US-Hardliner gefährden das Tauwetter zwischen Nordkorea und Südkorea, 14.2.2018

Die nordkoreanische Charmeoffensive wird auch nach den Olympischen Spielen weitergehen. Nordkoreas Kim Jong Un braucht Devisen. Unweit der nordkoreanischen Stadt Kaesong, wenige Kilometer nördlich der Demarkationslinie am 38.Breitengrad, steht ein riesiger, unbenützter Industriepark. Jahrelang hatten hier südkoreanische Firmen Produktionsstätten mit nordkoreanischen Arbeitskräften betrieben. Bis die frühere Präsidentin Park Guen-Hye, eine konservative Hardlinerin, über Nacht den Abbruch des Experiments erzwang. Kommt ein Neustart für Kaesong, müssten die Unternehmen Löhne für zehntausende Arbeiter in harter Währung nach Pjöngjang überweisen. Die Arbeiter selbst würden nordkoreanisch entlohnt. Die Differenz verbliebe dem Staat.
Südkoreas linksliberaler Präsident Moon Jae-in will zur Sonnenschein-Politik eines linken Vorgängers zurückkehren und die Spannungen mit dem Norden abbauen. Gibt sich die Kim Jong Un versöhnlich, wie rund um die Olympischen Spiele, dann tut sich Moon leichter, das Tauwetter gegen die vielen Skeptiker voranzutreiben.
Die Hoffnungen auf Entspannung sind ein scharfer Kontrast zur Kriegshysterie, die Atomtests und Raketenstarts im vergangenen Jahr ausgelöst haben. Die nordkoreanische Propaganda stellte einen Angriff gegen Okinawa in den Raum. Donald Trump droht mit der Vernichtung ganz Nordkoreas. Ein Atomkrieg schien nicht mehr unmöglich. Bis Kim Jong Un in seiner Neujahrsansprache das Ruder herumwarf. Mit dem erfolgreichen Test einer Interkontinentalrakete, die auch die USA erreichen kann, habe er sein Ziel erreicht, so Kim. Die atomare Abschreckung gegen amerikanische Angriffe sei garantiert, die Macht seiner Dynastie gesichert. Von diesem Augenblick an gab es aus Pjöngjang versöhnliche Gesten in Richtung Südkorea.
Was zu einer nachhaltigen Entspannung fehlt, ist Bewegung in Washington DC. China ist mit seinen Versuchen, den USA einen Kompromissvorschlag schmackhaft zu machen, nicht vorangekommen. Peking will ein Einfrieren der nordkoreanischen Atomrüstung gegen ein Ende amerikanischer Kriegsspiele in Südkorea erreichen. Sowohl Washington als auch Pjöngjang haben bisher nein gesagt.
Ein interner Streit in der US-Regierung legt die amerikanische Ostasienpolitik lahm. Spektakuläres Opfer ist der designierte US-Botschafter für Südkorea, Victor Cha. Der Professor an der angesehenen Georgetown University in Washington ist der Regierung in Seoul bereits als nächster Vertreter der USA angekündigt worden. Die amerikanische Botschaft liegt in Seoul in Sichtweite des Blauen Hauses, in dem Südkoreas Präsident residiert. 30 000 US-Soldaten sind in dem Land stationiert. Der US-Botschafter ist in Südkorea eine Schlüsselfigur. Den von ihm selbst für diese Funktion vorgeschlagenen Experten hat Trump jedoch wieder zurückgezogen, weil er die im Weißen Haus populäre Strategie der „blutigen Nase“ ablehnt.
Als „bloody nose“ wird in Washington die These gehandelt, dass ein begrenzter Militärschlag erforderlich ist, um Kim Jong Un zur Abkehr von seinem Atomprogramm zu bringen. Die „blutige Nase“, die sich Nordkorea bei einem Schlagabtausch holen würde, könnte eine Wende zum Besseren bringen. In der Washington Post wendet sich Victor Cha gegen einen amerikanischen Präventivschlag. Das Risiko sei nicht kalkulierbar und könnte zu einem verheerenden Krieg mit hunderttausenden Toten führen. Die Warnung hat den Aufstieg des Koreaexperten zum Botschafter abrupt zu beenden. In den Hauptstädten Ostasiens ist man schockiert. Zeigt er doch, dass im Umkreis von Trump ein amerikanischer Militärschlag gegen Nordkorea nach wie vor als ernsthafte Möglichkeit angesehen wird.
Die offenen Meinungsverschiedenheiten zwischen Südkorea und den USA erfreuen China. Die chinesische Führung will eine Destabilisierung vermeiden, hat aber keine Kontrolle über Kim Jong Un. Sogar während des Olympischen Friedens polemisiert die nordkoreanische Presse gegen den großen Bruder. Bisher haben die Großmächte im UNO-Sicherheitsrat ihr Vorgehen aufeinander abgestimmt. Einseitige Schritte der USA lehnt China ab. Aber auch Russland hat eine Grenze zu Nordkorea. Wenn China den Handel einschränkt, nimmt plötzlich der nordkoreanisch-russische Grenzverkehr zu. Putin würden amerikanische Verwicklungen in Fernost wahrscheinlich ganz gut passen, so wie einst Stalin der Koreakrieg 1950.
Die Führungen beider Koreas haben im heutigen politischen System mehr Spielraum, als ihre Vorvorgänger. Das Tauwetter rund um die Olympischen Spiele kann die Kriegsgefahr reduzieren. Zu einer nachhaltigen Entspannung wird es nur kommen, wenn die USA unter Donald Trump in Korea gegen Konfrontation und für internationale Zusammenarbeit entscheiden.

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