Wie groß ist die Gefahr eines Krieges zwischen den USA und dem Iran? MiÖ, 17.5.2019

Der amerikanische Präsident lässt verbreiten, dass er, Trump, seinen Mitarbeitern klar gemacht hat, dass er keinen Krieg mit dem Iran wünscht. Wieso muss er das eigentlich so dezidiert erklären, noch vor kurzem hat sich niemand vorstellen können, dass es zu einer solchen militärischen Auseinandersetzung kommt?
Diese Konfrontation zwischen den USA und dem Iran hat sich in den letzten Wochen verschärft, in den letzten Tagen ist die Situation immer gefährlicher geworden.
Aber begonnen hat alles vor einem Jahr, als die Amerikaner den Atomdeal einseitig aufgekündigt, obwohl sich der Iran daran gehalten hat.
Was ist seither passiert? Die USA haben Wirtschaftssanktionen verschärft, Washington will überhaupt verbieten, dass der Iran Erdöl exportiert, an welches Land auch immer.
Dann ist ein amerikanischer Militäraufmarsch dazugekommen. Kriegsschiffe und ein Flugzeugträger sind in Richtung Iran geschickt worden. Und das Pentagon in Washington hat sich darauf vorbereitet 120 000 Soldaten in Richtung Iran in Bewegung zu setzen.
Dann erste Zwischenfällen gegeben. Vier Öltanker sind attackiert worden. Und zuletzt hat der CIA Fotos vorgelegt, wonach die Iraner Raketen auf Schnellboote montieren.
Eindruck: das alles sieht so aus wie der Aufmarsch zum Irakkrieg. Plötzlich war Kriegsangst von früher wieder da.

Wie sind die beiden Kontrahenten in dieser Konfliktsituation einzuschätzen? Wer iranische Revolutionsführer Chameinei und US-Präsident Trump. Wer könnte an einem Krieg interessiert sein?
Auf der iranischen Seite gibt es natürlich Hardliner, die immer schon skeptisch waren gegenüber den Verhandlungen mit dem Westen. Dazu gehören die Revolutionsgardisten und Teile des Militärs. Die haben Verbündete in der Region, diverse Milizen und in Syrien das Assadregime.
Aber die meisten Experten gehen davon aus, dass die Führung einer großen, direkten Konfrontation aus dem Wege gehen will, weil man weiss, dass der Iran militärisch unterlegen wäre.
Auf der amerikanischen Seite ist die Lage weniger klar.
Beim Präsidenten ist es so, er droht zwar gerne droht, aber einen wirklichen Krieg strebt er selbst wohl nicht an. Er will ja eher, dass sich Amerika aus Konfliktzonen zurückzieht.
Aber in Trumps Regierung gibt es eine echte Kriegsfraktion. Da gehört Außenminister Mike Pompeo dazu und der Sicherheitsberater den Bolton. Von Bolton weiß man, dass er immer noch den Irakkrieg für eine gute Sache hält. In der Vergangenheit hat sich Bolton wiederholt für einen gewaltsamen Sturz des iranischen Regimes ausgesprochen.
Auch unter den amerikanischen Verbündeten in der Region gibt es eine Kriegsfraktion. Das sind die Saudis und auch Israel zählt zu den Hardlinern, wenn es gegen den Iran geht.
Die Sorge ist, dass dieser Kriegsfraktion in Washington den außenpolitisch unerfahrenen Präsidenten in eine Situation hineinmanövriert, wo es zu einem Krieg kommt, den Trump selbst gar nicht wirklich angestrebt hat.
Die Europäer waren ja entsetzt, wie Trump das Atomabkommen mit dem Iran aufgekündigt hat. Sie wollten den Dialog mit der iranischen Führung aufrecht erhalten. Warum ist es den Europäern nicht gelungen, diese Eskalation zu verhindern? Ist es wieder einmal die fehlende Einigkeit, die sie schwächt?
Nein, in der Iranpolitik sind die Europäer einig, wie selten. Sogar die Briten, die normalerweise immer den USA die Stange halten, sind diesmal auf der gleichen Linie wie Deutsche, Franzosen und die gesamte EU, die alle das Atomabkommen retten wollten.
Aber die Europäer sind, auch wenn sie einer Meinung sind, zu schwach um sich dem amerikanischen Strategiewechsel in der Iranpolitik zu widersetzen.
Aus politischen, aber auch wirtschaftlichen Gründen. Und zwar wegen der wirtschaftlichen Bedeutung der USA und vor allem wegen der überragenden Rolle des Dollar in der Welt.
Wenn die Amerikaner sagen jede Firma in der Welt, ob aus Europa, oder aus Asien oder von irgendwo sonst, die mit dem Iran Geschäfte treibt, wird von uns als feindliches Unternehmen angesehen und belangt, dann haben die Europäer dem wenig entgegen zu setzen. Kein weltweit tätiges Unternehmen will sich vom amerikanischen Markt verdrängen lassen.
Die Europäer sind gescheitert mit ihrem Versuch das Wiener Atomabkommen mit dem Iran gegen den Willen der USA am Leben zu halten. Sie müssen sich darauf einstellen, dass in ihrer Nachbarschaft ein Konflikt brodelt, auf den sie kaum noch Einfluss haben.

Es ist jetzt 40 Jahre her, dass die islamische Revolution unter dem Ayatollah Chomeini den Schah gestürzt hat. In dieser Zeit hat es immer wieder Kriegsdrohungen und nur wenige Phasen der Entspannung. Warum ist es zu keiner friedlichen Koexistenz zwischen der Islamischen Republik und den sunnitischen Regierungen gekommen?
Die islamische Revolution im Iran 1979 war eine schiitische Revolution. Das hat die Schiiten, die in allen anderen Staaten im Nahen Osten eine Minderheit, sind radikalisiert und der Einfluss des Iran ist überall gewachsen, gegenüber den autoritären sunnitischen Staaten. Dieser wachsende Einfluss Teherans hat die Saudis beunruhigt, Israel verstört und die USA beunruhigt.
Weil das die wichtigste Ölregion des Planeten ist.
Besonders wichtig ist die Straße von Hormus. Die ist nur 50 Kilometer breit, auf der einen Seite liegt die arabische Halbinsel, auf der anderen Seite der Iran. Da müssen die Öltanker durch. Das ist der zentrale Brennpunkt. Wenn dort etwas passiert, spürt das die ganze Welt.
Der einzige ernsthafte Versuch zu einer friedlichen Koexistenz mit der Islamischen Republik Iran war der Atomdeal, der in Wien unterzeichnet worden ist. Diese Deal hat Donald Trump mutwillig zerschlagen. Die Kriegsgefahr, die jetzt wieder da ist, wird höchstwahrscheinlich nicht so schnell verschwinden.

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