Putins Plan: Sowjetunion ohne Sozialismus

Die ukrainische Revolution ist zur Weltkrise geworden. In atemberaubendem Tempo hat Russland auf den Umsturz in Kiew mit Militärmanövern, Truppenbewegungen und schließlich dem Einmarsch in der Krim reagiert.   In Zeitraffer wiederholt sich das Szenario des Kaukasuskrieges 2008, der zur Abtrennung der von Minderheiten bewohnter Regionen Abchasien und Südossetien von  Georgien durch russische Truppen führte. Der von den amerikanischen Neokonservativen verblendete damalige georgische Präsident Saakaschwili hatte keine Geste ausgelassen,  den großen Bruder zu provozieren.   In der Ukraine hat der Kreml für seinen Feldzug nicht einmal auf einen Vorwand gewartet.

Wladimir Putins Aktionsplan geht  über die Krim weit hinaus.  Im gesamten östlichen Teil der Ukraine leben Russen, die in der konstruierten Scheinwelt Moskaus vom ukrainischen Faschismus bedroht sind.  Demonstranten, die  in Odessa, Charkow oder Donetsk die russische  Fahne hissen, ein separatistisches Referendum fordern und um brüderliche Hilfe rufen, reichen aus, damit Russland   sich berechtigt fühlt, zu intervenieren. Die Existenz der Ukraine als souveräner Staat  steht auf dem Spiel. Die russische Machtergreifung auf der Krim bedeutet, dass Russland ein knappes Vierteljahrhundert nach dem Zerfall der Sowjetunion die damals akzeptierten Grenzen in Frage stellt.

Der Aufschrei der neuen ukrainischen Führung in Kiew, der Europäer und Amerikaner  kommt zu Recht. Der ukrainische Interimspräsident spricht von Kriegszustand.  Obama und Merkel drängen Putin in stundenlangen Telefonaten zur Zurückhaltung. Aber das Kräfteverhältnis ist in dramatischer Weise zugunsten Russlands. Die Ukraine selbst ist hilflos, die ukrainische Streitkräfte desorganisiert. Die USA sind von der Krise im östlichen Teil Europas nur am Rande betroffen. Der Präsident will sich aus bestehenden internationalen Verpflichtungen zurückziehen und wird mit Sicherheit keine neuen eingehen. Die Europäische Union ist  im Zentrum des revolutionären Sturmes gestanden, hat aber viel zu wenig Instrumente auf internationale Krise rasch  zu reagieren. Mit Krieg an den östlichen Grenzen und der Kernschmelze eines ganzen Staates ist die   EU-Außenpolitik überfordert.  Zum Sterben für Sewastopol, die militärische Hilfe für die von Putins Offensive bedrohten Nachbarn Russlands, ist in Europa niemand bereit.

Aber die Zeiten sind vorbei, in denen die Europäer im Konflikt mit Russland die Position des Vermittlers einnehmen konnten. Die russischen Kräfte sind die Aggressoren und müssen auch als solche  benannt werden. Ein langfristiges Angebot an Russland muss es trotzdem geben. Der amerikanische Außenpolitikexperte Zbigniew Brezinski, einst  Sicherheitsberater unter Jimmy Carter, schlägt  einen an das neutrale Finnland während des Kalten Krieges  angelegten Status für die Ukraine vor. Die NATO müsste in aller Form auf die Mitgliedschaft weiterer ehemaliger Sowjetrepubliken verzichten. Russland hätte die staatliche Souveränität zu respektieren, wie das auch bei Finnland oder dem neutralen Österreich der Fall war. Für die Krim ließe sich ein Sonderstatus aushandeln. Das alles müsste auf einer  großen internationalen Konferenz abzusegnen sein, vergleichbar der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Helsinki 1975, die einst Leonid Breschnew und Gerald Ford, Erich Honecker, Helmut Schmidt und Bruno Kreisky zusammenführte.

Im Augenblick des russischen Konfrontationsgehabes ist  ein geopolitischer Kompromiss   in weiter Ferne. Aber gerade in Krisensituationen braucht Diplomatie auch Visionen. Während des Kaukasuskrieges 2008 hat Frankreichs Nicolas Sarkozy, der damals Ratspräsident der Europäischen Union, in einer dramatischen Pendelmission zwischen Moskau und Tiflis für Georgien einen Waffenstillstand ausgehandelt, der bis heute hält. Hunderte EU-Beobachter überwachen die Grenzlinien zwischen russischen und georgischen Streitkräften. Der verunglückte Vermittlungsversuch der drei EU-Außenminister Steinmeier, Sikorski und Fabius in den ukrainischen Revolutionstagen 2014 war der gemeinsame Versuch Europas  einen weichen Regimewechsel zu ermöglichen.

