Hektische EU-Woche beginnt mit neuen Hearings, MoJ, 20.10.2014

In Strassburg finden heute die letzten beiden Hearings zur endgültigen Bestellung der nächsten EU-Kommission statt. Nötig wurden sie, weil Slowenien seine Kommissarin auswechseln musste, nach dem Nein des Europaparlaments zur ehemaligen Ministerpräsidentin Bratusek. Es wird überhaupt eine hektische Woche in der europäischen Politik, an deren Ende der Herbstgipfel der EU steht, bei dem es vor allem um Klimapolitik gehen soll.

Violeta Bulc, die designierte neue Kommissarin Sloweniens, soll nach dem Wunsch von Kommissionspräsident Jean Claude Juncker Verkehrskommissarin werden. Der bisher für Verkehr vorgesehene Kommissar ist der Slowake Maros Sefcovic soll wechseln und sich um die Energieunion kümmern. Wegen dieser Rochade  müssen sich heute Abend beide Politiker von den Abgeordneten befragen lassen.

Alle Augen werden dabei auf die slowenische Kandidatin Violeta Bulc gerichtet sein. Die Unternehmerin, die auf ihrer ungewöhnlichen Hompepage für exotische New Age-Projekte wirbt, ist erst seit wenigen Wochen in der Politik. Die Abgeordneten wollen nach dem Reinfall ihrer Vorgängerin die slowenische Regierung, die Bulc geschickt hat, nicht brüskieren. Aber allzu leicht machen wird man es der Quereinsteigerin n auch nicht,  um die Glaubwürdigkeit der Hearings nicht in Frage zu stellen.

Geht alles gut, dann wird Jean Claude Juncker sein gesamtes Team den Europaabgeordneten am Mittwoch zur endgültigen Wahl präsentieren. Am 1.November würde die neue Kommission nach diesem Ablauf plangemäß ihre Arbeit aufnehmen.

Ende der Woche treffen die Staats- und Regierungschefs zu ihrem Herbstgipfel in Brüssel zusammen. Die neuen Klimaziele bis 2030  in Hinblick auf die nächste Runde der internationalen Klimaverhandlungen sind der seit langem geplante zentrale Punkt. Aber auch die Auswirkungen der Ebola-Krise in Westafrika auf Europa und die sich verschlechternde Wirtschaftslage werden zu  beraten sein.

Dass Europa mit so vielen aktuellen Krisen gleichzeitig konfrontiert ist, macht es aus der Sicht der EU-Politik umso dringender, den demokratischen Wechsel in der EU-Kommission nach den Europawahlen vom Frühjahr   mit der endgültigen Bestellung des neuem Teams um Jean Claude Juncker zeitgemäß abzuschließen.

Ob die neuen Hearings heute Abend reine Formsache sind, weil man schnell fertig sein will mit dem Prozedere?

Reine Formsache  sind solche Prozesse im Europaparlament nie, da zu gibt es einfach viel zu viele Abgeordnete aus  unterschiedlichen Parteien und unterschiedlichen Ländern.

 

Maros Sevcovic ist ein erfahrener EU-Politiker, er hat die Slowakei schon in der letzten Kommission vertreten. Das wird sein drittes Hearing sein, das schafft schon Routine.

Die Unternehmerin Violet Bulc aus Slowenien ist erst seit wenigen Wochen in der Politik.  IN Slowenien sind ja die alten Parteien alle abgewählt worden, der neue Regierungschef  Miro Cerar ist erst seit diesem Sommer in der Politik und hat mit seiner eigenen Liste alle anderen geschlagen.

Miro Cerar  hat Frau Bulc geschickt. Sie ist eine echte Quereinsteigerin, genauso wie ihr Premierminister.

Auf  ihrer ungewöhnlichen Hompepage wirbt sie für exotische New Age-Projekte mit denen sie in Kalifornien in Berührung gekommen ist. Da ist auch von der Ausbildung als  Schamanin die Rede. Man hört, dass konservative Europaabgeordnete der CDU ziemlich entsetzt sind. Aber so jemand kann natürlich auch ein willkommener Farbtupfer sein im grauen Brüsseler Politgeschäft.

Ob die Europaabgeordneten Violeta Bulc nicht durchwinken werden?

 

Die Abgeordneten wollen nach dem Reinfall ihrer Vorgängerin die slowenische Regierung, die Bulc geschickt hat, nicht brüskieren. Aber allzu leicht machen wird man es der Quereinsteigerin n auch nicht,  um die Glaubwürdigkeit der Hearings nicht in Frage zu stellen.

Viele vermuten, dass längst alles ausgemacht ist zwischen Christdemokraten und Sozialdemokraten?

Ausgemacht kann alles mögliche sein zwischen die Spitzen der Fraktionen, aber kann das auch durchgesetzt werden? Das ist die Frage. Es gibt im Europaparlament keinen wirklichen Klubzwang im österreichischen Nationalrat. Die einzelnen Abgeordneten sind freier und daher auch unberechenbarer.

 

Es ist klar, die anderen Kandidaten haben viel mehr Zeit gehabt, sich in ein Thema einzuarbeiten, als Violeta Bulc.  Das sagen uns ja Kommissare immer wieder, dass auf EU-Ebene vieles sehr professionell abläuft.

 

Die zukünftigen Kommissare bekommen Mappen zum studieren, mit allen anstehenden Themen. Vor den Hearings gibt es Trainingsdurchgänge, um durchzuspielen, was am besten auf welche Fragen zu antworten ist. Was eigentlich auch normal sein sollte.

Für eine derartige Vorbereitung hat Frau Bulc sicher viel weniger Zeit als andere Kandidaten.  Das werden die Abgeordneten schon berücksichtigen. Aber grobe Schnitzer darf auch sie sich nicht leisten.

 

War’s mehr als das übliche Ritual, dass nämlich die Abgeordneten die Kommission schon aus Prinzip nicht auf Anhieb akzeptieren, dass es die eine oder andere Änderung geben muss?

 

Ob man Ritual sagen kann, weiss ich nicht. Aber natürlich war es bei den letzten Kommissionen auch so, dass das Parlament zumindest einen Kommissar nicht akzeptiert hat.

Die Kommission ist ja so etwas wie die EU-Regierung.  Da spielen die Mitgliedsstaaten die entscheidende Rolle, sie nominieren die Kommissare. Dann ist der Kommissionspräsident, also Jean Claude Juncker, der verteilt die Ressorts. Letztlich entscheiden die Abgeordneten, klar, dass sie da auch sehr gerne eine Duftnote hinterlassen.

 

Solche Hearings  gibt es ja sonst nicht in Europa,  nur im amerikanischen Kongress ist das üblich. Das stärkt natürlich die Position der Europaabgeordneten, die sonst nicht so riesig groß ist, daher benützen sie jede Gelegenheit um Änderungen oder Korrekturen zu verlangen.