Bernhard Nadja (ORF)
Im Streit um das milliardenschwere EU-Budget deuten Europas Staats- und
Regierungschefs Kompromissbereitschaft an. Gestern hatte ja das
EU-Parlament gegen den Budgetvorschlag gestimmt. Beim heutigen EU-Gipfel in
Brüssel zeichnet sich ein Entgegenkommen ab. Nicht ausgegebene EU-Mittel
könnten im gemeinsamen Topf bleiben, anstatt sie zurück an die
Mitgliedsstaaten zu überweisen. Auch eine Budget-Evaluierung zur Halbzeit
sei möglich. Vor Gipfelbeginn haben alle Teilnehmer versprochen, größeres
Gewicht auf den Kampf gegen Jugendarbeitslosigkeit und die Förderung von
Wirtschaftswachstum zu legen. Ich bin jetzt mit Raimund Löw in Brüssel
verbunden. Herr Löw, ist das überhaupt möglich, wenn man Budget-Defizite
herunterfahren will?
Löw Raimund (ORF)
Tatsache ist, dass immer mehr Staaten in Südeuropa die berühmten
EU-Defizitziele verpassen, weil die Wirtschaft dort schrumpft, das gilt für
Portugal, Spanien, jetzt auch für Frankreich. In Brüssel sagt man, die
EU-Regeln sind flexibel genug um zu reagieren, wenn ein Staat auf
Reformkurs bleibt, dann bekommt er mehr Zeit um die Defizite herunter zu
fahren. Aber klar ist auch, die finanziellen Mittel, die in die Hand
genommen werden für neue Projekte wie zum Beispiel im Kampf für die
Jugendarbeitslosigkeit, die sind sehr beschränkt.
Bernhard Nadja (ORF)
Ein außenpolitisches Thema ist überraschend beim Gipfel in den Vordergrund
gerückt, der französische Präsident fordert auf, die syrische Opposition zu
bewaffnen und er will auch das EU-Waffenembargo aufheben, wird er damit
durchkommen?
Löw Raimund (ORF)
Das ist eine extrem heikle Frage, auch für Österreich, wegen der Position
der österreichischen Blauhelme auf dem Golan. Wenn die Europäische Union im
syrischen Bürgerkrieg Partei ist, dann besteht die Gefahr, dass auch die
Blauhelme aus dem EU-Land Österreich nicht mehr als neutral angesehen
werden. Österreich war daher immer ganz entschieden gegen eine Aufhebung
des Waffenembargos für die syrische Opposition, andere auch. Aber
Frankreich ist nicht allein, ganz im Gegenteil, Großbritannien verlangt das
schon seit längerer Zeit, man argumentiert, es kann nicht sein, dass das
syrische Regime die einzige Partei in diesem Bürgerkrieg ist, die weiter
bewaffnet wird durch Russland, Deutschland ist jetzt bereit über eine
solche Lockerung zu sprechen. Eine ziemlich schwierige Situation für die
Außenpolitik der Europäischen Union.