Trumps Angriff auf die Gesundheit der Welt

Die Welt hat sich daran gewöhnt, dass der Präsident der Supermacht Amerika internationale Organisationen verteufelt. Die jüngste Attacke Donald Trumps gegen die Weltgesundheitsorganisation WHO, eine der wichtigsten Behörden der Vereinten Nationen, geht jedoch über Verbalinjurien hinaus. Die USA sind erster Geldgeber der WHO. Inmitten der schlimmsten Pandemie seit 100 Jahren will der Präsident die Zahlungen einstellen, um vom eigenen Versagen abzulenken. Die provokatorische Geste des Präsidenten könnte verheerende Folgen für Afrika und Lateinamerika haben, wenn das Coronavirus sich in den nächsten Monaten im globalen Süden ausbreitet.
Der Streit um die Weltgesundheitsorganisation zeigt, was falsch läuft in der internationalen Politik. Covid-19 gehört zu den drängenden Problemen für die Menschheit. Aber die USA beschädigen die einzige globale Gesundheitsorganisation, die gegensteuern kann.
Trump wirft der WHO Abhängigkeit von China vor. Bereits am 31.Dezember 2019 hätte Taiwan auf die Ansteckung von Mensch zu Menschen durch Covid-19 hingewiesen, nachdem taiwanesische Experten Krankheitsfälle in Wuhan eigenständig untersucht haben. Aber für China spricht die Volksrepublik. Taiwan ist nicht UNO-Mitglied. Die US-Regierung ist von amerikanischen Mitarbeitern in der WHO allerdings regelmäßig informiert worden, was hinter den Kulissen läuft, schreibt die Washington Post. Noch am 14.Jänner dementierte die WHO offiziell die alarmierende Nachricht aus Taiwan. Unter dem äthiopischen Generalsekretär Tedros Adhanom Ghebreyesus, der in der revolutionären Diktatur des DERG groß geworden ist, hat der Einfluss Pekings zugenommen. Globale Gesundheitspolitik ist ohne das Riesenland mit 1,4 Milliarden Bürgern nicht vorstellbar. Erst als Peking verspätet die akuten Infektionsgefahren zugab, warnte die WHO vor der Pandemie.
Kritik an der WHO ist so alt wie die Organisation selbst, die mit Sitz in Genf nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet wurde. Bei der Schweinegrippe 2009 haben die Experten die Epidemie übertrieben. Viel Geld ging an Pharmaunternehmen, um Medikamente und einen Impfstoff herzustellen, die dann doch nicht gebraucht wurden. Bei Ebola vor fünf Jahren war die WHO umgekehrt zu zögerlich. Die betroffenen afrikanischen Staaten standen aus Sorge vor Isolation auf der Bremse.
Die WHO ist Teil des Systems der Vereinten Nationen, in dem Regierungen das Sagen haben. Die Weltgesundheitsorganisation kann Empfehlungen geben, Forschung fördern und Untersuchungen anstellen. Sie gibt Impfkampagnen in Auftrag und in Notfällen hilft sie bei der medizinischen Betreuung. Für viele Menschen des globalen Südens ist die Weltgesundheitsorganisation wichtiger als das eigene Gesundheitsministerium.
Einige Regionen Europas haben die erste Welle der Pandemie ganz gut überstanden. In den USA hetzt Donald Trump den rechten Mob gegen das Lockdown von Gouverneuren, denen die Gesundheit wichtiger ist als die Wirtschaft. Afrika und Lateinamerika stehen noch am Anfang. Aber es fehlen Spitalsbetten, Schutzbekleidung und Masken. Liberia hat fünf Beatmungsgeräte und zwei Ärzte, die mit der Technik vertraut sind. Das Land hat halb so viel Einwohner wie Österreich. Für die 200 Millionen Nigerianer gibt es 120 Intensivbetten. Die Infektion wird sich im globalen Süden ausbreiten, während sie noch immer die USA und Europa bedroht.
Bereits in der jetzigen Phase entscheidet die Finanzkraft der Käufer, wohin Masken oder Beatmungsgeräte geliefert werden. Kommen einmal Impfstoffe und Medikamente gegen Covid-19 auf den Markt, wird der Run noch größer sein. Die Weltgesundheitsorganisation ist die einzige Behörde, die sichern kann, dass Medikamente und Schutzausrüstung auch finanzschwache Regionen erreichen.
Die Kampagnen der WHO, in die die Ärzte ohne Grenzen und andere NGOs eingebunden waren, haben Polio ausgerottet und zehntausende Menschen vor Ebola gerettet. Der WHO, die auch von betuchten Wohltätern wie Melinda und Bill Gates unterstützt wird, kommt eine führende Rolle bei der Förderung der Forschung und der Entwicklung neuer Medikamente zu. Ein Impfstoff gegen Covid-19 liegt im Interesse aller. NGOs, die wegen der drückenden Bürokratie der WHO und dem Einfluss von Lobbies mit der Weltgesundheitsorganisation im Clinch lagen, halten sich daher zur Zeit mit Kritik zurück.
Eine von den Europäern angestoßene Allianz für Multilateralismus stärkt der obersten Gesundheitsbehörde den Rücken. Solange nicht die Weltbevölkerung immun ist, kann die Infektion immer auf andere Teile der Menschheit übergreifen. Eine globale Seuche ohne koordinierte Gegenmaßnahmen aller Staaten bekämpfen zu wollen, ist absurd. Es liegt im Interesse der gesamten Weltgemeinschaft den verantwortungslosen Angriff Trumps auf die WHO zurückzuweisen.

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