.
In Davao City hat das Töten 1988 begonnen, tausend Menschen wurden umgebracht. Die Befehle, so berichtet der umgedrehte Killer, seien von Bürgermeister Duterte und seinen Leuten gekommen.
Das Präsidentenamt weist die Beschuldigungen wütend von sich. Aber nur wenige Wochen nach dem spektakulären Wahlsieg des Populisten Duterte befindet sich das Land im Aufruhr.
Die Polizei hat grünes Licht beim Einsatz aller Mittel, predigt der Präsident wieder und wieder. Die Kampagne gegen Drogen geht weiter, so Rodrigo Duterte.
Viele werden sterben, viele werden getötet werden, bis der letzte Dealer verschwunden ist. Ich mache weiter, Einwände, die kümmern mich nicht.
Drogen gelten als Krebsgeschwür der Armenviertel und Slums des Inselstaates. Die Provinzhauptstadt Davao war einst ein chaotisches Spielfeld rivalisierender Milizen.
Heute ist es hier sicher auf den Straßen, wie man uns immer wieder versichert, dank der harte Hand Dutertes.
Umgebracht werden doch nur Kriminelle und Drogenhändler, meint ein Marktbesucher.
Der Kampf gegen Drogen wird auf den Philippinen mit der Rhetorik eines Krieges geführt. Dealer und Süchtige müssen sich ergeben, so fordert es die Regierung. Wer nicht zur Polizei geht um sich zu ergeben und andere zu denunziert, gilt als Feind und macht sich zum Freiwild im Antidrogenkrieg.
Die Strategie ist erfolgreich, sagt uns Polizeikommandant Pedro de los Reyes in Davao.
700 000 Drogenabhängige haben sich freiwillig ergeben, bei 3 Millionen Drogenabhängigen sind das 30 bis 40 Prozent, so der Polizeichef
Ein paar Dutzend Burschen, die sich ergeben haben, wie es heißt, werden gerade für erste Hilfeeinsätze trainiert. Medizinische Therapie ist für Drogenabhängige hier keine vorgesehen.
Aber gibt es das berühmte Todesschwadron von Davao überhaupt, von dem auf den Philippinen so viel die Rede ist? Wir hören uns herum und lernen einen Mittelsmann kennen. Nach einer längeren Autofahrt sitzen wir einem Mann mit Gesichtsmaske gegenüber, der von sich behauptet, dass er im Antidrogenkampf mit einer Gruppe Gleichgesinnter in den letzten Jahren 30 Menschen umgebracht hat.
Der 50jährige Mann sagt, er hat Familie und ist im Zivilberuf Landwirt. Auftraggeber nennt er keine, er tötet aus Hass auf die Drogendealer, behauptet er.
Wenn Sie wollen, sind wir das, wir sind Teil des Todesschwadrons von Davao, das kann man so sagen, behauptet der Mann, der sein Gesicht verdeckt beim Interview.
Überprüfen lassen sich solche Angeben nicht. Aber Auftragsmorde sind auf den Philippinen keine Seltenheit. Für einen Mord verlangen Profikiller zwischen umgerechnet 350 und 900 Euro, je nach der Prominenz des Opfers.
Die heftigsten Proteste gegen den blutigen Antidrogenfeldzug des Präsidenten kommen von der katholischen Kirche. Bischof Broderick Pabillo nennt Präsident Duterte einen ehrlosen Menschen.
Dass die Regierung dazu auffordert, Leute zu töten, dass so viele getötet werden, das ist nicht der richtige Weg mit dem Drogenproblem umzugehen. Das schafft Angst, vor allem bei den Armen.
Was wir jetzt haben, ist Gesetzlosigkeit.
Außergerichtliche Morde hat es immer gegeben auf den Philippinen, sagt der Weihbischof. Gegen Bauernführer oder Arbeiterführer.
Aber jetzt sind es ganz normale Leute, die umgebracht werden. Und so wie der Präsident spricht ist der Eindruck, dass er das sanktioniert und die Regierung das Morden ermutigt.
Aber noch verhallt diese Kritik. Hinter den Vorwürfen der Menschenrechtsorganisationen vermuten die Anhänger Dutertes eine Verschwörung der Eliten, um den populistischen Präsidenten wieder abzusetzen.
Die normalen Leute glauben, dass sich ihr Leben durch die Antidrogenkampagne verbessert hat, erklärt uns Ramon Casiple, einer der führenden Politikwissenschaftler.
Man traut sich in der Nacht wieder auf die Straße, es gibt keine Bandenkriege mehr.
Wir erleben jetzt so etwas wie eine neue Normalität, sagt der Politikwissenschaftler.
Die nächsten sechs Jahre werden wir Duterte vielleicht als Präsident haben, da kann viel passieren. Aber dass die demokratischen Institutionen auf den Philippinen kollapieren oder dass die Pressefreiheit abgeschafft wird, das ist unwahrscheinlich.
Die Demokratie hält der prominente philippinische Politikwissenschaftler Ramon Casiple trotz der Gewalt im Antidrogenkampf noch nicht für gefährdet.