Sie sind ploetzlich wieder da in den amerikanischen Nachrichten: die beschaemenden Bilder von Abu Graib, dem Gefaengnis bei Bagdad in dem irakische Gefangene monatelang misshandelt wurden. Der Untersuchungsbericht des ehemaligen Verteidigungsministers James Schlesinger spricht von beispiellosem Chaos, sinnlosem Sadismus und Brutalitaet bei den naechtlichen Verhoeren. Einzelfaelle seien das keine gewesen, schliesslich gibt es inzwischen mehr als 300 Untersuchungen.
Die halboffizielle Kommission, die von Verteidigungsminister Rumsfeld eingesetzt wurde, sieht Fuehrungsschwaeche, fehlende Kontrolle und widerspruechliche Befehle als die entscheidenden Gruende fuer das Debakel. Dafuer seien auch die obersten Chefs im Pentagon mitverantwortlich. Aber Grund fuer einen Ruecktritt des Generalstabschefs oder des Verteidigungsministers sieht Schlesinger nicht: es habe einfach keine Folterbefehle gegeben. Die sadistischen Aktionen der Nachtschicht von Abu Graib sind nicht auf Anweisungen von oben zurueckzufuehren, es sei einfach in animalischer Weise alles ausser Kontrolle geraten, urteilt der Chef der Untersuchungskommission.
So viele unterschiedliche Abu Graib Untersuchungen gibt es inzwischen, dass die Oeffentlichkeit laengst den Ueberblick verloren hat. Fuer einige Generaele im Pentagon wird dder Bericht der Schlesinger-Kommission trotzdem das Ende der Karriere bedeuten, vermutet der Pentagon-Korrespondent des Fernsehsenders CBS. Der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch ist das viel zu wenig: sie glaubt, die Folterung von Gefangenen sei Teil der militaerischen Strategie gewesen und der strenge Tadel der Schlesinger-Kommission ein billiger Preis fuer vermiedene politische Ruecktritte, sagt Human Rights Watch.
Eine echt unabhaengige Untersuchungskommission des Kongresses, die der Regierung wirklich gefaehrlich werden koennte, ist aus heutiger Sicht unwahrscheinlich. Die zahlreichen internen Militaeruntersuchungen zu Abu Graib werden zwar wohl zu weiteren Militaergerichtsverfahren fuehren, den politischen Schaden aber in Grenzen halten.