Indien: Sorge vor Hindunationalismus, ZiB 24, 17.6.2015

Seit einem Jahr regiert in New Delhi   der Konservative Narenda Modi als Premierminister auf dem indischen Subkontinent. Der Aufstieg des charismatischen Politikers ist mit  großen Hoffnungen auf einen wirtschaftlichen Aufschwung verbunden. Gleichzeitig gibt es Ängste bei den Minderheiten Indiens, denn der neue starke Mann kommt aus dem nationalistischen Eck des Landes. Die Verhältnisse zwischen Volksgruppen sind gespannt in dem Vielvölkerstaat Indien mit seinen fast 1,3 Milliarden Einwohnern.

Aus dem pulsierenden Leben des modernen Indiens, sind die religiösen Identitäten  seiner  Bürger  nicht wegzudenken.

Die übergroße Mehrheit  wendet sich an  die hinduistischen Götter,  für große und kleine Probleme des Lebens.

  Gleichzeitig leben in Indien  mehr Moslems als in irgendeinem arabischen Land. 

Der indische Staat selbst ist  streng neutral, so verlangt es die Verfassung.

 Aber Premierminister Narenda Modi, der starke  Mann des Landes, kommt aus dem rechten  Lager nationalistischer Hindus, die den Hinduismus als das eigentliche Fundament des Landes ansehen.

INSERT:  Sudhanshu Trivedi, Regierungspartei BJP

Er ist ein Nationalist, aber  Nationalismus heisst bei uns etwas anderes als in Europa. Der Hindunationalismus ist ein kultureller Nationalismus, der Indien seit Jahrhunderten zu einem Modell der Toleranz und der positiven Entwicklung gemacht hat.

TEXT RL:

 Aber als im Bundesstaat Gujarat vor mehr als 10 Jahren ein hinduistischer Mob hunderte Moslems ermordete, war Modi  lokaler Regierungschef. Die Tragödie wirkt  bis heute nach.

INSERT: SANJA KAPOOR, Hardnews Media

ÜBERSETZUNG:

    Modi hat damals sogar Einreiseverbot in den USA bekommen. Die Kritik, dass er während der Pogrome in Gujarat  seine Pflicht vernachlässig hat, ist bis heute nicht  verstummt.

TEXT RL

  Eine Mitverantwortung wurde dem Premier nie nachgewiesen.

   In der großen Moschee von  New Delhi ist die Erinnerung an die antiislamischen Pogrome vor 13 Jahren noch höchst lebendig.

 INSERT, Hadji Safar, Kleiderhändler, Old Delhi

ÜBERSETZUNG:

 Ja, in  Gudjarat hat es damals natürlich böse Gefühle  und gegenseitige Vorwürfe gegeben. Aber jetzt herrscht völlige Harmonie zwischen Moslems und Hindus in Indien.

TEXT RL:

Im letzten Herbst kam es zu  Überfällen auf Gotteshäuser der christlichen Minderheit, mit beträchtlichen Sachschäden in den Kirchen.

INSERT: ANHIL COUTO, ERZBISCHOF VON NEW DELHI

ÜBERSETZUNG:

  Der Hass kommt von einer faschistischen Ideologie, die besagt Indien ist ein Land der Hindus und alle, die keine Hindus sind, sollen keine  Bürger sein, weil sie von Invasoren früherer Zeiten abstammen.

TEXT RL:

 Premier Modi hat die Angriffe gegen  Minderheiten verurteilt und Toleranz gefordert.

Von Spannungen zwischen den Volksgruppen will beim hinduistischen Tempel des Affengottes in New Delhi niemand etwas wissen.

INSERT:  Ranga Nagishwari, hinduistische Gläubige

 

Die Bhagawath Gita, das  heilige Buch der Hindus, ist kein religiöses Buch, sie ist die Basis für unser aller  Lebensweise.

 TEXT RL

Die traditionelle Toleranz der Volksgruppen und Religionen in Indien steht auf der Probe. Premierminister Modi kommt zwar vom rechten Flügel der nationalistischen Hindupartei. Seitdem er an der Macht ist agiert er aber in hohem Ausmaß pragmatisch und stellt sich gegen eine Vergiftung des nationalen Klimas im Land.