Wladimir Putin wird in Moskau noch lange im Sattel sitzen. Sein Kampf zur Zerstörung der Europäischen Union von außen und von innen wird weitergehen, auch in Österreich. Nach der Bestätigung des Kremlherrn durch die gelenkten Wahlen vom Wochenende bekommen die spektakulären Veröffentlichungen über die Reichweite des russischen Einflusses in unserem Land zusätzliche Aktualität.Der FALTER berichtet über ein Dossier, in dem die Verbindungen russischer Geheimdienstleute zur FPÖ aufgelistet werden. Auch Spiegel, Standard und Profil haben aufgedeckt, dass der Einfluss russischer Dienste bis in die Staatssicherheit und ins Außenministerium reichte.Jan Marsalek, eine zentrale Figur der kollabierten Finanzfirma Wirecard, arbeitet für den Kreml. Der Österreicher Marsalek, der über Bad Vöslau nach Belarus geflüchtet ist, ist in Kreisen der heimischen Staatssicherheit ein- und ausgegangen.Die ÖVP hat dem Treiben als Regierungspartei lange zugesehen. Jetzt will Generalsekretär Stocker die Freiheitlichen als Russenpartei branden. Außenminister Schallenberg spottet über die FPÖ als „Freunde Putins in Österreich“. Ungeachtet der schwarz-blauen Koalitionen in drei Bundesländern. Ob die Taktik aufgeht, bleibt abzuwarten.Die Situation ist heute anders als in den Anfängen der Zweiten Republik. Historisch war die KPÖ die Russenpartei. Sie galt als verlängerter Arm der sowjetischen Staatsmacht. Die Kommunisten haben Diktator Stalin verehrt und wurden aus Moskau finanziert. Im Widerstand gegen den Nationalsozialismus waren sie die stärkste Kraft gewesen.Die düstere Realität in den sozialistischen Bruderstaaten und die Erinnerung an die Besatzungszeit machten die KPÖ zum innenpolitischen Paria. Antikommunismus war quasi Staatsdoktrin. Linke Initiativen wurde von der SPÖ erfolgreich mithilfe antikommunistischer Reflexe ausgebremst. „Geht’s doch nach Moskau“ bekamen die versprengten 68er in den Straßen Wiens zu hören.Die Verhältnisse haben sich umgedreht. Den kriegführenden Reaktionär Putin bewundern Trump, Le Pen und Kickl. Moskau steht nicht mehr für die stalinistische Perversion des Sozialismus, sondern für ein roll back von Freiheit und demokratischen Errungenschaften. Und für den erbarmungslosen Aggressionskrieg gegen die Ukraine.Das österreichische Außenministerium hat zwei russische Diplomaten zu unerwünschten Personen erklärt. Insgesamt wurden seit 2020 elf Russen aus Wien ausgewiesen. Das Verfahren gehört zum diplomatischen Alltag bei Spannungen. Die Zeit des Honeymoon mit dem russischen Regime ist seit dem Ukrainekrieg auch für Österreich vorbei.Putin bleibt für absehbare Zeit an der Macht, der Ausgang der Scheinwahlen vom Wochenende bestätigt die Diagnose. Die Repression im Inneren wird zunehmen. Politischen Gefangenen wie dem Journalisten Vladimir Kara-Mursa und dem Sozialisten Boris Kagarlitzki droht ein Leben im Gulag. Der kriegerischen Bedrohung der Nachbarschaft zu begegnen, wird in Zukunft eine der Hauptaufgaben der Europäischen Union sein.Symbolische Schritte werden angesichts all dessen nicht ausreichen. Die Freundschaftsdienste für den Kreml von österreichischer Seite gehören ordentlich untersucht. Die FPÖ muss gezwungen werden, ihre Verbindungen offenzulegen. ÖVP und SPÖ sollten einen ehrlichen Schlussstrich unter den in ihren Reihen grassierenden Opportunismus ziehen. Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss zu den Russlandkontakten ist überfällig.Zu einer Verteufelung des Russischen darf es wegen Putin nicht kommen. Einst sind die Untergrundmedien des sowjetischen Samisdat im Westen aufgegriffen und wieder in die UdSSR zurückgespiegelt worden. Ähnliche Möglichkeiten sollten wir heute russischen Demokraten geben. Österreich, das Putin so lange zu Füßen gelegen ist, könnte zur Abwechslung eine Willkommenskultur für die verbliebene russische Zivilgesellschaft schaffen, wünscht sichIhr Raimund Löw |