China und Europa aus Anlass des Xi Jinping-Besuches in Rom und Paris, MiÖ, 28.3.2019

Der chinesische Präsident ist diese Woche in Paris höchst ungewöhnlicher Weise empfangen worden: an den Stufen des Elyseepalastes hat nicht nur der französische Präsident auf den hohen Gast gewartet, sondern auch die deutsche Bundeskanzlerin Merkel und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Was steckt hinter dieser Inszenierung?
Das war wirklich bemerkenswert. Ich glaube, so etwas hat es noch nie gegeben, dass der französische Staatspräsident im Elysee nicht alleine auftritt bei der Begrüßung eines Staatsgastes. Macron signalisiert gegenüber dem Staatsgast aus China, dass auch die deutsche Kanzlerin, auch der Kommissionspräsident hier irgendwie auch zu Hause sind.
Klar, damit will man Xi Jinping sagen, dass Europa gewillt ist gegenüber China gemeinsam zu agieren.
Das ist nicht selbstverständlich, denn China ist natürlich auch aufgefallen, was mit Brexit passiert und wie stark in Europa die Tendenzen sind, dass jedes Land seine eigenen Wege geht.
Ein bisschen Warnung in Richtung Peking ist auch dabei, bei dieser Geste. Die Warnung dass China nicht versuchen sollte die Europäer gegeneinander auszuspielen.
Der Verdacht, dass China die Schwächen der Europäer ausnützt besteht. Chinas bemüht sich ja separate Abkommen mit einzelnen Mitgliedsstaaten zur Seidenstraßeninitiative zu schließen. Und Italien ist das erste große Land in Europa, das in aller Form da mitmachen wird.
Brüssel, Paris und Berling will man dagegen eine gemeinsame Haltung der EU-Staaten zur Seidenstraßeninitiative entwickeln würden, weil es dann ein besseres Kräfteverhältnis gegenüber China gäbe.
Wenn der chinesische Präsident unterwegs ist, dann hat man immer den Eindruck, dass die finanziellen Mittel der Zentralregierung in Peking schier unerschöpflich sind. In Paris hat er eine Bestellung über 290 Passagierflugzeuge bei Airbus bekannt gegeben, was ein ziemlicher Coup für Airbus ist in einer Zeit, in der Boeing in der Krise steckt. Warum steigt trotzdem das Misstrauen der Europäer in Richtung China?
Es gibt Misstrauen vor allem aus politischen Gründen. In China herrscht ein kommunistisches Einparteiensystem, so wie früher in der Sowjetunion. Und Präsident Xi Jinping hat die politische Macht auf sich als Person konzentriert, wie das seit Mao Tsetung kein Politiker gemacht hat. Die Zensur wird stärker, die Repression gegen nationale Minderheiten wird stärker. Und China tritt nach außen selbst selbstbewusst auf mit eine System, dass sich Alternative zur westlichen Demokratie sieht.
Es entsteht so etwas wie eine Systemkonkurrenz in der Zeit des Kalten Krieges und jede größere chinesische Firma, auch wenn das eine private Firma ist, hat Verbindungen zur Regierung. Das Gefühl ist da, diese Unternehmen sind Teil einer weltumfassenden Strategie, das bereitet den Regierungen Sorgen.
Aber gleichzeitig sind die Möglichkeiten gigantisch, bei wirtschaftlicher Zusammenarbeit. Dieser Auftrag für Airbus, 290 Passagiermaschinen, das sind fast 30 Milliarden Dollar. Das sind europäische Arbeitsplätze, eine europäische Firma. Wenn es China weiter wirtschaftlich weiter gut geht, dann haben auch die Europäer etwas davon.
Das ist ein Balanceakt, der vielleicht mit den Ostgeschäften zu vergleichen ist, die in der Zeit des Kalten Krieges gerade österreichische Firmen erfolgreich betrieben haben.
