In Peking wurde heute eine kritische Journalistin zu 7 Jahren Haft verurteilt. Das Gericht wirft der 71jährigen Gao Yu Geheimnisverrat vor. Menschenrechtsorganisationen sehen das Urteil als Zeichen eines zunehmenden repressiven Vorgehens der chinesischen Behörden gegen kritische Stimmen in der Gesellschaft.
Das Gericht will ganz offensichtlich ein Exempel statuieren. Nur so ist das strenge Urteil von 7 Jahren gegen die 71jährige unabhängige Journalistin Gao Yu zu verstehen.
Diplomaten und Journalisten aus Europa und den USA sind heute früh vor das Gerichtsgebäude in Peking gekommen. Der Fall war seit der Verhaftung von Gao Yu vor einem Jahr ein internationales Thema.
Die unabhängige Journalistin Gao Yu, die heute so streng verurteilt wurde, war ursprünglich Vizechefredakteurin eines chinesischen Reformblattes. Sie hat auch für internationale Sender gearbeitet. Mehrmals war sie wegen ihrer Arbeit bereits im Gefängnis. Die hohe Strafe von sieben Jahren Haft für die 71jährigen Journalistin ist wohl als abschreckende Maßnahme gedacht.
Der Vorwurf lautet jetzt Geheimnisverrat.
Konkret soll sie dem Chefredakteur der Hongkonger Magazins „Wirtschaftsspiegel“ ein internes Parteidokument weitergegeben haben.
Die Verteidiger haben vergeblich argumentiert, dass eine ideologische Richtlinie der Partei nicht als Staatsgeheimnis im Sinne des Strafrechtes betrachtet werden kann, sagt der Verteidiger Shang Baojun im Gespräch mit einem französischen Radiosender.
Konkret ging es offensichtlich um das sogenannte ZK-Dokument Nummer 9, in dem die Kommunistische Partei sieben antisozialistischen Verfehlungen den Kampf ansagt.
Das Dokument zirkuliert breit im Internet. Pro und Contra von Verfassungsstaat und freier Meinungsäußerung, Neoliberalismus, Nihilismus und Journalismus westlichen Typs werden bis heute diskutiert.
Und gleichzeitig kommt man für die angebliche Weitergabe der Parteiresolution ins Gefängnis.
Die Kombination von großer Durchlässigkeit und unnachgiebiger Härte ist für das gesamte chinesische System typisch. Jeden Tag bekommen die Medien mündliche oder schriftliche Anweisungen von oben, welche Themen groß gespielt werden sollen und welche nicht, welche Ausdrücke zu vermeiden sind und welche nicht. Die Medien befolgen die Anweisungen streng. Gleichzeitig landen die Zensurvorgaben häufig selbst im Internet.
Alle Webseiten sollen ein Video löschen, auf dem ein populärer Fernsehmoderator sich über Mao Tse tung lustig macht, heisst es zum Beispiel am 8. April. Fahrt die Diskussion herunter.
Fünf Tage später, am 13.April verlangt die Medienbehörde, dass die internationalen Berichte über Chinas angebliche Wunderwaffe für Attacken im Internet nicht mehr abgedruckt werden.
Genau nachprüfen lassen sich diese Zitate naturgemäß nicht, aber die Quellen im Internet sind ernsthaft
Der Fall von Gao Yu wird dadurch kompliziert, dass die 71jährige kurz nach ihrer Verhaftung vor laufender Kamera ein Reuebekenntnis abgelegt hat, das damals im zentralen chinesischen Fernsehen prominent verbreitet wurde.
Das Geständnis ist unter Druck entstanden, sagen die Verteidiger, vor Gericht hat sie ihre Unschuld beteuert.
Mit ihren 71 Jahren geht es Gao Yu gesundheitlich nicht gut, betont ihr Anwalt Shang Baojun, sie hat hohen Blutdruck, ihr Herz ist angegriffen und sie leitet an einer Ohrenkrankheit mit Gleichgewichtsstörungen.
Die Anwälte sagen, dass die Verurteilte Journalistin Berufung einlegen wird. Aber derart harte Urteile sind in China schwer umzudrehen.
Menschenrechtsorganisationen sagen, China sperrt zur Zeit viel mehr Systemkritiker ein, als früher.
Anfang der Woche wurde fünf junge Feministinnen frei gelassen worden, die Wochenlang im Gefängnis sassen, nur weil sie den Plan hatten am Internationalen Frauentag Flugblätter gegen häusliche Gewalt zu verteilen.