Die Proteste im Iran verändern den Nahen Osten, 4.1.2018

Die Proteste im Iran halten sich jetzt schon über eine Woche an. Die Regierung organisiert jetzt Gegendemonstrationen. Es mischt sich immer mehr ein politischer Machtkampf mit spontanen Protesten. Nach allen Informationen, über die wir verfügen, steckt hinter diesen Protesten gegen die Regierung keine Organisation. Das ist weitgehend spontan. Die Informationen zirkulieren über das Internet, obwohl die Regierung versucht das zu verhindern.
Am Anfang sind wirtschaftliche Anliegen im Zentrum gestanden. Die Arbeitslosigkeit, die Teuerung, die KOrruption. Dass zum Beispiel Eier plötzlich teuer geworden sind, Eier sind ganz wichtig in der Grundversorgung im Iran.
Aber dass das jetzt schon eine Woche geht, diese Proteste, das gibt der Sache eine politische Dimension, das ist eine Herausforderungen für die gesamte Führung der Islamischen Republik.
Im Iran gibt es ja einen den reformorientierten Präsidenten Rohani. Im stehen Hardliner gegenüber, die die Polizei und das Militär kontrollieren. Die liegen in einem heftigen Machtkampf gegeneinander und jeder versucht diese Proteste für sich auszunützen.
Es gibt nicht eine konkrete Forderung, die politisch wäre, und das ist wahrscheinlich eine Schwäche der Bewegung. Präsident Rohani, der Reformer sagt, die Leute wollen mehr Freiheit, und dafür hat er Verständnis. Also er versucht das in seine Richtung zu lenken, gegen die Hardliner. Ob das gelingt ist unklar.
Es gibt immer wieder Informationen, dass Parolen gegen hohe Würdenträger gerufen werden, oder sogar den obersten Führer, der im Iran noch über dem Präsidenten steht. Das sind verstreute, einzelne Rufe.
Aber das ist eine aufgeheizte Stimmung. Da kann sich innerhalb weniger Tage alles ändern. Auffällig ist, dass die Polizei und die Revolutionsgarden weniger hart zuschlagen, als das 2009 der Fall war, wo es ja solche Proteste das letzte Mal gegeben hat, damals war die Repression viel stärker.
Auffällig ist, wie massiv sich US-Präsident Trump für die Demonstranten einsetzt. Dieses Engagement Trumps hilft den Hardlinern, da besteht überhaupt kein Zweifel. Alles, was als Einmischung von außen interpretiert werden kann, motiviert die Hardliner härter zuzuschlagen, weil man sagen kann, hinter den Demos stecken die Außenfeinde. Der oberste Führer hat das ja bereits so formuliert.
Trump muss das wissen, dass er mit seinem Tweets nur den Hardlinern hilft. Warum er sie trotzdem abschickt, kann man nur spekulieren. Entweder es ist ihm egal. Oder es ist ein ganz zynisches Spiel, die Konfrontation mit dem Iran zu verschärfen, weil Trump Islamische Republik ja als Außenfeind sieht und nach einem Vorwand sucht, den Atomdeal aufzukündigen.
Die Iraner haben ja gehofft, dass sie wirtschaftlich spürbar profitieren werden, wenn sie auf ihr Atomprogramm verzichten. Dazu ist es nicht gekommen, unter anderem, weil die USA ihre Boykottmassnahmen nur beschränkt zurückgenommen haben.
Die Bilder aus dem Iran sind ja in vielem den Bildern von den Anfängen des arabischen Frühlings ähnlich. Ob es möglich ist, dass daraus ein Regimewechsel wird? Auch die Khomeini-Revolution hat ja auf den Straßen begonnen? Wenn ein Volk einmal erwacht, kann viel passieren. Es gibt viel Kritik im Iran, aber die bewegt sich meist im Rahmen der bestehenden Institutionen der Islamischen Republik. Das war schon eine echte Volksrevolution gewesen vor 35 Jahren, die damals den Schah hinweggefegt hat. Das ist der große Unterschied zu den autoritären Regierungen in der arabischen Welt, die im arabischen Frühling gestürzt wurden.
Ein Einschnitt sind solche Demonstrationen wie jetzt auf jeden Fall. Eine Revolution ist es nach allem was wir wissen, in der jetzigen Phase nicht.

 

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