3 Jahre Irakkrieg, Morgenjournal, 17.3.2006

 3 Jahre Irakkrieg, Morgenjournal, 17.3.2006

So pessimistisch waren die Amerikaner noch nie, wie am dritten Jahrestag der Irakinvasion 2003. Zwei Drittel sind der Meinung, dass die USA stetig an Boden verlieren gegenueber den Rebellen und nur mehr 23 Prozent haben Vertrauen in die Irakpolitik des Praesidenten. Nur 49 Prozent halten das Ziel, eines demokratischen und stabilen Irak ueberhaupt fuer erreichbar. Das ergab die juengste Untersuchung des angesehen Pew Research Centers.
Nicht viel besser ist die Stimmung, die in den Kommentaren der Zeitungen zum Ausdruck kommt. Selbst die stramm konservative Meinungsseite des Wall Street Journal warnt vor einer gefaehrlichen Sackgasse im Bagdad. Die grossen liberalen Blaetter sprechen von einer grossen Zahl verhaengnisvoller Fehler der Regierung, die den Irak drei Jahre nach dem triumphalen Marsch der amerikanischen Truppen auf Bagdad in den Morast von Aufstand und Buergerkrieg gefuehrt haben. Besonders im Visier der Kommentatoren: Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, dem man vorwirft, dass er selbstherrlich alle warnenden Stimmen vor und nach der Invasion ignoriert haette.
Die fundierteste Kritik am Verteidigungsminister kommt vom New York Times Militaerexperten Michael Gordon, der rechtzeitig zum Jahrestag einen 500-Seitenwaelzer ueber den Irakkrieg mit dem fetzigen Titel „Cobra II“ auf den Markt brachte. Fuer Gordon ist der Irakkrieg eine Kombiniation von Hybris und Heroismus, von militaerischer Hochtechnologie und kultureller Ignoranz. Er sieht eine direkte Verbindung zwischen der von Rumsfeld zu verantwortenden Kriegsfuehrung und den Erfolgen der antiamerikanischen Aufstandsbewegung.
Verteidigungsminister Rumsfeld wollte einfach einen schnellen Krieg, aus dem man wieder rasch herauskommt, so Buchautor Michael Gorden. Er wollte die Zeit der Besatzung begrenzen und moeglichst wenige Soldaten schicken.
Schlimmer gemacht wurde die Situation durch die Aufloesung der alten irakischen Armee durch den damaligen US-Statthalter in Bagdad Paul Bremer, so Michael Gordon. Mit mehr Soldaten, waere es nie zu dem Chaos gekommen, das der fruchtbare Boden fuer die Rebellion wurde.
Selbst als die Zahl der Guerillaaktionen und Anschlaege zunahm, habe sich das Pentagon die Gefahr nicht ernst genommen.
Koautor Bernard Trainor, ein pensionierter General, sieht Rumsfeld persoenlich fuer zahlreiche Fehlentscheidungen verantwortlich. Der Verteidigungsminister habe einen ganz besonderen Fuehrungsstiel. Er kommt wieder und wieder auf seine Offiziere zugekommen, und macht sie muerbe.
Im Militaer gibt es die Tradition, dass man alle Frage offen diskutiert. Aber wenn die zivilen Chefs etwas entscheiden, dann sagt man Jawohl und gehorcht, so Ex-General und Buchautor Trainor.
Ob das nicht ein bischen nach Absolution fuer die militaerische Fuehrung gilt, die an der traurigen Lage im Irak wohl auch nicht ganz unbeteiligt ist, wird der ehemalige General der Marines gefragt. Etwas mehr Rueckrat gegen einen autoritaeren Ressortchef haette man sich erwarten koennen, gibt der zu. Zumindest einen der ehemaligen Chefplaner des Irakkrieges hat New York Times-Autor Michael Gordon gefunden, der heute selbstkritisch zugibt, zuwenig Widerspruch gegen Rumsfeld sei sein groesster Fehler gewesen.

 

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