Wenn von China in der Welt die Rede ist, dann wird immer wieder von der Seidenstraßeninitiative der chinesischen Regierung die Rede. Wer profitiert, wo sind die Risiken?
Man darf dabei nicht an eine Straße oder auch an mehrere Straßen denken. Das ist eine außenpolitische Strategie der Volksrepublik China, um international als Weltmacht akzeptiert zu werden.
Mit chinesischem Geld und chinesischen Firmen werden überall Infrastrukturprojekte gebaut, Häfen, Straßen, Zugsverbindungen.
Dadurch kommt chinesisches Know How nach Europa. In Triest hofft darauf, dass der Hafen wieder aktiver wird. In Pireus ist das mit chinesischen Eigentümern gelungen.
Gratis ist das natürlich nicht. China gibt Kredite, die Länder oder Städte verschulden sich bei der chinesischen Regierung. In vielen Ländern werden Projekte vor allem mit chinesischen Baufirmen umgesetzt, die Arbeiter, Geräte, alles aus China mitbringen.
An beidem gibt es Kritik, sowohl an der Verschuldung als auch daran, dass die meisten Entscheidungen bei Seidenstraßenprojekten in China fallen. Aber das muss man halt aushandeln.
Anfang April wird es einen EU-Chinagipfel geben. Was wollen Europäer bei ihren Verhandlungen mit China konkret erreichen? Ist das klar?
Zwei Dinge sind den Europäern wichtig: zuerst Reziprozität. Es soll für europäische Firmen in China genauso leicht sein Geschäfte zu machen, wie für chinesische Firmen in Europa. Wenn chinesische Firmen sich einkaufen können in europäische Firmen oder Firmen ganz übernehmen können, dann sollte das für Europäer auch in China möglich sein. Das war bisher nicht der Fall.
China hat gesagt, wir sind ein Entwicklungsland. Wenn wir potente westliche Firmen hereinlassen, dann verhindern wir, dass unsere eigene Firmen sich entwickeln können. Es gibt viele Hindernisse für westliche Firmen in China, in vielen Fällen braucht man chinesische Partner, die dann das Know How bekommen etwas eigenes aufzustellen. Diese These vom Entwicklungsland ist nur mehr schwer aufrecht zu erhalten.
Und dann wollen die Europäer sicher sein, dass chinesische Firmen in Europa nicht der verlängerte Arm der chinesischen Staatssicherheit sind. Vor allem beim mobilen Internet ist das wichtig. Da ist eine chinesische Firma, Huawei führend international. Wenn überall Huawei Schalter eingebaut sind, bei den Internetverbindungen, will man sicher sein, dass im Krisenfall nicht Peking das ganze Internet abstellen kann.
Das klingt vielleicht übertrieben, aber damit beschäftigen sich in den Regierungen und in Brüssel die Sicherheitsexperten.
Manchmal liest man, die Chinesen kaufen Europa auf. Sind diese Ängste berechtigt oder ist das irrational?
Bedrohlich ist das nicht, wenn chinesische Firmen in Europa aktiv sind, aber es ist neu. Wir sind in Österreich deutsche Firmen, italienische Firmen und auch amerikanische Firmen gewohnt. China war bis vor kurzem eines der ärmsten Länder der Welt. Jetzt sind chinesische Investoren plötzlich Konkurrenten oder Rivalen, daran muss man sich gewöhnen. Die Zentralregierung hat viel Geld. Nicht verwunderlich, bei einem land mit 1,4 Milliarden Menschen.
Die EU-Statistikbehörde Eurostat hat nachgerechnet. Da kommt heraus, dass bei Direktinvestitionen in der EU China weit hinter den USA, Kanada und sogar hinter der Schweiz liegt.
Aber klar, dass Volvo einer chinesischen Firma gehört, dass Daimler oder die Deutsche Bank starke chinesische Aktionäre haben, das ist neue. Gefährlich ist es nicht.
Grund sich zu fürchten ist das nicht.