Eine Vorstellung, was der Umsturz  für das Verhältnis Europas zu Russland bedeutet, war nicht Teil des Deals. Jetzt führt an einer Neuordnung der geopolitischen Verhältnisse im Glacis zwischen  der Russischen Föderation und den EU-Außengrenzen  kein Weg vorbei.  Das letzte mit der Ukrainekrise vergleichbare Desaster hat der Kontinent  vor zwanzig Jahren erlebt, als das ehemalige Jugoslawien zerfiel. Die Europäer waren anfangs tief gespalten. Erst das Eingreifen der NATO unter amerikanischer Federführung hat die serbische Aggression beendet und eine Wende gebracht.   Die Außenpolitik der Europäischen Union hat sich seither  weiterentwickelt.   EU-Chefdiplomatin Catherine Ashton nahm bei der Koordination des europäischen Vorgehens eine Schlüsselstellung ein.

Jetzt daran kein Weg vor bei. Und vielleicht lernen Europäer diesmal schneller als nach den Jugoslawienkriegen, als es Jahre dauerte bis aus der zerspittertheit die Konsequenzen zur heutigen errolgreichen Politik gezogen worden.

 

 

 

 

 

Die Geschwindigkeit, mit der die russische Führung den Hebel von unfreundlichen Kommentaren über die neuen Herren in Kiew auf Militärintervention umlegt, zeigt, tief der Kreml  von den ukrainischen Ereignissen getroffen ist.

Unangreifbarkeit nationaler Souveränität als Grundprinzip? Plötzlich kein Thema

 

Die Eurasische Union war das wichtigste Projekt Putins den verlorenen Einfluss Russlands in der eigenen Nachbarschaft wieder zurückzugewinnen. Mit dem Verlust der Ukraine als fixer, prorussischer Bündnispartner bleibt von diesem Plan nur mehr ein  Rumpfkonstrukt  übrig. Alleine mit Weißrussland, Kasachstan und Armenien (??)  im Schlepptau kann Putin schwerlich behaupten,  die alten Bande sowjetischen Bande Russlands wieder hergestellt zu haben. Der Militäreinsatz auf der Krim ist das Eingeständnis, dass das Vorhaben einer großen Eurasischen Union als Alternative zur Europäischen Integration  durch die Februarrevolution in Kiew zum Scheitern gebracht wurde. Putin kann seinen  Einfluss in der russischen Nachbarschaft nur halten, wo  russische Soldaten stehen.

Aber das Überleben der Ukraine als eigenständiger Staat hängt nicht von der Kontrolle über die Halbinsel ab. Ein Sonderstatus für die mehrheitlich von Russen bewohnte Region wäre für die Zentralregierung in Kiew  sogar leichter zu akzeptieren, als für die Kaukasusrepublik Georgien die Trennung der von Russland alimentierten Separatistenstaaten Abchasien und Ossetien.  Oder für den Kleinstaat Moldau das mit russischer Hilfe abgespaltene Transnistrien.

Katastrophale Folge hätte es dagegen, wenn Russland aktiv die Abspaltung der mehrheitlich russischsprachigen Ostukraine betreiben würde.  Bei allen  Unterschieden zwischen der nationalistischen Westukraine um Lemberg, die kulturell  nach  Europa blickt, und den Industriegebieten im Osten um Charkow oder Dnjepropetrowsk (???), wo lange die Machtbasis des gestürzten Präsidenten Janukowitsch lag, nahmen die Gegensätze nie einen ausgeprägt ethnischen Charakter an.  Die Februarrevolution in Kiew hat auch im Osten des Landes die Hoffnung auf ein Ende von Korruption und Misswirtschaft genährt.

