Es war eine vernichtende Niederlage für Bratusek. Aber man muss sagen, alle
anderen Kommissare sind durchgekommen. Haben diese Hearings passiert.
Christdemokraten, Sozialdemokraten und auch Liberale. Das war nicht
unbedingt eine Frage der Parteizugehörigkeit. Das Problem Bratuseks war,
sie hat auf der einen Seite eine schlechte Performance beim Hearing
dargeboten. Sie hat aber auch auf der anderen Seite ihre eigene Regierung
in Ljubljana gegen sich gehabt. Aufgrund der innenpolitischen Wirren in
Slowenien. Und das ist wirklich ein bisschen ein Schleudersitz. Denn ein
Kommissar oder eine Kommissarin soll natürlich auch ihr Land
repräsentieren, die dort regierenden Parteien repräsentieren. Das hat man
zum Beispiel im Fall Ungarn gesehen. Der ungarische Regierungschef Orban
hat einen Vertrauten der Fidesz-Partei nach Brüssel geschickt. Der hier
nicht auf große Gegenliebe gestoßen ist. Aber er hat sich gut geschlagen
beim Hearing im Parlament und letztlich haben dann die Abgeordneten die
Zähne zusammengebissen und ihn durchgewinkt. Frau Bratusek ist das nicht
gelungen.
Wolf Armin (ORF)
Es gab ja mehrere Wackelkandidaten. Aber die sind bis jetzt alle außer Frau
Bratusek durchgekommen, wie Sie gerade gesagt haben. Wird es nun mit ihrem
Rückzug und mit ihrer Ablehnung einen größeren Umbau geben in der
Kommission, oder wird einfach eine neue slowenische Kandidatin ihr Ressort
übernehmen?
Löw Raimund (ORF)
Das hängt ganz davon ab, wer jetzt von Slowenien nominiert wird. Sie hätte
ja Kommissarin für die Energieunion werden sollen. Was ein ziemliches
Spezialthema ist. Ich würde mal annehmen dass der slowenische
Regierungschef schon seit einigen Tagen sucht ob es jemanden gibt, der
dafür in Frage kommt. Vielleicht eine Frau. Vielleicht auch sogar jemand
der aus dem liberalen Lager kommen könnte. Es wird ganz davon abhängen wer
von ihm präsentiert wird.
Wolf Armin (ORF)
Die anderen umstrittenen Kandidaten Moscovici und Hill sind heute Abend
durchgewinkt worden. Kann die neue Kommission denn wie geplant am ersten
November ihr Amt antreten?
Löw Raimund (ORF)
Offiziell sagt Jean-Claude Juncker ja. Er hofft, dass das noch möglich ist.
Viele können sich das schwer vorstellen. Es könnte auch durchaus sein, dass
es dem ausgefuchsten Politiker Juncker gar nicht unangenehm wäre, wenn das
etwas später ist. Wenn er erst im, am ersten Dezember oder vielleicht sogar
am ersten Jänner antreten muss. Denn die Kommission muss in den nächsten
Wochen einen ganz, ganz großen Brocken bearbeiten. Ein mögliches
Defizitverfahren gegen Frankreich und Italien, wegen der Budgetpläne, die
es dort gibt und die nicht mit den Regeln der EU übereinstimmen. Durchaus
möglich dass sich Juncker sagt, das ist ein, eine heiße Kartoffel, die
überlasse ich ganz germ, gerne noch meinem Vorgänger.