Der globale Süden solidarisiert sich mit Palästina, 1.11.2023

Der Krieg gegen Gaza, mit dem Israel auf das Pogrom des 7.Oktober reagiert, spaltet die Welt.  Auf europäischen Regierungsgebäuden hängen israelische Fahnen. Im globalen Süden dominieren die Solidaritätserklärungen für Palästina. In der russischen Kaukasusprovinz Dagestan stürmte ein antijüdischer Mob den Flughafen, auf dem Flüge aus Israel landen. Der südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa vergleicht die Palästinenser   mit den Kämpfern des African National Congress von einst.  In Afrika, Asien und Lateinamerika gilt Israel nicht als einzige Demokratie des Nahen Ostens sondern als Apartheidstaat. Die Differenzierung, die Menschenrechtsorganisationen  zwischen den besetzten Gebieten und  dem Kernland Israel vornehmen, gehen verloren.

  Das israelische Militär  veröffentlicht Details des Pogroms vom 7.Oktober.  Journalisten werden verunstaltete Leichen und abgetrennte Körperteile gezeigt. Die Videos aus den Kopfkameras der Terroristen beweisen die  Grausamkeit des Massakers. Die israelische Regierung führt Politiker und Journalisten durch die Kinderzimmer der verwüsteten Kibbuzim. Niemand, der sich vergegenwärtigt, was hier passiert ist, kann sich dem Mitgefühl für die Opfer entziehen. Das Entsetzen über die Gewaltorgie schafft  die Legitimität für den Gegenschlag.

 Aber während in Europa und Amerika die  Gräueltaten der Terroristen im Zentrum stehen, blickt der Rest der Welt  auf die humanitäre Katastrophe, die Israel seither in Gaza anrichtet. Unter dem Slogan „Nicht in unserem Namen“ protestieren in den USA jüdische Friedensgruppen gegen die Dehumanisierung der Menschen in Gaza.  Eine differenzierte Sicht auf die Grenzen des Selbstverteidigungsrechts eines Staates ist fast unmöglich geworden. Ebenso die Debatte, welche Mittel beim Widerstand eines unterdrückten Volkes legitim sind.    

  Hamas muss so zerstört werden wie der Islamische Staat in Syrien, lautet die Doktrin, mit der Israel die Angriffe auf Gaza begründet. Allerdings ist die islamistische Organisation in der palästinensischen Gesellschaft tief verwurzelt. Davon war  einst auch Premier Netanjahu überzeugt.  Um einen Palästinenserstaat zu verhindern sollte man am besten Hamas stärken, zitiert die New York Times den Regierungschef bei einer Likud-Veranstaltung 2019.  Seit dem  Massaker  ist Palästinenserpolitik für Israel erst nach der Vernichtung von Hamas vorstellbar.

  Im globalen Süden ist die Sicherheit Israels kein Thema.  Anwar Ibrahim, der Premierminister Malaysias spricht vor einer aufgeheizten Menge nur von den toten Kindern, die in Gaza aus den Trümmern  geborgen werden. Wael Al-Dahdou, der Korrespondent des TV-Senders Al Jazeera erfährt während der Arbeit, dass seine Familie, die in den Süden Gazas geflohen war, bei einem Bombenangriff getötet wurde. US-Außenminister Antony Blinken hatte Katar als Eigentümer von Al Jazeera ersucht, die Berichterstattung zu mäßigen. Für die arabischen Medien eine  Aufforderung zur Zensur.

 Der Krieg gegen die Ukraine hatte  Russland in der UNO isoliert. Amerika erlebt jetzt Ähnliches in Bezug auf den Nahen Osten.  Im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen blockieren die USA durch ein einsames Veto eine Aufforderung zum Waffenstillstand. In der Generalversammlung werden sie von einer überwältigenden Mehrheit überstimmt. Generalsekretär Antonio Guterres hatte die kollektive Bestrafung des palästinensischen Volkes angeprangert und auf die jahrzehntelange erdrückende Besatzung verwiesen. Israel reagiert wütend und verlangt seine Abberufung.  

  Auch in Europa gehen die Meinungen auseinander. Der  unbegrenzten  Unterstützung für Israel bei uns  steht wachsende Skepsis in Westeuropa gegenüber. Österreich hat mit Israel gegen die Waffenstillstandsresolution in der UNO gestimmt, Deutschland enthielt sich, Frankreich aber auch die Schweiz waren dafür.

    Für wie lange wird eine Verständigung unmöglich sein? Historiker verweisen auf den Jom Kippurkrieg 1973. Vier Jahre später sprach Ägyptens Anwar al Sadat, der Mann, der den Krieg vom Zaun gebrochen hatte, in der Knesseth über Frieden.  Das Kriegsbeil ist  zwischen den Nachbarn seither begraben.

 Die Verständigung zwischen Palästinensern und Israelis ist schwieriger. Es müsste zu einem historischen Kompromiss zwischen zwei Völkern kommen, die das gleiche Land als ihre Heimat beanspruchen. Israel ist durch  europäische Besiedlung entstanden, was die Feindschaft des globalen Südens gegen den jüdischen Staat erklärt. Trotzdem beweist der Krieg um Gaza, dass Sicherheit für Israelis und Palästinenser  nur gemeinsam zu erreichen sein wird. Je länger das israelische Militär Tod und Verderben über  mehr als zwei Millionen Menschen im  Gazastreifen bringt, desto geringer wird die Chance  gegenseitiger Akzeptanz. Ein Waffenstillstand, wie er von den meisten Staaten der Welt gefordert wird,  ist im Interesse der Zukunft beider Völker.

Die Anläufe zum Frieden von einst

Israels Friede mit Ägypten wurde in Camp David 1979  besiegelt, mit Jordanien 1994. 1993 erkannten Israel und die PLO einander an. Jassir Arafat baute die Teil-Selbstverwaltung auf. Die  Verhandlungen für  einen Palästinenserstaat wurden nach der Ermordung von Premier  Rabin durch den Ausbau jüdischer Siedlungen und Proteste der Palästinenser blockiert. 2020 folgten  Verträge mit  Bahrein, Sudan und den Emiraten.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*