Der polnische Intellektuelle Adam Michnik erinnert daran, wie extrem die Bevölkerung der späteren ukrainischen Industriegebiete  unter dem Stalinismus gelitten hat, die Verwüstungen waren hier noch größer als in anderen Regionen der Sowjetunion. Zwangskollektivierung, Hungersnot und politische Repression haben Millionen Opfer gefordert. Praktisch die gesamte Elite der Bauernschaft, der Arbeiter, der Intelligenz  wurde von Stalin ausradiert. Die kollektive Erinnerung an die historischen Katastrophen ist eine der Grundlagen für die  Selbständigkeit des Landes.

Bei aller Frontstellung gegen die neue Führung in Kiew hat Wladimir Putin die staatliche Einheit der Ukraine bisher grundsätzlich nicht in Frage gestellt. Sollte sich das ändern und der Kreml auch über die Krim hinaus  einen Nationalitätenkonflikt zwischen Russen und Ukrainern schüren, dann wäre die größte aller Gefahren gegeben: ein Zerfallsszenario, das Züge der bosnischen Krise annimmt, wäre nicht mehr auszuschließen.

Rein militärisch ist  Russland  in einer überlegenen Position. Die ukrainischen Streitkräfte sind politisch tief gespalten und nur beschränkt einsatzfähig. Weder Amerika noch gar Europa denken im entferntesten daran, Kiew im Notfall mit Waffengewalt zur Seite zu stehen. Barack Obama rüstet das Pentagon ab und will das internationale Engagement der USA zurückfahren.  Eine diplomatische Eiszeit, möglicherweise verbunden mit Wirtschaftssanktionen, glaubt Putin riskieren zu können. Kommt es nicht rasch zu einer gütlichen Lösung zwischen Kiew und Moskau wird der Westen gut beraten sein, rasch ein umfassendes Instrumentarium wirtschaftlicher und politischer Boykottmaßnahmen aufzufahren. Die proeuropäische Führung in Kiew darf sich nicht alleine gelassen fühlen.

Die Europäer haben sich in den Revolutionstagen demonstrativ mit der Protestbewegung solidarisiert, aber gleichzeitig auch den Gesprächsfaden zu Viktor Janukowitsch nicht abreißen lassen.

 

 

Les militaires appellent cela des „gesticulations“. Cela consiste à montrer ses forces et les agiter pour rappeler que l’on n’est pas dépourvu de moyens qu’on pourrait utiliser au cas où et c’est ce que la Russie a fait hier.
Cela a commencé hier avec l’occupation de bâtiments administratifs de la péninsule de Crimée par des Ukrainiens favorables à la Russie, qui se sont saisis ce matin, des aéroports de Sebastopol et de Simferopol. Cela ne se serait sans doute pas fait sans feu vert de Moscou et c’est là façon de rappeler que ce territoire historiquement russe que Khrouchtchev avait rattaché à l’Ukraine en 1954 – à une époque où les frontières intérieures à l’Union soviétique n’avaient aucune importance, qui abrite toujours la flotte militaire russe à laquelle ouvre, par le Mer noire, le détroit du Bosphore et les mers chaudes, que ce territoire russophile, largement russe et disposant aujourd’hui d’un statut de République autonome au sein de l’Ukraine pourrait, donc, sur un claquement de doigt, faire sécession et même demander son rattachement à la Fédération de Russie.
C’était un signal politique et un signal militaire a aussitôt suivi, hier encore, avec le début de manœuvres en Russie occidentale, aux frontières de l’Ukraine, bientôt suivies elles-mêmes d’une réapparition, en Russie, du président ukrainien déchu, Viktor Ianoukovitch. En fuite depuis le week-end dernier, cet homme s’est dit toujours président en titre, a demandé la protection de la Russie, l’a obtenue dans le quart d’heure et devrait donner une conférence de presse cet après-midi.
Si l’on résume ces trois messages, la Russie dispose d’appuis populaires en Ukraine, de forces armées mobilisées aux frontières de ce pays et héberge un président en exil qui pourrait demander, un jour, à la Russie de rétablir dans son pays la légalité qu’il prétend incarner. Cela fait autant d’atouts pour le Kremlin qui vient de les abattre en rafale mais est-ce que cela signifie, pour autant, que Vladimir Poutine serait prêt à envahir l’Ukraine pour en organiser la partition ?
La réponse est non. Ce n’est pas le cas, en tout cas pas aujourd’hui, car les risques régionaux et internationaux d’une telle opération seraient bien trop grands pour que la Russie les prenne à ce stade. Elle n’a fait hier que rappeler un rapport de forces pour ne pas se laisser sortir de jeu mais outre, que l’on passe vite des gesticulations aux dérapages incontrôlés, la question ukrainienne est en train de devenir en Russie une cause nationale, passionnelle et ressemblant de plus en plus à l’Alsace-Lorraine dans la France d’avant 14.
Quels que soient ses calculs propres, Vladimir Poutine est désormais poussé à la fermeté par son opinion publique et doit en faire montre sous peine de décevoir jusque dans les milieux les plus pro-occidentaux de Moscou. En retour, le sentiment anti-russe se développe en Ukraine occidentale qui n’était hostile, jusqu’à présent, qu’au régime Poutine et cette crise ukrainienne se complique ainsi de jour en jour alors même que ce n’est de l’intérêt de personne.
Il faut crever l’abcès, agir et vite, et cela demande que l’Union européenne – on ne le répétera jamais assez – mette la Russie au pied du mur en lui proposant des conversations, éventuellement secrètes, sur les moyens de stabiliser l’Ukraine, c’est-à-dire d’éviter une bien inutile crise continentale.

