Nordkorea und China, Mij, 15.4.2017

Glaubt man in Pjöngjang, dass es soweit kommt, ist man auf eine Militäraktion der USA gefasst oder fühlt man sich sicher?

Sicher kann man sich nicht fühlen. In Nordkorea spricht man davon, dass man am Rande eines Krieges steht, dass die Amerikaner riesige militärische Mittel bewegen, auch Atomwaffen. Das Außenministerium in Pjöngjang sagt jeden Augenblick kann ein Atomkriegs ausbrechen.

Aber dazu muss man sagen: das ist übliche Rhetorik. Das hören die Nordkoreaner seit Jahrzehnten. Ob die Führung sich wirklich auf einen Krieg einstellt? Konkrete Anzeichen gibt es keine.

Vorgestern Journalisten in Pjöngjang auf einen großen Tag vorbereitet worden, der hätte gestern sein sollen. Da sind alle Reporter aus den Hotels geholt worden und mit großem Trara an einen vorher nicht bekannten Ort gebracht worden, wo hunderte Militärs waren.

Das war eine Zeremonie um eine Straße zu öffnen, etwas was im Rest der Welt ganz ohne Getösen jeden Tag hunderte Male passiert.

Gut, Kim Jong Un, der Führer war dort, das ist selten, aber nach Kriegsvorbereitung hat das nicht ausgehen.

 

Morgen ist ein Tag, an dem sich der Konflikt weiter aufschaukeln könnte, der 105. Geburtstag des nordkoreanischen Staatsgründers Kim Il Sung, wird Pjöngjang den Westen an diesem Symboltag mit einem neuen Atomtest herausfordern?

Chinas Außenminister sagt, es kann jederzeit eine akute Krise ausbrechen. Das sind schon alarmierende Aussagen. Früher hat er das Bild von aufeinander zurasenden Zügen verwendet, die auf eine Kollision zusteuern, ohne, dass jemand auf die Bremse steigt.

Gleichzeitig  glaubt man in China aber nicht, dass es morgen zu einem neuen Atomtest kommt, den Peking auch offen ablehnt. Für wahrscheinlicher hält man es, dass bei der Militärparade am morgigen Samstg, dem 105.Geburtstag von Staatsgründer Kim Il Sung eine Interkontinentalrakete vorgeführt wird.

Das  wäre eine Vorgangsweise, die nach chinesischer Lesart eine um vieles geringere Provokation für die Amerikaner wäre, weil die Amerikaner sagen können, die Rakete funktioniert ja möglicherweise gar nicht.

Es baut sich aber eine Konfrontation auf, mit gefährlicher Eigendynamik. Nordkorea will  seine Atomrüstung nicht stoppen, weil man darin eine Rückversicherung für das Regime sieht. Die USA, mit militärischen  Drohgebärden, von denen nicht  klar ist, ob  dahinter wirklich ein Plan steckt, oder ob politischer Druck aufgebaut wird, durch diese Armada, die Donald Trump geschickt hat.

Worum geht es? Es geht nicht nur um die Atomwaffen alleine, sondern Trägersysteme, konkret eine Interkontinentalrakete, die USA erreichen könnte.

Wenn Nordkorea eine solche Waffe testet, dann könnte Trump sich veranlasst sehen, einen militärischen Schlag gegen Nordkorea durchzuführen, wie vor kurzem gegen Syrien.

Aber  Nordkorea ist nicht Syrien, die koreanische Halbinsel ist hochgerüstet. Nordkorea sagt, wenn die USA Enthauptungsschlag gegen Führung versuchen oder Bombenangriffe gegen Satellitenanlagen, dann wird Nordkorea Atomwaffen einsetzen. Die Katastrophe wäre perfekt.

Der US-Präsident spricht viel über seinen neuen Freund in Peking. Und setzt sehr darauf, dass die chinesische Führung ihren Verbündeten Kim Jong Un einbremst, hat’s Peking wirklich in der Hand zu verhindern, dass dieser Konflikt weiter eskaliert?

Die wirtschaftlichen Beziehungen sind wichtig, China ist der einzige nennenswerte Handelspartner für Nordkorea. Der Löwenanteil der Energieversorgung des Landes läuft über China.  Wie wichtig die Beziehungen mit China sind,  sieht man auch in den Supermärkten in Pjöngjang, wo es viele Waren aus China gibt.

