Zwischen den USA und dem Iran baut sich ein Konflikt auf, der Parallelen zur Vorbereitung des Irakkrieges unter George W.Bush 2003 aufweist. Die Trump Administration will die Islamische Republik wirtschaftlich erdrosseln, strebt jetzt aber auch eine militärische Allianz gegen Teheran an.
Ausgangspunkt sind die Spannungen in der Straße von Hormus. Durch die Meeresenge zwischen dem Iran und der saudischen Halbinsel fahren im Stundentakt Supertanker, die Erdöl nach Asien und Europa bringen. Vier Schiffe waren das Ziel mysteriöser Anschläge, für die die USA den Iran verantwortlich machen. Washington möchte den Öltankern militärische Begleitschiffe zur Seite stellen. US-Verteidigungsminister Mark Esper warb bei der NATO für eine Beteiligung der Europäer am Kriegsschiffeinsatz vor der iranischen Küste.
Wie vor dem Irakkrieg sind die Europäer geteilter Meinung. Frankreich betont, dass es im Kriegsfall keine Beistandsverpflichtung für den NATO-Verbündeten Amerika gäbe. Großbritannien schlägt sich auf die Seite der USA. Die britische Marine schickt ein zweites Kriegsschiff in die Region. Der linksliberale Guardian warnt, ein Premierminister Boris Johnson könnte mit den Amerikanern in den Krieg ziehen, weil Großbritannien mit Brexit auf die privilegierte Beziehung zu den USA angewiesen ist.
Wie tief die Briten bereits in den Konflikt hineingezogen sind, hat die letzte Woche gezeigt. Nach britischen Angaben wollten Schnellboote der Revolutionsgardisten einen Öltanker von British Petrol zwingen, in iranische Hoheitsgewässer zu fahren. Eine Fregatte der Royal Navy musste eingreifen, um die Entführung zu verhindern. Die Iraner bestreiten, dass es einen solchen Vorfall gegeben hat. Allerdings haben die Briten schon Tage zuvor vor Gibraltar einen iranischen Supertanker nach einem Wink aus Washington festgesetzt. Das Schiff sollte Erdöl nach Syrien bringen, heißt es in London, was den Sanktionsregeln der EU widerspricht. Auch diese Angaben weist man in Teheran zurück. Es dauerte Wochen, bis ein Ausweg in Sicht war. Die Verkettung von Ereignissen hilft den USA und ihrer Forderung nach einer internationalen Militärschutzmission für die Straße von Hormus.
Im Krieg ist bekanntlich die Wahrheit das erste Opfer. Fake News sind Teil jeder Kriegsvorbereitung. Der Irakkrieg wurde auf der Basis der Lüge von den Massenvernichtungswaffen Saddam Husseins begonnen. Im Fall des Iran ist es schwieriger einen Kriegsgrund zu kreieren. Donald Trump behauptet zwar unverfroren, dass die Iraner seit Jahren illegal Uran anreichern. Die Beschuldigung widerspricht allen Erkenntnissen der Internationalen Atomenergieorganisation, deren Inspektoren bestätigen, dass sich der Iran bis vor Kurzem an die Vorgaben des Atomdeals von 2015 gehalten hat.
Anfang Juli gab es in Teheran einen Kurswechsel. Die Zentrifugen in den Atomanlagen werden ausgemottet. Der Iran fährt die Anreicherung hoch, durch die Uran in verschiedenen Stufen zu Kernbrennstoff umgewandelt wird. Für Atombomben braucht man Uran, das zu 90 Prozent angereichert ist. Von dieser Marke ist das Land weit entfernt. Aber der Neustart des Atomprogramms verschärft die Spannungen.
Teheran reagiert auf die Aufkündigung des Atomdeals und die willkürliche Wiederaufnahme von Wirtschaftssanktionen durch die Trump Administration. Die Hardliner des Regimes haben die Oberhand bekommen. Präsident Hassan Ruhani will durch offensive Schritte die Europäer dazu bringen, das amerikanische Embargo zu durchlaufen und den Verkauf iranischen Erdöls zu ermöglichen. Zu den Druckmitteln gegenüber Europa gehört die Bereitschaft zur Konfrontation in der Straße von Hormus.
Der große Unterschied der heutigen Krise zum einstigen Aufmarsch gegen Saddam Hussein ist das Chaos in der amerikanischen Führung. Die Bush-Administration hat nach 9/11 systematisch auf die Invasion des Iraks hingearbeitet. In der Trump-Administration gibt es zwar die Hardliner. Sicherheitsberater Bolten und Außenminister Pompeo propagieren, dass der Einfluss des Iran auch mit Waffengewalt zurückgedrängt werden muss. Aber Donald Trump hält dagegen. Er hat seinen Anhängern versprochen, dass sich Amerika aus internationalen Verpflichtungen zurückzieht. Ein militärisches Abenteuer könnte seine Wiederwahl gefährden. Luftangriffe nach dem Abschuss einer US-Spionagedrone hat er zuerst befohlen und dann gestoppt.
Vom Mullahregime verlangt die US-Regierung die Aufgabe seiner Verbündeten im Libanon, in Syrien und im Jemen. Es ist kein Verhandlungsangebot, sondern die Aufforderung zur Kapitulation. Der Präsident glaubt, dass die Drohung mit Krieg ausreicht, damit Amerikas Widersacher nachgeben. Tatsächlich bringt der aggressive Kurs seiner Administration den Nahen Osten einer kriegerischen Auseinandersetzung Schritt für Schritt näher.