Historischer Machtwechsel von Trump zu Biden

Washington gleicht seit Tagen einem Heerlager. Was ist eigentlich geblieben vom bunten  Zeremoniell früherer Amtseinführungen?

Geblieben ist nicht sehr viel. Es ist eine Ausnahmesituation, verursacht durch die Pandemie und die Sorge vor Gewalttaten rechtsextremer Anhänger von Donald Trump.  Normalerweise herrscht bei der  Angelobung eines neuen Präsidenten Volksfeststimmung. Es ist zwar meistens bitter kalt in Washington an einem 20.Jänner, aber es sind immer zehntausende Leute auf den Straßen. Es wird gefeiert rund um das Weiße Haus, es gibt am Abend verschiedene Bälle, es wird getanzt  und dem neuen Präsidenten wird zugejubelt.

Das gibt es diesmal alles nicht.  Wegen Corona muss man Massenversammlungen vermeiden.  Es werden nur wenige Personen bei der Zeremonie am Westportal  des Kapitols dabei sein.

 Aber der Machtwechsel wird trotzdem mit großer Würde begangen. Wie gestern Joe Biden und Kamala Harris der 400 000 Toten der Pandemie gedacht haben, vor dem Lincoln Memorial an der Mall, sah man symbolträchtige Bilder, die gezeigt haben, dass jetzt ein anderer Ton herrschen wird an der Staatsspitze.

 Diese riesige Militärpräsenz in Washington zeigt  natürlich, was für ein Einschnitt der rechtsextreme Sturm der Trump-Anhänger auf das Kapitol vom  6.Jänner für die amerikanische Demokratie darstellt.

  Worauf muss man denn ganz besonders aufpassen heute bei der Angelobung, die ja überall in der Welt live übertragen wird?

Der Ablauf ist im Minutentakt geplant. Es wird ein Gebet geben, der Fahneneid wird gesprochen, der Pledge of Allegiance tot he Flag, den jedes amerikanische Schulkind lernt, Lady Gaga wird die Hymne singen. Das ist eine knappe aber durchgetaktete Choreografie.  Die Formel für den Amtseid, den Joe Biden leisten wird und dann auch Vizepräsidentin Kamala Harris leistet, ist vorgeschrieben. Der oberste Höchsrichter Chief Justice John Roberts und Richterin Sotomayor werden den Text vorsprechen..

Politisch gespannt sind alle auf die Rede, mit der Biden seine Amtszeit beginnt. Diese Inauguration Adress soll den Ton setzen für eine Präsidentschaft. In den Stunden danach werden die Journalisten nach typischen Passagen suchen, die im Fernsehen wieder und wieder zu hören sein werden. Legendär ist der  patriotische Aufruf von  John F.Kennedy an seine Landsleute vor 60 Jahren, dass man nicht fragen sollte, was das Land für einen tun kann, sondern, was man selbst für das Land tun kann.

Bei Joe Biden wird interessant sein, wie er die Mischung schafft zur Einheit des Landes aufzurufen, aber gleichzeitig doch eine deutliche Grenze zum gewaltbereiten rechten Rand zu ziehen. Die Frage wird sein, welche optimistische Botschaft möglich ist angesichts des riesigen Ausmaß der Pandemie in den USA, mit bald 400 000 Toten.

Donald Trump nimmt an der Inauguration nicht teil. Welche Rolle spielt er am heutigen Tag?  

Er spielt keine Rolle mehr, und das ist gut so. Er hat in den Vormittagsstunden  Washington in Richtung Florida verlassen, in einer eigenen militärischen Zeremonie, die er sich bestellt hat. Kein einziger Spitzenpolitiker der Republikaner war anwesend. Trump ist politisch an diesem Tag völlig isoliert.

 Die Weigerung Trumps bei der Inauguration dabei zu sein, zeigt einmal mehr, dass er die Grundregel der Demokratie nicht akzeptiert, wonach es einem Machtwechsel gibt, wenn eine Partei verloren hat. Diese Haltung Trumps ist ja der Grund für die politische Krise rund um die Inauguration.

Mike Pence, der bisherige Vizepräsident wird dabei sein. Gemeinsam mit früheren Präsidenten und Vizepräsidenten. Mike Pence setzt sich damit von Trump und dem Trumpismus ab, er möchte sicher weiter Karriere machen in der repblikanischen Partei.

Was ist von Trump zu erwarten, wenn er nicht mehr Präsident ist?

Was Trump weiter tun wird ist unklar. Er sagt, dass er weiter in der Öffentlichkeit aktiv sein wird.

 Die Biden Administration hofft, dass er keine große Rolle mehr spielen wird. Aber ganz wird das nicht möglich sein. Das Amtsenthebungsverfahren muss fortgeführt werden und abgeschlossen werden, im Senat. Das wirkt merkwürdig, weil Trump  ab heute Nachmittag dieses Amt ja gar nicht mehr hat. Aber die amerikanische Verfassung macht es möglich, dass er ausgeschlossen wird von zukünftigen politischen Funktionen, wegen seiner Rolle beim Aufstand am 6.Jänner.

Es gibt verschiedene Gerichtsverfahren, die auf ihn warten, wegen der dunklen Finanzgebarung seiner Firmen.

Manche Beobachter vermuten, dass Trump versuchen wird einen rechtsextremen Fernsehkanal aufzubauen, mit der Popularität, die er bei einigen seiner Fans noch immer hat.

Aber ich würde nicht ausschließen, dass viele Amerikaner Trump sehr rasch vergessen werden und dass man sagen wird, das ganze war ein Alptraum, den wir möglichst rasch verdrängen wollen.

Wie gut sind die Chancen Joe Bidens nach den Turbulenzen der letzten Monate zu einem Neuanfang in der amerikanischen Politik zu kommen?  

Bidens Chancen sind größer, als man das unmittelbar nach seinem Wahlsieg noch erwarten konnte. Weil  der Druck massiv ist, gegen den rechtsextremen Umsturzversuch der Trump-Anhänger vom 6.Jänner gegen zu halten.  Dieser Stimmung können sich auch die Republikaner nicht  widersetzen. Dazu kommt der unerwartete Erfolg der Demokraten bei den Senatswahlen in Georgia, der Biden jetzt einen Kongress bringt, in dem seine Partei die Mehrheit hat. Das ist eine günstige Koalition.

Biden hat schon angekündigt, dass er sehr rasch durch Verordnungen alle möglichen Maßnahmen aus den Trump-Jahren rückgängig machen will. Er den Austritt aus dem Pariser Klimaabkommen zurücknehmen. Die USA sind in der Klimapolitik wieder da. Viele Umweltauflagen aus der Obama-Zeit werden wieder Geltung bekommen.

Die neue amerikanische Administration steht jetzt vor ähnlichen Aufgaben wie die Regierungen in Europa: sie muss die Pandemie unter Kontrolle bringen und die Bevölkerung dabei mitziehen. Sie muss den Wirtschaftseinbruch auffangen und die Wirtschaft für die Zukunft umorganisieren.

Das sind Mammutaufgaben. Aber wenn es Biden gelingt Amerika aus dem tiefen Loch herauszuholen, in dem sich das Land zur Zeit befindet, dann wäre das ein Hoffnungszeichen  für die gesamte westliche Welt.

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