Weltpolitik nach dem G 7-Gipfel in Biarritz, ORF

 

Der britische Premierminister Boris Johnson fährt unbeirrt seinen harten Brexit-Kurs. Jetzt hat er Königin Elisabeth eingespannt. Die Queen schickt das Unterhaus mehrere Wochen in den Urlaub, ausgerechnet in den der Zeit vor dem geplanten Austritttermin. Es ist ein innenpolitischer Coup des Premierministers, seine Gegner toben. Noch am Montag war Boris Johnson beim G7-Gipfel in Biarritz und hat dort demonstrative Unterstützung von Donald Trump erhalten. Fühlt sich Johnson jetzt durch die Achse zu Trump so gestärkt, dass er glaubt er kann es sogar mit dem starken britischen Parlament aufnehmen?
Das war sicher wichtig für Boris Johnson, die demonstrative Unterstützung durch den amerikanischen Präsidenten. Via Twitter hat ja Trump auch umgehend den jetzt verfügten Parlamentsurlaub gutgeheißen, obwohl das wirklich eine innerbritische Angelegenheit ist. Es gibt eine Achse Trump-Johnson, gegen die EU, keine Frage.
Der Zwangsurlaub für das britische Unterhaus ist rechtlich in Ordnung, solche Maßnahmen gehören zu den Kompetenzen der Regierung. Aber politisch ist das hochexplosiv.
Die politischen Emotionen gehen hoch in Großbritannien. Und ob sich Boris Johnson nicht überhoben hat mit diesem Schachzug, wird sich nächste Woche zeigen, wenn die Abgeordneten aus dem Urlaub zurückkommen. In Krisenzeiten hat man früher in GB das Parlament zusammengerufen, jetzt ist es umgekehrt, man schickt es in die Auszeit.
Die Abgeordneten haben sich das aber auch zu einem Teil selbst zuzuschreiben, weil sie immer nur gesagt haben, was sie nicht wollen, und nie, was genau sie jetzt wollen.
Aus heutiger Sicht muss man sagen: Die Chancen einen harten Brexit zu vermeiden sind zwar nicht verschwunden, aber sie sind geringer geworden. Die Regierung Johnson hat die Initiative und sie ist auch entschlossen alles zu tun, was hilft ihre Macht zu sichern. Dazu gehört der harte Brexitkurs und dazu gehört auch das privilegierte Verhältnis zum amerikanischen Präsidenten, das beim G7-Gipfel deutlich wurde.
Hätte die Queen eigentlich nein sagen können zu diesem Zwangsurlaub des Parlaments?
Rein rechtlich hätte sie nein sagen können, es gibt ja keine Verfassung in Großbritannien und nirgend steht geschrieben, dass sie das nicht dürfte. Aber realpolitisch ist es undenkbar. Das Staatsoberhaupt mischt sich im Vereinigten Königreich in die Politik nicht ein, daran wird die Queen nicht rütteln.

Der G7 Gipfel der 7 führenden Industriestaaten, der im französischen Biarritz ist am Montag zu Ende gegangen ist, ist ja insgesamt recht ungewöhnlich verlaufen. Beschlüsse gab es keine, aber US-Präsident Donald Trump, der sonst bei diesen Veranstaltungen gerne dazwischenfunkt, gab sich ungewöhnlich freundlich. Was hat denn diese milde Stimmung des Präsidenten, der sich sonst oft verhaltensauffällig verhält, bewirkt?
Der G7-Gipfel in Biarritz ist konstruktiv verlaufen, ist, das hat man dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron zu verdanken, der den Vorsitz geführt hat und er einfach gezeigt hat, was Diplomatie bewirken kann in schwierigen Situationen.
Frankreich beherrscht perfekt die hohe Kunst der Diplomatie und Macron hat in Biarritz alle Register gezogen. Er hat Trump mit größtem Respekt behandelt, hat sich viel Zeit für ihn genommen und ihm das Gefühl gegeben, er ist etwas ganz Besonderes. Diese Aura französischer Eleganz, das funktioniert in den USA gut und bei Donald Trump besonders gut.
Gleichzeitig hat Macron aber inhaltlich unbeirrt seine eigene Linie verfolgt, in Klimafragen oder gegenüber dem Iran, ohne Trump zu überrumpeln aber auch ohne ihm nach dem Mund zu reden.
Für Trump spielt sicher auch eine Rolle, dass der nächste Präsidentschaftswahlkampf bevorsteht in den USA. Die Wähler schätzen das nur beschränkt, dass die USA als Krawallmacher und Strategie in der Weltpolitik dastehen. Trump hat ein Interesse zu zeigen, dass er auch konstruktiv agieren kann.

