Farid Hafez, Wie ich zum Staatsfeind erklärt wurde, Promedia 2024

Die sogenannte Razzia gegen die Moslembruderschaft vom November 2020 ist ein Schandfleck für  Österreich. Fast 1000 Polizisten führten als Antiterrormaßnahme bezeichnete Hausdurchsuchungen bei 70 Persönlichkeiten und islamischen Institutionen durch. Wie die Justiz später feststellte ohne berechtigten  Anfangsverdacht. Die Verfahren wurden inzwischen eingestellt, der Rechtsstaat hat schließlich funktioniert.

  Bekanntestes Opfer ist der Politikwissenschaftler Farid Hafez, der seine  Erlebnisse rund um die Operation Luxor, wie die Aktion genannt wurde, und seine Einschätzungen der Kampagne der damaligen Regierung Kurz gegen den politischen Islam zu Papier gebracht hat. Farid Hafez stammt aus Oberösterreich. Nach den bösen Erfahrungen in Österreich ist er in die USA ausgewandert und unterrichtet an einem College in Massachusetts.  In seinen politikwissenschaftlichen Studien prangert er die Islamophobie des Westens an. Für ihn persönlich kulminierte die Islamfeindlichkeit als eine schwer bewaffneten Einheit der Cobra in den Morgenstunden des 9.November 2020 in seine Wohnung stürmte, ihn, seine Frau und seine Kinder aus dem Schlaf riss. Sein Buch zeichnet nach, was für dramatische Folgen es für einen  engagierten Wissenschaftler und Aktivist hat, wenn man  von einem Tag auf den anderen als Terrorist verdächtigt wird. Es ist das Zeugnis eines Betroffenen einer unrühmlichen Episode. Karl Nehammer, der heutige Kanzler und damalige Innenminister, hatte die Razzia als großartigen Schlag gegen den politischen Islam angepriesen. Für den suggerierten Generalverdacht in Sachen  Terrorismus hat sich das offizielle Österreich bei den Muslimen in Österreich nie entschuldigt.

 Die Moslembrüder sind eine weitverzweigte  konservativ-islamistische Strömung der arabischen Welt. Die palästinensische Hamas gehört dazu, deren Terrorismus beim Pogrom des 7.Oktober manifest wurde, genauso wie die bei Wahlen erfolgreichen Moslembrüder in Ägypten, deren Präsident Mursi durch den Militärputsch des heutigen Präsidenten as-Sisi gestürzt wurde. In Israel war eine mit den Moslembrüdern verbundene arabische Partei sogar einmal Teil einer Regierungskoalition. Historisch haben sich immer wieder Dschihadisten  aus diesem Milieu radikalisiert.   Im arabischen Frühling waren liberale und demokratische Kräfte gegenüber konservativen Islamisten rasch in der Defensive. Inzwischen sind beide Gruppen Opfer der neu erstarkten staatlichen Repression. Welche Rolle dieser Strömung in Österreich und überhaupt in Europa in den islamischen Communitys tatsächlich zukommt, ist eine spannende Frage, die  Autor Farid Hafez jedoch leider offen lässt.

Farid Hafez, Wie ich zum Staatsfeind erklärt wurde. Die Operation Luxor und der Kreuzzug gegen den „Politischen Islam“, Promedia 2024

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