 

Ce qui vient de Moscou n’annonce rien de bon. Tandis que Vladimir Poutine se tait et pèse ses options après la défaite personnelle qu’il a essuyée ce week-end en Ukraine, son Premier ministre et prédécesseur par intérim, Dmitri Medvedev, a sorti l’artillerie lourde. « Si l’on considère que les gens qui se baladent dans Kiev avec des masques noirs et des kalachnikovs sont le gouvernement, alors il nous sera difficile de travailler avec un tel gouvernement », a-t-il déclaré hier avant de qualifier d’« aberration » la reconnaissance par les Occidentaux des autorités provisoires qui se mettent en place.

Plus grave encore, Dmitri Medvedev a estimé qu’il y avait désormais, en Ukraine, une « véritable menace pour nos intérêts », ceux de la Russie, ainsi, a-t-il jouté, que « pour la vie et la santé de nos citoyens ». C’était là une manière de faire peser la menace d’une intervention militaire et, si l’on en est évidemment loin, ce ton reflète bien la fureur qui domine aujourd’hui en Russie non seulement au Kremlin mais également dans la population qui ressent comme une humiliation nationale, jusque dans les milieux les plus libéraux, cet éloignement d’un pays que la Russie considère comme faisant partie d’elle.

Si l’on ajoute à cela que le gouverneur de Kharkiv, la deuxième ville d’Ukraine et grande métropole de ses régions orientales et pro-russes, vient d’annoncer sa candidature à la présidentielle anticipée du 25 mai, on sent bien que la Russie ne veut pas s’avouer vaincue et mûrit une riposte.

Que peut la Russie ?

Pas grand-chose, en fait, de décisif. Elle peut entretenir les tensions, ne rien faciliter et tout compliquer encore plus mais quoi d’autre ? Jouer une sécession de la Crimée et des régions orientales ? Outre que ce serait faire une croix sur l’Ukraine actuelle, ce serait encourager, dans la Caucase et ailleurs, de mouvements indépendantistes ou séparatistes au sein même de la Fédération de Russie. Ce serait un saut dans l’inconnu et marquerait aussi une dégradation supplémentaire des relations avec les Etats-Unis et surtout l’Europe qui est le débouché naturel du gaz russe. C’est une option mais elle serait dangereuse et celle de la fédéralisation de l’Ukraine n’est sans doute pas non plus d’actualité, pas déjà en tout cas, car la Russie a une bien meilleure carte à jouer qui est d’attendre, en y contribuant, que le camp pro-européen se divise à Kiev et que l’Union s’y heurte à ses premières difficultés.

L’Ukraine demande à l’Union 35 milliards d’aide qu’elle ne peut pas lui fournir. L’Union ne pourra que décevoir beaucoup d’Ukrainiens mais même lorsqu’on en sera là, la Russie ne pourra pourtant pas remettre la main sur l’Ukraine. C’est une impasse générale qui s’annonce pour l’Union, l’Ukraine et la Russie et c’est pour cela qu’il n’y a pas aujourd’hui d’autre issue que la recherche d’un grand compromis faisant de l’Ukraine, de la Moldavie et de la Géorgie des pays militairement neutres et économiquement aussi liés à la Russie qu’aux 28. Ce ne sera pas facile, mais c’est la seule voie porteuse d’avenir.