Aber politisch ist die Situation radikal anders. Kim Jong Un hat vor ein paar Jahren die Nummer zwei des Regimes gesäubert, das war sein eigener Onkel Jang Song Thaek, der bekam einen Schauprozess und ist als Verräter hingerichtet worden. Der Mann war der wichtigste Verbindungsmann zu China in der Führungsmannschaft.  Nordkorea ist kein chinesischer Satelitt, wie kompliziert die Beziehungen sind hat, hat xi Jinping, der chinesische Präsident donald Trump ja in Florida auseinandergesetzt. Trump war  offensichtlich ziemlich verwundert und sagt, so kompliziert, hat er sich das gar nicht vorgestellt.

Auch der kürzlich in Malaysia  ermordete ältere Halbbruder Kim Jong Nam  galt als Verbindungsmann zu China. Er hat mit seiner Familie in Macau gelebt, er stand unter dem Schutz Chinas.

Kim Jong Un ist auch noch nie in Peking eingeladen gewesen.

In den kontrollierten chinesischen Medien gibt es warnende Artikel gegen Nordkorea. Umgekehrt wirft Nordkorea China vor, nach amerikanischer Pfeife zu tanzen, weil China das nordkoreanische Atomprogramm ablehnt und die Sanktionen in der UNO mitträgt. Es ist ein  kompliziertes Verhältnis.

China schickt die Kohle aus Nordkorea zurück, eine wirksame Strafe für das kommunistische Land?

Der Kohleboykott signalisiert, dass China weiter bereit ist sich an internationalen Aktionen zu beteiligen.

Chinas will das verhindern und betont, es muss zu einer Lösung ohne militärische Mittel kommen. Eigentlich sehr nachvollziehbar. Auffällig, dass zum Beispiel von europäischer Seite dazu noch nichts zu hören war, obwohl das eigentliche eine Frage die für Weltfrieden von höchster Relevanz ist.

Nordkorea soll mit seinem Atomwaffenprogramm schon sehr weit sein, dazu ein neuer US-Präsident, das macht die Lage so gefährlich,  jedenfalls unberechenbar – gibts keinen Weg zurück an den Verhandlungstisch?

Der Verhandlungsweg ist schwierig, aber nicht ausgeschlossen. Dass Nordkorea unmittelbar seine Atomwaffen aufgibt, das ist nicht vorstellbar.

Aber vielleicht könnte der jetzige Stand eingefroren werden, nicht abgebaut aber auch nicht getestet.

Wenn man jetzt sagt, es gibt diese Waffe zwar, aber sie wird nicht getestet, dann könnte das ein Weg in Richtung eines Einfrierens der nordkoreanischen Atomrüstung sein, der dazu führt, dass die Spannungen nicht weiter eskalieren.

Die Gefahr ist natürlich immer, dass bei einem derartigen Kalkül irgendjemand sich verrechnet und es plötzlich doch zu einer militärischen Eskalation kommt. China will das unter allen Umständen verhindern, unter anderem auch weil China als Nachbar  zu den größten Verlieren gehören würde.

Es hat gestern ein merkwürdiges Dementi aus dem chinesischen Verteidigungsministerium gegeben, wonach es falsch sei, dass chinesisches Militär an der Grenze zu Nordkorea zusammen gezogen wird. Jetzt kann man ein solches Dementi als auch Hinweis verstehen, dass es solche militärische Vorbereitungen tatsächlich geben könnte.  Die Folge sind Spekulationen, dass China auch selbst eingreifen könnte, wenn es zu kriegerischen Verwicklungen kommt.

Sehr wahrscheinlich ist ein solches Szenario nicht. Aber im Koreakrieg vor fast 70 Jahren hat ja China tatsächlich eingegriffen, als amerikanische Truppen am Jalu gestanden sind, dem Grenzfluss zu Nordkorea. Nordkorea ist militärisch eine Art Pufferstaat zu dem mit den USA verbündeten Südkorea. Irgendeine Art von amerikanischer Militärpräsenz, etwa um die nordkoreanischen Raketen und Bomben  zu neutralisieren, das will man in Peking sicher nicht haben.

 

 

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