Rechter Terror in den USA, 13.8.2019

Die 29 Toten der beiden Massaker an einem einzigen Wochenende in Texas und Ohio haben Bewegung in die starren Fronten um die Waffengesetze in den USA gebracht. Die Täter haben aus Sturmgewehren geschossen. Mit Unterstützung von Donald Trump überlegt der republikanische Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, die Einführung eines sogenannten Red Flag Gesetzes, das es möglich macht, die Waffen von Personen zu konfiszieren, die laut Gerichtsbeschluss eine Gefahr für sich und andere darstellen. In mehreren US-Bundesstaaten kann die Polizei gegen potentielle Gewalttäter unter bestimmten Bedingungen ein gerichtliches Waffenverbot erwirken.
Die Demokraten kritisieren, dass Red Flag Gesetze extrem löchrig sind. Sie kommen selten zur Anwendung. Die Opposition verlangt die Wiedereinführung eines Verbots von Sturmgewehren aus der Regierungszeit Bill Clintons.
In den 20 Jahren seit dem Amoklauf von zwei Schülern an der Columbine High School in Colorado 1999 sind die Gesetze eher gelockert als verschärft worden. Trotz der vielen Opfer bei Schiesserein in Schulen, Freizeitzentren oder Shopping Malls. Die amerikanische Statistik zeigt, dass die Kriminalität seit Jahren zurückgeht. Trotzdem nimmt die Zahl der Opfer von Schusswaffen zu. Ein Beweis für die verheerenden Folgen einer Politik, die es möglich macht Kriegswaffen im Supermarkt zu kaufen, wie das in manchen Bundesstaaten mit minimalen Formalitäten der Fall ist.
Ein bundesweites Red Flag Gesetz wäre ein Signal, dass die Zeit der Liberalisierung der Schusswaffengesetze vorbei ist. Die National Rifle Association, die mit Wahlspenden und beinhartem Lobbying Änderungen bisher blockiert hat, ist durch Korruptionsvorwürfe in der Amtszeit von NRA-Chef Wayne LaPierre geschwächt. Umfragen zeigen, dass in den Suburbs auch republikanische Wähler nach den vielen Massakern Einschränkungen beim Zugang zu Waffen befürworten. Wenn Trump über seine männlichen, weißen Anhänger in ländlichen Gebieten hinaus Wähler ansprechen will, muss er reagieren.
Dazu kommt die für den Präsidenten gefährliche politische Dimension des Massakers von El Paso. Der Schütze, ein junger weißer Rassist namens Patrick Crusius, hat gezielt Latinos ermordet. Aus seiner Heimatstadt Dallas ist er extra in den Walmart in der texanischen Grenzstadt gefahren, weil er wusste, dass es dort nur spanisch sprechende Kunden gibt. In einem Manifest, das er vor der Tat im Internet veröffentlicht hat, solidarisiert sich der Texaner mit dem Attentäter von Christchurch in Neuseeland, der im vergangenen März in zwei Moscheen 51 Gläubige erschossen hat. Latinos bezeichnet der texanische Terrorist als Invasoren. Genau so sieht der rechtsextreme Australier Brenton Tarrant moslemische Einwanderer.
Die Verschwörungstheorie vom „Großen Austausch“, wonach durch Zuwanderung aus dem Süden das vermeintliche weiße Christentum verdrängt werden soll, ist der gemeinsame ideologische Kern des rechtsextremen Terrorismus. Schon Anders Breivik hat sich 2011 bei dem Massaker im sozialdemokratischen Jugendlager Utoya und in Oslo darauf berufen.
In Norwegen 2011 und Neuseeland 2019 sind die Regierenden dem rassistischen Wahn der Terroristen mit kompromisslosem Engagement für Liberalität und Rechtsstaat entgegen getreten. Neuseelands Premierministerin Jacinda Ardern hat das Mitgefühl mit den Opfern zu einem Bekenntnis für die multikulturelle Demokratie gemacht. Donald Trump kann das nicht. Im Gegenteil. Flüchtlinge und Einwanderer sind auch für den Präsidenten Invasoren. Wieder und wieder hat er diesen Begriff verwendet. Undokumentierte Einwanderer bezeichnet er wörtlich als „Tiere“ und „Verbrecher“, die eine „Invasion unseres Landes“ durchführen. Die Vorstellung, dass sich die USA gegen eine Invasion von Migranten aus dem Süden wehren müssen, steht hinter seiner Forderung von einer Mauer an der Grenze zu Mexiko.
Wie soll man diese Leute stoppen, fragte der Präsident bei einer Veranstaltung im Mai in Florida ins Publikum? Erschießt sie, war eine Antwort der Fans. Mit so etwas kommt man nur im Panhandle von Florida davon, lautete die lustige Antwort Trumps. In rechten Internetplattformen wird daraufhin begeistert über das Abschießen von Einwanderern diskutiert. Das Manifest des Terroristen von El Paso, Patrick Crusius, trägt den Titel „Eine unbequeme Wahrheit“. Es ist Trumps Rhetorik, die man darin findet, urteilt die Washington Post.
Trump beteuert, dass weißer Rassismus in Amerika keinen Platz haben darf. In der Praxis befeuert er die Rechtsextremen. An einigen Schrauben bei den Waffengesetzen zu drehen, könnte ihm politisch leichter fallen, als die politische Hetze einzustellen. Die Kombination von politischer Radikalisierung und leichtem Zugang zu Schusswaffen ist ein explosives Gemisch für Amerika.

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