Wie wahrscheinlich ist es, dass die amerikanische Außenpolitik in Zukunft weniger auf Konfrontation ausgerichtet sein wird? Bei allem nationalistischen Egoismus, für den Trump steht, sind der Supermacht doch die Verbündeten wichtig. Könnte es gar auf Dauer zu einer Entschärfung der Spannungen mit den Europäern kommen?
An der Unberechenbarkeit Trumps wird sich nichts ändern. In Biarritz hat Trump den französischen Präsidenten gelobt, sogar Angela Merkel als genial bezeichnet. Das kann jederzeit wieder in Beschimpfungen umschlagen, das hat man oft erlebt.
Da geht es nicht nur um persönliche Stimmungen. Die gegenwärtige amerikanische Administration lehnt supranationale Verbindungen ab, wie die Europäische Union eines ist. Trump will, dass jeder Staat auf sich allein gestellt ist, weil er glaubt, dass Amerika dann seine Interessen besser verteidigen kann.
Das erklärt auch die begeisterte Unterstützung für den Brexit und für Boris Johnson.
Je härter der Brexit wird, desto mehr ist GB den amerikanischen Wünschen ausgeliefert.
An den Gegensätzen, die sich aus diesen unterschiedlichen Ansätzen ergeben, wird sich nichts ändern.
Interessant war in Biarritz, wie effizient die Europäer aufgetreten sind. Mit Ausnahme der Briten haben alle EU-Staaten Frankreich unterstützt. Die EU hat bei G7-Gipfel gezeigt, dass sie als internationale Ordnungsmacht eine Alternative zur Chaospolitik der Amerikaner unter Trump sein kann. Besonders in der Frage des Klimas und der Reaktion auf die Waldbrände im Amazonas war dieses europäische Engagement sichtbar.
Als Vorsitzender hat der französische Präsident die Waldbrände im Amazonas kurzfristig auf die Tagesordnung des G7-Gipfels gestellt. Den brasilianischen Präsidenten Bolsonaro hat das empört, er wollte sogar die Hilfe, die ihm angeboten wird, ablehnen. Warum diese negative Reaktion, müsste nicht jede Regierung froh sein, wenn zusätzliche Löschflugzeuge aus anderen Staaten zur Verfügung stehen?
Klar, eigentlich ist es absurd internationale Hilfe nicht gleich anzunehmen in einer solche Situation.
Aber der Amazonas ist eine hochsensible Region in Brasilien, das hat viel mit Nationalstolz zu tun. Wenn die Staaten Europas sich einschalten, wenn es um den Amazonas geht, dann heisst es bei vielen Brasilianern zu allererst: wir sind keine Kolonie mehr, das geht Euch nichts an.
Beim Präsidenten Bolsonaro ist dieser Reflex besonders stark. Er verleugnet den Klimawandel, kommt aus rechtsrechten Eck. Am liebsten würde er aus dem Pariser Klimadeal aussteigen, wie Donald Trump. Die erste Reaktion darauf, dass die Brände am Amazonas von den Europäern und von Macron zur internationalen Angelegenheit erklärt wurde, war negativ.
Bolsonaro hat seine Haltung zu den Bränden jetzt geändert, denn durch das Ignorieren sinken seine Zustimmungswerte.
Noch ein Faktor spielt eine Rolle. Die brasilianische Wirtschaft will engere Beziehungen zu Europa. Dazu soll ein Freihandelsvertrag mit der EU dienen.
Von dem Augenblick an, an dem die Europäer gesagt haben, wir überdenken den Freihandelsvertrag, wenn wenn Brasilien die Lage am Amazonas nicht ernst nimmt. Von dem Augenblick an hat Bolsonaro zurückgerudert und er will ja jetzt auch Hilfe aus dem Ausland annehmen.
Die Wirtschaftsbeziehungen und dieser Freihandelsvertrag, das sind wichtige Hebel um auch die Klimapolitik zu beeinflussen, darauf sollten Europäer nicht verzichten.

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