Trinkwasserprobleme Nepals nach Erdbeben, ZiB 24, 29.4.2015

Gadenstätter Lisa (ORF)
Und in Kathmandu begrüße ich jetzt unseren Reporter Raimund Löw. Herr Löw,
es gibt immer wieder berichte, dass in Kathmandu der Streit um
Nahrungsmittel und um Trinkwasser immer größer wird. Sie waren heute den
ganzen Tag in Kathmandu unterwegs – wie haben Sie denn diese Situation
erlebt?

Löw Raimund (ORF)

Das Problem des Trinkwassers ist allen bewusst, dass das zu einer großen
Gefahr, zu einer großen Gefährdung werden kann. Wir waren heute bei einem
Camp der Armee im Zentrum von Kathmandu, wo medizinische Hilfe geleistet
wurde. Lebensmittel sind verteilt worden und die allergrößte Schlange war
dort, wo Trinkwasser verteilt wurde. Aber es hat Trinkwasser gegeben. Es
scheint nicht so zu sein, dass es jetzt schon ein akutes Problem mit dem
Vorhandensein, oder der Abwesenheit von Trinkwasser gibt, sondern es ist
eine Warnung der Experten, die sagen: Die Situation ist so gefährlich, dass
es in der nächsten Zeit wenn man nicht aufpasst, wenn man nichts tut, zu
einer Gefahr der Seuchen kommen kann und das ist ein Bewusstsein, das sehr,
sehr präsent ist.
Gadenstätter Lisa (ORF) Ein weiteres, großes Problem ist, dass tausende Menschen hinaus wollen, aus
Kathmandu. Sie wollen in die Dörfer, zu ihren Familien – schauen ob ihre
Angehörigen überhaupt noch am Leben sind. Wie geht denn das voran?

Löw Raimund (ORF)

Das ist tatsächlich so massiv, dass auf den Ausfallsstraßen der Staat
riesige Busse, überfüllte Busse, LKWs mit vielen Menschen hinausholt. Da
hat es auch einen Zwischenfall heute gegeben beim Busbahnhof, wo es so
wenig Busse gegeben hat in die Richtungen, in die, die Menschen fahren
wollen. Die Nepaler sagen: Das ist nicht unbedingt eine Flucht vor
Kathmandu – weg von Kathmandu zu kommen. Sondern die Menschen wollen zu
ihren Familien in die Dörfer um zu sehen, wie dort die Situation ist. Dass
das möglich ist, kann auch interpretiert werden ein bisschen als Zeichen
der Entspannung, weil es zwei Tage lang, kein Nachbeben gegeben hat und man
sagt: Jetzt kann man die Wohnungen hier in Kathmandu allein lassen, die
Menschen hier allein lassen und in die Dörfer fahren, um zu sehen wie dort
die Situation ist.
Gadenstätter Lisa (ORF)
Haben die Hilfsorganisationen eigentlich die meisten abgelegenen Dörfer
bereits erreicht?

Löw Raimund (ORF)

Sicherlich nicht: Das ist ein riesiges Problem. Die Infrastruktur in Nepal
ist wahnsinnig unterentwickelt. Es gibt eine einzige Eisenbahnverbindung –
es gibt eine einzige Autobahn. Viele Dörfer können überhaupt nur zu Fuß
erreicht werden. Man fährt zu einer Provinzstadt, zu einer Bezirksstadt und
muss dann zu Fuß weitergehen. Natürlich: Helikopter könnte man einsetzen,
aber die gesamte Regierung von Nepal, besitzt sechs Helikopter für eine
Bevölkerung von 26 Millionen. Das sind Lücken, die auch die
Hilfsorganisationen nur schwer ausfüllen können. Alle nehmen sich vor, in
den nächsten Tagen aus Kathmandu herauszugehen und dorthin zu gehen, wo es
bis jetzt keine Informationen gegeben hat, oder wenig Informationen gegeben
hat. Die Informationen die es gibt, sind nicht total pessimistisch, denn
das Erdbeben ist ja zu Mittag passiert, da waren viele – gerade am Land –
nicht in ihren Häusern, sondern am Feld. Haben draußen gearbeitet – ihre
Häuser sind zerstört, aber möglicherweise weniger Menschen umgekommen, als
man das bisher befürchtet hat. Weniger als in den Städten, in den Häusern
die in den Städten zusammengebrochen sind.